Meistens ganz entspannt

Fahrbericht Mercedes-Benz E 220d

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Es ist vielleicht die intelligenteste Limousine der Welt, zumindest bei Mercedes ist man da ganz sicher. Die neue Mercedes E-Klasse lenkt, bremst und beschleunigt teils selbstständig, geleitet von einem Bataillon von Kameras, Sensoren und Radarantennen. Aber auch Genies können sich irren, und dann ist die Überraschung darüber umso größer.

Beginnen wir mit dem Basiswissen

Die einst mittlere Baureihe der Sternenmarke ist längst nach oben gewandert, formal reiht sie sich wie im Alphabet zwischen C- und S-Klasse ein. Das Kofferraumvolumen ist um zehn auf 540 Liter geschrumpft, im Alltag fällt das nicht auf, da die Maße des Gepäckabteils sehr praxisgerecht geschnitten sind. Die Karosserie hat um 4,3 Zentimeter auf 4,92 Meter zugelegt, der Radstand gar um 6,5 Zentimeter auf 2,87 Meter. Das bringt mehr Raum auf allen Plätzen, die Sitze sind komfortabel, die verschiedenen Massagefunktionen für die vorderen Sessel wunderbar entspannende Reisebegleitungen.

Auch sonst lässt die E-Klasse keinen Zweifel an ihrem Oberklasse-Anspruch aufkommen. 64 wählbare Farben für die Ambientebeleuchtung, eine exquisite Materialwahl und die allerfeinste Verarbeitung formen einmütig das Wort "Premium". Wenn keiner etwas sagt und Radio wie Maschine ausgeschaltet sind, lastet die Stille fast drückend auf dem andächtigen Betrachter. Und dennoch fehlt die Atmosphäre, die wir einst an einem Mercedes so geschätzt haben.

Die beiden riesigen Monitore gaukeln alle Informationen, vom Tempo bis zur Navigation, quasi analog vor. Die Essenz aus Raumfahrt und Unterhaltungselektronik dominiert das Cockpit. Das Lenkrad wirkt fast wie ein Relikt aus grauer Vorzeit, es wird nicht mehr allzu lange dauern, bis junge Menschen sich fragen werden, was ihre Vorfahren denn mit diesem störenden Rad vor der Brust angefangen haben.

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Jede Menge Assistenten

Beim Fahren in heutiger Zeit stört es überhaupt nicht. Die Lenkung ist vielmehr präzise und feinfühlig, langgezogene Autobahnkurven mit hohem Tempo zu fahren, gehört zu den angenehmen Optionen in der E-Klasse. Allerdings sollte zuvor der Spurhalte-Assistent abgeschaltet werden. Denn wer sich einer Fahrbahnmarkierung auch nur nähert, wird gehörig eingebremst. Zumindest, wenn die Elektronik andere Fahrzeuge detektiert und eine Unfallgefahr erkannt hat. Das ist bei strammen 180 km/h und erheblicher Querbeschleunigung dann doch kein Spaß mehr.

Ohnehin spielt der Drive Pilot die erste Geige. Dank seiner Verbindung von adaptiver Geschwindigkeitsregelung, Spurkontrolle und Lenk-Assistent lässt er den Wagen vorausfahrenden Autos im Sicherheitsabstand folgen. Das ist vor allem im Stau oder bei stockendem Verkehr sehr angenehm und entlastet den Fahrer wesentlich. Bei zügiger Fahrt dagegen erfordert es trotz Assistenz stets hohe Aufmerksamkeit. Denn wenn die Entscheidung des Chauffeurs gefordert wird, meldet sich das Helferlein schneller ab als ein Beamter bei Dienstschluss. Wer dann nicht flugs mit Lösungsvorschlägen einer kniffligen Verkehrssituation aufwarten kann, kommt schnell in Bedrängnis.

Das Eigenleben der E-Klasse geht sogar einen Schritt weiter. Mitten im Lämmerbuckeltunnel auf der A8, gar nicht fern der Heimat, ertönt im dichten Verkehr plötzlich ein schriller Warnton; der schwere Wagen bremst von selbst und zerrt den Sicherheitsgurt um den Fahrer, dass es dem fast die Luft nimmt. Ein Grund war nicht ersichtlich, der Schrecken saß deshalb umso tiefer.

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Der Antrieb

Wenden wir uns den angenehmeren Eigenschaften der E-Klasse zu. Der Antriebsstrang gehört mit dem neuen Zweiliter-Diesel zum wohl anspruchsvollsten Technik-Ensemble des Marktes. 400 Newtonmeter Drehmomentspitze stemmt der Vierzylinder, mit 143 kW/194 PS repräsentiert er das Leistungshoch dieser Hubraumklasse bei gleichzeitig sanfter Arbeitsweise und maßvoller Geräuschentwicklung. Zusammen mit dem neunstufigen Automatikgetriebe erlaubt er in jeder Situation angemessene Fahrmanöver, tritt durchzugsstark und nachhaltig an. Nur beim Treibstoffkonsum wollen sich die versprochenen Werte nicht nachvollziehen lassen.

Unter fünf Liter kommt der E 220d nicht 100 Kilometer weit, den niedrigsten Verbrauch notierten wir nach verhaltener Landstraßenbummelei mit 5,3 Liter. Schnelle Autobahnabschnitte quittiert die Maschine mit bis zu neun Liter Verbrauch, der Mittelwert lag mit 6,8 Liter Diesel nicht in schwindelnder Höhe aber auch nicht auf Augenhöhe des umweltbewussten Autofahrers. Der Normverbrauch aber beträgt nur 4,3 Liter Diesel auf 100 Kilometer. Die Lenkung arbeitet präzise und mit angemessener Unterstützung, an den relativ hohen Pedaldruck der Bremsen gewöhnt man sich bald.

Die vier Fahrprogramme der optionalen Agility Control stimmen die Luftfederung des Fahrwerks, die Lenkunterstützung und die Schaltzeitpunkte feinstufig ab, auch die Gasannahme des Motors variiert dann. In der komfortabelsten Programmierung bleiben Wank- und Nickbewegungen der Karosserie nicht aus, der Sport+-Modus unterbindet sie dagegen nahezu vollständig.

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FAZIT:

Die E-Klasse rückt näher an die S-Limousine heran. Komfort, Qualität und vor allem die Sicherheitsausrüstung stellen kaum mehr Unterschiede zwischen den Baureihen dar, allein beim Preis und beim Raumangebot sind die Klassenunterschiede noch markant. Und was das autonome Fahren angeht, so bietet der Mercedes wohl erst einen Vorgeschmack darauf, was uns in Zukunft noch alles erwartet. Ein Stückchen weniger schreckhaft wünschten wir uns die allerdings schon.

Technische Daten Mercedes-Benz E 220d

Länge/Breite/Höhe/Radstand in Meter: 4,92/1,85/1,49/2,94
Kofferraumvolumen: 540 l
Leergewicht: 1.680 kg
max. Zuladung: 640 kg
Tankinhalt: 50 l
Antrieb: Vierzylinder-Turbodiesel
Hubraum: 1.950 ccm
max. Leistung: 143 kW/194 PS bei 3.800/min
Getriebe: 7-stufiges-Automatikgetriebe, Hinterradantrieb
max. Drehmoment: 400 Nm bei 1.600 – 2.800/min
0-100 km/h: 7,3 s
Höchstgeschwindigkeit: 240 km/h
Normverbrauch: 4,3 l Diesel /100 km
CO2-Emission: 112 g/km
Preis: ab 47.124 Euro

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