Kulturgut statt Schrotthaufen

„Klassische Automobile“ erfreuen sich hoher und ständig wachsender Beliebtheit. Doch was macht ein Fahrzeug zum schützenswerten „kraftfahrttechnischen Kulturgut“, das zum Tragen des begehrten H-Oldtimer- oder 07er-(Wechsel-) Kennzeichens berechtigt? Eines stellt TÜV-Oldtimer-Experte Roland Zangers anlässlich der 8. Classic Days auf Schloss Dyck im Rheinland unmissverständlich klar: „Das grundlegende Kriterium eines Mindestalters von 30 Jahren allein reicht bei weitem nicht.“

Weitgehend im Originalzustand[foto id=“477150″ size=“small“ position=“right“]

Um ein H-Kennzeichen zu erlangen, muss sich ein Wagen laut der Fahrzeug-Zulassungsverordnung „weitgehend im Originalzustand befinden“ und in einem „erhaltungswürdigem Zustand“ sein. Und das stellt ein Oldtimer-Gutachten einer Prüfgesellschaft wie dem TÜV Rheinland sicher. Gleiches gilt für die Vergabe eines roten „07er“-Kennzeichens, das ein Wechselkennzeichen ist und mit dem der Halter mehrere eingetragene Klassiker bewegen darf. Bei beiden Oldtimer-Schildern zahlt der Halter pauschal eine günstige Steuerpauschale von 191 Euro.

Stimmiges Gesamtbild

Die Kriterien bezüglich der Originalität bedeuten in der Praxis, dass das Auto „ein stimmiges Gesamtbild abgeben muss“, so Zangers. Natürlich muss das Fahrzeug auch – wie jeder normal zugelassene Pkw – verkehrssicher sein, darf also keine gravierenden technischen Mängel aufweisen. Ausschlusskriterien für die Anerkennung als Oldtimer sind etwa moderne Anbauteile und Felgen, in vielen Fällen eine Metallic-Lackierung oder aber ein typenfremder Motor. Eine Restaurierung bis hin zum kompletten Neuaufbau sind dagegen kein Problem, wenn sie fachmännisch und im Stil der Zeit erfolgen.

[foto id=“477151″ size=“small“ position=“left“]Tuning, aber mit Zeitgeist

Ein weitverbreiteter Irrtum ist aber, dass ausschließlich Originalteile verbaut sein dürfen. Tuning-Teile müssen jedoch dem damaligen Zeitgeist entsprechen. So darf der Oldtimer durchaus auf anderen Felgen wie das Serienmodell fahren, wenn diese in der „Gebrauchsphase“ des Fahrzeugs, etwa den ersten zehn Jahren nach der Zulassung, bereits erhältlich waren. Dazu zählen auch Fahrwerkskomponenten, Doppelvergaser oder Lenkräder. Niederquerschnitts-Reifen etwa sind logischerweise tabu.

Zu einem „erhaltungswürdigen Zustand“ zählt auch, dass die Sitze nicht völlig zerfetzt sind und sich das Armaturenbrett nicht in seine Einzelteile auflöst. „Die vielbeschworene Patina ist schon OK, aber ein schlichtweg verschlissenes Fahrzeug ist eben nicht erhaltungswürdig“, sagt Zangers.

Dieses Problem haben die auf dem Gelände von Schloss Dyck bei Jülich versammelten Fahrzeuge nicht. Hier stehen zum allergrößten Teil Fahrzeuge in sehr gutem Zustand. Der TÜV Rheinland hat hier wie in den vergangenen Jahren einen Technik-Check der Fahrzeuge durchgeführt. „Wir überprüfen Lenkung, Räder, Reifen, Beleuchtung und Bremsen und schauen nach möglichen Ölverlusten an Motor und Getriebe“, sagte Wolfgang Hörnes. Hier finden sich wegen des exzellenten Pflege- und Wartungszustands in den seltensten Fällen Auffälligkeiten. Jedes Fahrzeug erhält dennoch eine saugfähige „Tropfpappe“, damit Flüssigkeitsverluste nicht ins Erdreich gelangen und es verseuchen.

Experten helfen[foto id=“477152″ size=“small“ position=“right“]

Hilfe rund um das Thema Oldtimer bieten die Experten aber nicht nur auf Oldtimer-Treffen, sondern auch im Alltag. In dem im Januar gegründeten „Competence Center Classic Cars“ hat der TÜV Rheinland zum Beispiel Fachwissen zu Oldtimern gebündelt, „um es für unsere Kunden nutzbar zu machen“, betont der Leiter Norbert Schroeder. Hier erhalten Oldtimer-Halter und auch Interessierte Wertgutachten und Beratung beim Kauf und bei Schäden. Ein Wertgutachten benötigen Autohalter zum Versichern des Fahrzeuges als Nachweis für den Wert im Falle eines Schadens oder Diebstahls. Aber auch bei einem geplanten Verkauf macht es Sinn, ebenso wie bei unerfreulichen Anlässen wie einer Scheidung oder einer Erbschaft. Ein Basis-Gutachten kostet so ab 150 Euro, das aufwendigere Standard-Gutachten mit ausführlicher Dokumentation je nach Aufwand ab 400 Euro.

Außerdem bieten die Fachleute Beratung vor einer anstehenden Restaurierung eines Fahrzeugs an. Sie prüfen, ob sich die Mühe überhaupt lohnt und wie viel der Halter sinnvollerweise investieren sollte. Auf Anfrage vermitteln sie auch Kontakte zu spezialisierten Betrieben. Der Einstieg in die Oldtimer-Welt muss gar nicht teuer sein. „In akzeptablen Zustand gibt es etwa einen VW Käfer ab 4 000 Euro oder einen Manta A ab 6 000 Euro. Wer auf englische Roadster steht, für den ist etwa ein Austin-Healey Sprite von 1958 bis 1961 zu Preisen ab 12 000 Euro interessant.

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