Elektrisch ins Hochgebirge – Die Gier nach Effizienz

Bei der dritten Silvretta E-Auto Rallye im österreichischen Montafon sind 28 Elektroautos und Hybridfahrzeuge angetreten, ihre Alltagstauglichkeit und Effizienz auf insgesamt 343 Kilometern unter Beweis zu stellen. Das Spektrum reichte vom Smart electric drive bis zum Supersportler AMG SLS E-Cell. Die erste Etappe über 95 Kilometer im Smart wurde zum echten Abenteuer. Mit Happy End. Nach der letzten Wertungsprüfung zeigt die Effizienz-Anzeige für die Bewertung des Fahrverhaltens im Smart electric drive 95 Prozent an.

Das Ziel der Silvretta E-Auto Rallye im österreichischen Schruns ist nur noch wenige Kilometer entfernt. „Die 96 Prozent schaffen wir noch“, verspreche ich meinem Beifahrer Dr. Volker Störckmann, dem Projektleiter von Smart electric drive. Im batteriebetriebenen Smart wird das Energiesparen zum Erlebnis und die Wertungsprüfungen treten fast in den Hintergrund.Um 12.26 Uhr und 30 Sekunden starte ich in einem Smart electric drive zur ersten Etappe der E-Auto Rallye, die die Motor Presse Stuttgart zum dritten Mal im Rahmen der Silvretta Classic veranstaltete.

95 Kilometer, größtenteils auf der Silvretta-Hochalpenstraße, haben wir vor uns, nicht gerade der ideale Einsatzbereich des elektrifizierten City-Flitzers. „Wir wollen aber bei der Veranstaltung zeigen, dass unser Smart auch einen solchen extremen Einsatz locker meistert“, sagt Dr. Störckmann mit einem gewissen Stolz.167 Klassiker und 28 E-Autos starten an diesem Tag gemischt in einem Gesamtfeld. Vor mir fährt ein silberner Mercedes 300 SL von 1957. Von diesem Modell ist gleich ein halbes Dutzend in der „super leichten“ offenen Version aus den 60ern am Start. Hinter mir brabbelt der 3,2-Liter-V8 eines 1957er BMW 507, der aussieht, als wäre er gerade erst vom Band gerollt.

Den Smart electric drive der dritten Generation treibt ein Elektromotor mit 55 kW/75 PS maximaler Leistung an. Im Standard-Fahrbetrieb nutzt er allerdings meist „nur“ 35 kW/55 PS, es sei denn, der Fahrer tritt das Gaspedal voll durch und aktiviert so die „Kick-Down-Funktion“. Selbst bei Überholmanövern an Steigungen kommt der spritzige Smart auch gut ohne diese Extra-Power aus. Das konstant hohe Drehmoment von 130 Nm macht es möglich.

Den Motor speist in der aktuellen Generation eine Lithium-Ionen-Batterie mit 17,6 kW/h Kapazität von der „Deutsche Accumotive GmbH“, einer Kooperation mit Evonik Industries, an der Daimler 90 Prozent der Anteile [foto id=“426571″ size=“small“ position=“right“]hält. Die drei Batterie-Module mit je 31 Zellen in Flachzellen-Bauweise sind im Smart platzsparend im Sandwichboden verstaut. Mit einer Größe von 100 x 50 x 20 Zentimetern würde der Akku sonst das komplette Volumen des Kofferraums einnehmen.

Zunächst geht es stetig bergauf zur Silvretta-Hochalpenstraße, der höchste Punkt ist die „Bielerhöhe“, 2 037 Meter über dem Meeresspiegel. Eine Serpentine reiht sich an die nächste, und der Ladestand der Batterie sinkt stetig. Kein Grund zur Sorge, denn in den Bergab-Passagen „rekuperiert“ der Smart fleißig. Der Elektromotor fungiert dann als Generator, der die überschüssige kinetische Energie nutzt, um den Akku zu laden und somit die Reichweite wieder zu erhöhen. Der Effekt lässt sich durch ein leichtes Antippen des Bremspedals noch verstärken. Die Bremshydraulik sollte der Fahrer aber nicht auslösen, was in der Praxis aber schwierig ist. Hier ist ein extrem feinfühliger Bremsfuß gefragt. Kinderleicht ist dagegen das Fahren im Smart, auch für ungeübte Elektroauto-Fahrer. Dadurch bleibt bei der Rallye genügend Zeit, die Strecke und die herrliche Landschaft des Montafon zu genießen. Wie ein Kart lässt sich der Wagen auch durch sehr enge Kurven steuern.

