Fahrbericht Honda VFR 1200F: Hightech-Tourer

Honda hat bei der jüngsten Überarbeitung seines Sporttourer-Flaggschiffs VFR 1200F viel Wert auf Detailarbeit gelegt und das Angebot von 14 990 Euro durch einen serienmäßigen Koffersatz, einen Hauptständer und eine Traktionskontrolle aufgewertet.

Das Unternehmen hatte sich von dem 2009 neu eingeführten Sporttourer-Flaggschiff VFR 1200F deutlich mehr versprochen als die Verkäufe dann hielten. Eine Vielzahl kleinerer Schwächen machten die Hoffnungen auf einen großen Markterfolg zunichte. Die Japaner haben sich die Kritik zu Herzen genommen und bieten [foto id=“421711″ size=“small“ position=“left“]ihre neue VFR 1200F mit sinnvollen Modifikationen an, die vom Motor über die Elektronik bis zur Ausstattung alle wichtigen Bereiche betreffen.

Dabei blieben die einmaligen konstruktiven Merkmale der Antriebsquelle unverändert – nach wie vor sorgt ein flüssigkeitsgekühlter V4-Motor mit 1 237 ccm Hubraum dank 129 Newtonmeter Drehmoment und 127 kW/173 PS für souveränen Vortrieb. Gasbefehle setzt das elektronische Throttle-by-Wire-System geschmeidig und nahezu verzögerungsfrei um. Vom früher deutlich spürbaren Drehmomentloch zwischen 2 000 und 4 000 Touren ist nun nicht mehr viel zu spüren, allenfalls gönnt sich die VFR hier ein kleines Päuschen. Ab 4 000 Touren schiebt er kräftig voran, doch zwischen 5 500 und 10 000 U/min geht es mächtig zur Sache, akustisch stilecht begleitet vom typischen Bellen eines V-Vierer – genau hier öffnet eine Klappe im Auspuff und verleiht der VFR ihren sportiven Charakter.

Zweite Schwachstelle des besonders laufruhigen VFR-Motors war sein ungezügelter Durst, der den Sporttourer allzu schnell an die Tankstelle zwang. Eine neu programmierte Steuerelektronik der Kraftstoffeinspritzung soll die Kraftstoffeffizienz um fünf Prozent verbessern, gleichzeitig stieg das [foto id=“421712″ size=“small“ position=“right“]Tankvolumen um 0,5 Liter auf jetzt 19 Liter. In der Tat hat sich die Reichweite der VFR durch die getroffenen Maßnahmen erhöht, von fernreisetauglichen Etappen ist sie aber immer noch deutlich entfernt.

Die wären angesichts der bequemen Ergonomie aber locker drin. Das Arrangement fällt entspannt mit relaxten Kniewinkeln aus, einzig der breite Tank spreizt die Fahrerbeine etwas über Gebühr. Der Griff an den Lenker erfolgt ohne tiefe Vorlage, dennoch erfreuen sich Oberkörper und Beine eines guten Windschutzes hinter der ausladenden Verkleidung. Überhaupt kann die VFR beim Thema Fahrkomfort ihre Trümpfe ausspielen: Sehr sensibel schluckt vor allem die Gabel Asphaltmakel, ohne es an sportlicher Straffheit vermissen zu lassen – mit der VFR kann der Biker nach Herzenslust angasen oder auch genussvoll cruisen. So hatten Kundschaft und Experten beim Fahrverhalten des Honda-Motorrades auch schon vor der Überarbeitung wenig zu meckern, deren Fahrwerk von einem Aluminiumguss-Brückenrahmen, einer kräftigen Upside-Down-Telegabel vorn sowie einer formschönen Einarmschwinge hinten gebildet wird. Als kleiner Wermutstropfen zeigt sich lediglich die Abhängigkeit von den aufgezogenen Reifen: Rollt die VFR auf Bridgestone BT-021-Pneus, verlangt das Einlenken mehr Nachdruck, und eine spürbare Aufstelltendenz beim Bremsen in Schräglage stört den Fahrgenuss. Mit einer anderen Bereifung – beispielsweise Dunlop Roadsmart – fallen die Fahreigenschaften deutlich harmonischer und weniger kraftraubend aus.

Für beste Sicherheit sorgt ein sportlich abgestimmtes Combined-ABS mit zwei 320-Millimeter-Bremsscheiben und Sechskolben-Festsätteln vorn sowie einer Scheibe hinten mit Doppelkolben-Schwimmsattel. Hier betätigt der Fußbremshebel auch die beiden mittleren Kolben vorn. Knackig dosierbar und sehr effektiv verzögert die VFR sportiv und in jeder Lage absolut Vertrauen erweckend.

Neu ist eine serienmäßige, abschaltbare Traktionskontrolle, mit der der Fahrer hemmungslos das große Drehmoment des V4-Trieblings abrufen kann, ohne im Zweifelsfalle ungesunde Folgen in Kauf nehmen zu [foto id=“421713″ size=“small“ position=“left“]müssen.

Fazit

Hinsichtlich der Dynamik befriedigt die VFR mit ihrem potenten Aggregat und dem tadellosen Fahrwerk also durchaus sportive Ambitionen. Die touristischen Aspekte Windschutz und Ergonomie erfahren bei der 2012er Auflage eine deutliche Unterstützung durch die im Preis inbegriffenen Koffer, die gerne auch größer sein könnten, und den serienmäßigen Hauptständer, mit dem Wartungs- und Servicearbeiten leichter erledigt werden. Für 14 990 Euro stellt die neue VFR also ein beachtenswertes, weil ausgereifteres und aufgewertetes Fahrpaket dar. Und wem die Exklusivität der Hightech-VFR nicht genügt, der kann die Option des innovativen Doppelkupplungsgetriebes DCT (Dual Clutch Transmission) ziehen. Hierbei kann der Fahrer zwischen manueller Schaltung oder zwei Automatikmodi – D für die spritsparende Tour und S für Sport – auswählen. Der Aufpreis für das Technikschmankerl beträgt jetzt nur noch 1 000 Euro, nachdem im letzten Jahr noch 300 Euro mehr dafür über die Händlertheke ging.

Datenblatt

Straßenmotorrad
Antrieb: flüssigkeitsgekühlter Vierzylinder-Viertakt-76°-V-Motor, vier Ventile je Zylinder, ohc
Hubraum: 1 237 ccm
Bohrung x Hub: 81 x 60 mm
max. Leistung: 127 kW/173 PS bei 10 000 U/min
max. Drehmoment: 129 Nm bei 8 750 U/min
   
elektronische Kraftstoffeinspritzung, G-Kat, Sechsganggetriebe, Kardanantrieb, Aluminium-Brückenrahmen, Upside-Down-Telegabel vorn, Einarmschwinge mit angelenktem Federbein hinten, zwei Scheibenbremsen vorn, eine hinten, Combined-ABS
   
Reifen: vorn 120/70 ZR17, hinten 190/55 ZR17
Sitzhöhe: 81,5 cm
Tankinhalt: 19,0 l
Gewicht: vollgetankt 267 kg (mit DTC 277 kg)
zul. Gesamtgewicht: 463 kg (mit DTC 473 kg)
   
Preis: 14 990 Euro

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