Elektromotorrad Zero S: Elektrischer Leisetreter

Energiewende, Stromdiskussion und Elektromobilität – die Schlagworte heutiger Nachrichten bereiten den Boden für Unternehmen wie die US-Firma Zero Motorcycles, die schon seit ein paar Jahren stromgetriebene Motorräder anbieten. Bislang jedoch mit wenig durchschlagendem Erfolg. Das hatte viele Gründe. Sicher lag es an den Produkten selbst – gerade hinsichtlich Alltagstauglichkeit, Fahrdynamik und Reichweite hatten die Elektromotorräder ihre Probleme. Mit seiner 2012er Palette sieht sich Zero Motorcycles auf dem besten Weg, diese Probleme gelöst zu haben, und lud zu einem Fahrtermin an die Costa Brava.

Hier hat vor allem die neue Zero S im Fokus gestanden. Schon vor dem morgendlichen Start verdeutlicht der Stromer beim Parken an der Ladestation bereits im Stand, dass es sich hier um ein ungewöhnliches Zweirad handelt. Im Stile eines modernen Roadsters mit flacher Sitzbank, großem Trapezoid-Scheinwerfer und breitem Rohrlenker verblüfft die luftige Silhouette, die von einem geschickt kaschierten, mittigen Batterienpack dominiert wird. Zusammengehalten wird das Ganze von einem gerade mal zehn Kilo leichten, schwarzen Aluminiumgussrahmen. Das fast gerade Polster platziert den Fahrer in guten 832 Millimetern Höhe und zwingt ihn beim Griff an den Lenker zur leichten Vorlage.

Die tief platzierten Fußrasten erlauben kommode Kniewinkel, die schmale Baubreite einen guten Knieschluss. Beim Drehen des Zündschlüssels gibt es eine kleine Überraschung: Neben der grünen Bereitschaftsanzeige im Cockpit kündet ein leichtes Vibrieren von der Startbereitschaft, damit der Fahrer nicht unbeabsichtigt den Vortrieb auslöst. Dieser fällt übrigens erstaunlich sanft und moderat aus, erst ab zirka 60 km/h zieht die Zero spürbar [foto id=“412043″ size=“small“ position=“right“]kräftiger durch.

Ein neuer Controller besänftigt das mörderische Anfahrdrehmoment des neuen Gleichstrom-Elektromotors und sorgt dafür, dass dieses ein wenig verzögert einsetzt. Das Kontrollsystem arbeitet mit einer Spannung von 72 Volt, dadurch bleibt der zwangsbelüftete E-Motor kühl und kann mit einer hohen Drehzahl betrieben werden. Neu sind auch die zwei Betriebsmodi Eco und Sport, die sich in der Beschleunigung und damit der Reichweite, nicht aber bei der erzielbaren Höchstgeschwindigkeit unterscheiden: Mit versprochenen 142 km/h stößt Zero die Tür in echte Motorradbereiche auf. Das erscheint durchaus glaubhaft, denn auf der spanischen Landstraße zeigte die übersichtliche Analog-Digital-Tachoeinheit der „S“ ohne viel Anlauf gute 130 km/h an.

In neue Dimensionen für E-Zweiräder stößt die Zero S auch bei der Reichweite vor. Das liegt zum einen an einer effizienteren Kraftübertragung durch den leisen, wartungsarmem Zahnriemen und das durch leichtere Bauteile auf 155 Kilogramm verringerte Gewicht. Noch stärker fallen jedoch die Errungenschaften bei der Speicherkapazität ins Gewicht: Der sogenannte Z-Force Lithium-Ionen-Akku stellt mit neuer Architektur und überarbeiteter Zellchemie bei der Version S ZF9 satte neun kWh bereit, alternativ bietet Zero die S auch mit einem kleineren und um 20 Kilo leichteren 6-kWh-Pack an (S ZF6). Die langlebigen Original-Akkus können bis zu 3 000 Mal bei voller Leistungsfähigkeit aufgeladen werden, bis diese dann allmählich auf zirka 80 Prozent sinkt.

Dazu arbeitet das neue Batteriemanagementsystem (BMS) mit einer präzisen 24/7-Zellüberwachung und benötigt selbst 92 Prozent weniger Energie als zuvor. Dass während des Bremsens Energie zurück gewonnen wird, ist ein weiterer Schritt zur Reichweitenmaximierung. Für die S ZF9 verspricht Zero unter Laborbedingungen 183 [foto id=“412044″ size=“small“ position=“left“]Kilometer Reichweite, die ZF6 soll es auf 122 Kilometer bringen. In der Praxis ist das natürlich nicht reproduzierbar, doch auf unserer Testrunde spulten wir immerhin gute 110 Kilometer nicht zu langsam und auch mit kräftigen Steigungen ab, bevor die letzten beiden Balken der Füllstandsanzeige zu blinken begannen.

Dann sind laut Hersteller noch weitere rund 30 Kilometer Reichweite drin.Neben dem Antrieb hat auch das Fahrwerk mit überarbeiteter Geometrie sein Fett weg bekommen. Davon zeugen leichtere Räder und neue Bremsen. So wirkt die Zero S besonders handlich und folgsam. Der 155-Kilo-Floh setzt alle Fahrbefehle sofort um, das Einlenken erfolgt mühelos und auch die Stabilität lässt nichts zu wünschen übrig.

Auch für Einsteiger agieren die Scheibenbremsen insbesondere vorn alles andere als bissig, doch analog zur eingeleiteten Handkraft durchaus souverän und effektiv. Von der Fahrdynamik her kann das Elektromotorrad also mit einem herkömmlichen Leichtkraftrad – in diese Klasse wird es führerscheintechnisch nämlich eingeordnet – locker aufnehmen, von den Alltagsqualitäten reicht es an den Verbrenner heran. Mithin kann die Zero S als unkompliziertes Alltagsmotorrad überzeugen, hinzu kommt der Reiz, mit einem emissionsfreien Bike und praktisch geräuschfrei unterwegs zu sein. Das ist gut fürs Image, auch wenn natürlich jeder weiß, dass je nach Art der Stromerzeugung Schadstoffe frei werden und die Ökobilanz inklusive Produktion und Entsorgung nicht „grün“ aussieht.

Ein Gewissen in dieser Farbe hilft sehr, die 13 995 Euro für die leistungsstarke ZF-9-Version locker zu machen. Doch es geht auch billiger: Mit dem Urban Crosser XU bietet Zero den Einstieg in die Elektro-Zweiradwelt für nur 7 695 Euro bei allerdings deutlich geringerer Reichweite von 68 Kilometer.

Datenblatt Zero S

Elektro-Straßenmotorrad mit permanenterregtem, bürstenlosem Gleichstrom-Elektromotor,
Leistung 9 kW/12 PS,
Lithium-Ionen-Akku,
Batteriekapazität 9 kWh (S-ZF6: sechs kWh),
kupplungsfreier Direktantrieb per Zahnriemen,
Leichtmetallrahmen,
Upside-Down-Gabel vorn,
Zweiarm-Leichtmetallschwinge mit einem angelenkten Federbein hinten,
je eine Scheibenbremse vorn und hinten,
Reifen vorn 110/70-17, hinten 130/70-17,
Sitzhöhe 832 mm,
Leergewicht 155 kg,
Zuladung 154 kg,
Höchstgeschwindigkeit 142 km/h,
Preis 13 995 Euro (S-ZF6 11 495 Euro)

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