Ein pfiffiges Feature ist die unter dem Tacho angebrachte Effizienz-Anzeige. Die Elektronik bewertet dabei die individuelle Fahrweise. „Effizientes Fahren“, also langsames Beschleunigen, gleichmäßiges Rollen und möglichst wenig Bremsen, belohnt die Anzeige mit einem steigenden Effizienzwert. Bei Fahrtbeginn beträgt der Wert 50 Prozent. 100 Prozent zu erreichen, ist schwierig und auch von Strecke und Verkehr abhängig, aber möglich.Etwa auf halber Strecke führt meine Motivation, so wenig wie irgend möglich zu bremsen, zu einem kleinen Schreckmoment. In einer engen Rechtskurve berühre ich mit dem rechten Hinterrad leicht den Bordstein. Das gefällt der Elektronik des Smart überhaupt nicht, die sogleich in den „Hab-Acht“-Modus schaltet und das Rekuperieren verweigert.

Meinen besorgten Blick quittiert Beifahrer Dr. Ströckmann mit einem Lächeln. „Nichts passiert, nur weiter. Am besten wir halten gleich kurz an und schalten den Wagen eine Minute aus, dann resettet die Steuerungselektronik.“ Gesagt, getan. Eine Minute später ist wieder alles in Ordnung. Die Elektronik hätte sich nach einigen Minuten auch von selbst „beruhigt“, so Ströckmann, dann jedoch hätten wir wertvolle Energie verloren beziehungsweise nicht dazugewonnen.

Effizienzwert und Rekuperation wecken den Ehrgeiz, den Smart in ein „Perpetuum mobile“ zu verwandeln; eine unmögliche Aufgabe, aber einen Versuch ist es wert. Letztlich erreichen wir einen Effizienzwert von 96 Prozent und einen Verbrauch von knapp über neun kW/h auf 100 Kilometern. Der Elektro-Smart verfügt laut Mercedes über [foto id=“426572″ size=“small“ position=“left“]eine Reichweite von „bis zu“ 145 Kilometern: ein theoretischer Wert ohne volles Ausnutzen der Rekuperation. Das beweist diese erste Etappe der Rallye eindrucksvoll, denn im Ziel nach 95 Kilometern ist der Akku des „Bergflitzers“ noch zu 49 Prozent voll, eine Reichweite von etwa 190 Kilometern ist je nach Fahrweise also durchaus möglich.

Das Energiesparen im Smart electric drive bei der Silvretta E-Auto gleicht einem Abenteuer, wegen dem Reiz, die Effizienz zu erhöhen, und natürlich auch wegen der hervorragenden Atmosphäre. Doch Spaß macht der Elektro-Smart durch seine Spritzigkeit, das gute Handling, und die ergonomischen Sitzen und Bedienelemente sicher auch abseits der österreichischen Alpenstraßen.

Die Zieleinfahrt in Schruns gleicht einem Volksfest: Die Sonne scheint, Besucher und Fahrer sind begeistert. Ich bin zunächst nur froh, dass ich den ersten Tag meiner ersten Rallye unfallfrei überstanden habe. Doch just als mein Blutdruck zu sinken beginnt, berichtet Dr. Ströckmann, dass wir die erste Wertungsprüfung gewonnen haben. Unglaublich. Stolz wie Bolle steige ich aus dem Rallye-Smart, bedanke mich im Geiste bei meinem treuen Elektromobil und freue mich bereits auf den zweiten Tag der Silvretta.

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