Jeep

Test: Jeep Compass – Amerikanische Richtung

Wer Jeep sagt, meint dicke Geländewagen mit noch dickeren V8-Motoren. Es gibt wenige US-Hersteller, die amerikanischer sind als die Offroad-Spezialisten aus Michigan. Doch um auch in Europa Fuß zu fassen, muss es eine Nummer kleiner sein. Die Chrysler-Tochter bietet deshalb wieder den kompakten Compass ab 25.200 Euro an, der zugleich das bisherige Einstiegsmodell Patriot ablöst.

Der Name ist ein alter Bekannter, denn der Compass wurde schon bis 2009 in Deutschland angeboten, aber wegen Erfolgslosigkeit wieder aus dem Programm genommen. Unter dem Blech kommen aber nun [foto id=“392717″ size=“small“ position=“left“]europäische Gene zum Einsatz, zumindest bei unserem Testfahrzeug mit dem 2,1-Liter-Vierzylinder-Diesel ab 29.400 Euro.

Optisch macht der Compass etwas her, vor allem von vorne: Die ehemals kantige, biedere Front ist einem schnittigen Design gewichen, bei dem der Kühlergrill mit seinen breiten senkrechten Rippen dominiert. Statt der Rundscheinwerfer sind rechteckige Beleuchtungseinheiten montiert – damit wirkt der Compass wie der kleine Bruder vom Grand Cherokee, dem Häuptling aller Jeeps. Beim Rundgang fallen die nach oben angeschnittenen Radhäuser, die in der C-Säule versteckten hinteren Türgriffe, die moderneren Rückleuchten und der kleine Dachspoiler auf.  

Den Jeep gibt es in vier Motorisierungen:

Zwei Benziner mit 2,0-Liter (115 kW/156 PS) und 2,4-Liter mit 120 kW/170 PS und zwei 2,1-Diesel von Mercedes mit 100 kW/136 PS und 120 kW/163 PS, wobei die schwächere Version nur die Vorderachse antreibt. Frontantrieb bei einem Jeep? Das passt, denn schweres Gelände ist nicht die Domäne des Compass und außerdem senkt diese Antriebsart den Preis, das Gewicht und damit den Spritverbrauch.

Doch wahre Großstadt-Indianer wählen den Allrader, der mit variabler Kraftverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse und seiner Bodenfreiheit  auch das Verlassen des Asphalts erlaubt. Das passiert zwar eher [foto id=“392718″ size=“small“ position=“right“]selten, aber man könnte, wenn man denn wollte.

Mit dem leistungsstärkeren Vierzylinder-Diesel ist der Kompakte ausreichend motorisiert, schiebt ab rund 1.500 Umdrehungen ordentlich an. Schaltfaules Fahren ist dank der 320 Newtonmeter Drehmoment nicht nur möglich, sondern auch angesagt. Denn das manuelle Getriebe lässt sich nur mit hoher Kraftanstrengung bedienen, der Gangwechsel sperrt sich regelmäßig wie ein bockiges Maultier, was auf Dauer keinen Spaß macht. Viel Geduld und Kraft benötigt man vor allem bei einem kalten Aggregat mit dem Rückwärtsgang. Strategen parken das Auto deshalb möglichst so, dass sie morgens sofort vorwärts los können. Bei warmem Motor wird auf der Autobahn dann der Standardsprint auf 100 km/h in 10,9 erledigt und die Spitzengeschwindigkeit liegt bei 201 km/h.

Ein weiteres Manko ist die Motorakustik.

Was bei Mercedes funktioniert, klappt bei Jeep leider nicht. Der Diesel ist von der Karosserie schlecht abgekoppelt und nervt mit lauten Brumm- und Nagelgeräuschen – ein fast vergessenes Phänomen. Dafür liegt der Testverbrauch auch ohne Start-Stopp-Automatik, die nicht verfügbar ist, bei 6,9 Liter auf 100 Kilometer. Ebenfalls positiv: Der Abroll- und Federungskomfort des US-Boys zeigt sich von der guten Seite. Egal ob im Ein-Mann-Betrieb oder vollem Haus, der Jeep kommt auf der Straße nicht an seine Grenzen, geizt mit Wankbewegungen bei Kurvenfahrt und Nicken beim Bremsen oder Beschleunigen. Die Lenkung gibt sich dabei leichtgängig und ausreichend präzise. Von einem weichen oder holprigen US-Fahrwerk ist der Compass glücklicherweise meilenweit entfernt.

Für den Alltag unpraktisch und ungewohnt hoch ist die Ladekante des Kofferraums mit einem kleinen Standardvolumen von nur 328 Liter. Wer mehr transportieren möchte, kann aber die Rücksitze ruckzuck [foto id=“392719″ size=“small“ position=“left“]umklappen, so dass ein Fassungsvermögen von bis zu 1.269 Liter zur Verfügung steht. Das reicht auch für einen ausgedehnten Wochenendeinkauf. Dann sollte die empfindliche Plastikverkleidung aber abgedeckt werden, da sonst schnell hässliche Kratzer zurück bleiben.

Fazit

Viel Kunststoff ziert ebenfalls den Innenraum, da hat sich in der neuen Version leider wenig geändert. Das Cockpit ist klar und übersichtlich gezeichnet, die straff gepolsterten Sitze bieten ausreichend Seitenhalt und das neue Lenkrad mit integrierten Bedienelementen für Radio, Tempomat und Freisprecheinrichtung liegt gut in der Hand. Und auch die Schalter lassen sich intuitiv bedienen. Aber richtig überzeugen kann das Interieur im Vergleich zu anderen SUV dieser Klasse trotzdem nicht. Umfassend ist dafür die Ausstattung. Von den beiden angebotenen Varianten Sport und Limited (ab 31.800 Euro) bietet die höherwertige unter anderem einen elektrisch verstellbaren Fahrersitz, Klimaautomatik und CD-Radio mit MP3-Funktion sowie eine Lederausstattung. Sie ist eben vollständig, wie bei den großen Jeeps.

Datenblatt: Jeep Compass

SUV der Kompaktklasse
Länge/Breite/Höhe: 4,45 Meter/1,81 Meter/1,66 Meter
Radstand: 2,64 Meter
Leergewicht: 1.730 kg
Kofferraumvolumen: 328 bis 1.269 Liter
   
Antrieb: 2,1-Liter-Vierzylinder-Diesel, 4×4
Leistung: 120 kW/163 PS
max. Drehmoment: 320 Nm zwischen 1.400 und 3.600 U/min
0-100 km/h: 10,9 s
Vmax: 201 km/h
Verbrauch: 6,6 Liter
Testverbrauch: 6,9 Liter
CO2-Ausstoß: 172 g/km
   
Preis: ab 29.400 Euro

Kurzcharakteristik: Jeep Compass

Alternativ zu: Ford Kuga, VW Tiguan, Land Rover Freelander,
Toyota RAV4, Hyundai ix 35
Sieht gut aus: in schwarz ohne Schlamm von vorne. Nur von vorne!
Passt zu: Großstadt-Indianer, die den „american way of driving“ suchen

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