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Mit Stuck und Käfer durch das Reich der Mitte (1)

Auch im Reich der Mitte stehen automobile Klassiker inzwischen hoch im Kurs. Zum zweiten Mal startete nun die „China Rallye of International Classic Cars“. Rund 1700 Kilometer müssen die Teilnehmer in ihren Oldtimern in sieben Tagen absolvieren. Gemessen an einer Mille Miglia, bei der die gleiche Distanz in knapp zweieinhalb Tagen zu fahren ist, scheint die Herausforderung dieser Rallye im Vergleich durchaus geringer.

Unterschätzen sollte man die Veranstaltung dennoch keineswegs. Angesichts maroder Strassen, kaum vorhandener Verkehrsregeln und Schildern und Hinweisen in chinesischen Schriftzeichen ist diese Rallye eine ganz besondere Herausforderung.Die Brücke zwischen der traditionsrechen Mille Miglia[foto id=“438640″ size=“small“ position=“right“] und dem chinesischen Abenteuer von Peking nach Shanghai, schlägt dabei der Mille-Miglia-Käfer aus der Sammlung von Volkswagen Classic. Das Auto aus dem Jahr 1956 pilotierte Volkswagens-Entwicklungschef Ulrich Hackenberg auf der diesjährigen „Mille“. In China sitzt Rennlegende und VW-Motorsportrepräsentant Hans-Joachim Stuck hinter dem Lenkrad. Und gleich die erste Etappe von Peking nach Tianjin fordert Mensch und Material. Vom Startpunkt an der chinesischen Mauer führt der erste Teil der Route über 261 Kilometer bis nach Tianjin, süd-westlich von Peking.

Der erste Tag ist geprägt von Staus auf Highways. Der Grund: Viele Autofahrer fahren langsam am Rallyetross vorbei und machen Fotos der rund 35 Fahrzeuge. Das Rennen nach Shanghai entfacht Begeisterung in ganz China. Im vergangenen Jahr sahen rund 100-Millionen Zuschauer im Fernsehen zu und verfolgten das Rallye-Geschehen. In urbanen Regionen bestimmt Smog die Luft, genauso wie überfrachtete Lkw und Lieferwagen. Rote Ampeln sind lediglich ein Richtwert für die Verkehrsteinehmer. Beachtet werden sie des Öfteren nicht – Normalzustand in Chinas ländlichen „Städtchen“, die mehrere hunderttausend Einwohner haben. In kleinen Ortschaften stehen Gemüsestände direkt auf der Strasse.

Die langen Landstrassen hingegen führen Ewigkeiten schnurgeradeaus. Die Weiten Chinas sind schwer zu fassen. So stehen erst wieder im Ziel hunderte Zuschauer um die Autos im „Courtyard“ der Stadt Tianjin. Der Mille-Miglia-Käfer läuft ohne Probleme über die Pisten. Andere Teilnehmer haben angesichts der Verkehrslage kleine Blechschäden zu beklagen. Ausfälle sind nach dem Zieleinlauf der ersten Etappe noch nicht zu verzeichnen.

„Ich bin sehr gespannt, wie es morgen weitergeht. Heute war für mich klasse. Die Serpentinen am Anfang in den Bergen rund um Peking haben viel Spaß gemacht. China auf diese Weise im Rahmen einer Rallye näher kennenzulernen, ist ein großes Privileg“, zieht Hans-Joachim Stuck ein erstes Zwischenfazit. Für den Leiter des Porsche Museums in Stuttgart, Achim Stejskal, bietet „diese Rallye die Möglichkeit, den Chinesen die Marke Porsche und ihre reiche Motorsporttradition näher zu bringen.“

[foto id=“438641″ size=“small“ position=“left“]Der zweite Tag der „China Rallye of International Cars“ 2012 von Peking nach Shanghai beginnt gemütlich. Zum Startpunkt außerhalb Tianjins müssen 45 Kilometer Strecke aus der Innenstadt zurückgelegt werden. Die ersten 15 davon in einer Stunde. „Wir waren wirklich flott unterwegs“, scherzt Rennlegende Hans-Joachim Stuck als er sich die Durchschnittsgeschwindigkeit auf seinem I-Phone ansieht: 9,7 km/h. Die Rush-Hour Tianjins macht es eben möglich… Bestimmt hätte es noch länger gedauert, wenn nicht die „Motorradscouts“ kurzerhand Strassen abgeriegelt und den Berufsverkehr teilweise einfach vom Fahrerfeld abgedrängt hätten. Solche Schleichfahrten bei 25 Grad und hoher Luftfeuchte sind eine Tortur für Oldtimer. Einige haben Kühlprobleme. Der Käfer von Volkswagen Classic hingegen erfüllt den Slogan des alten Werbespots „Er läuft und läuft und läuft…“ Nach dem Start gibt es aber viel Arbeit für den luftgekühlten Boxermotor im Heck des Käfers. Stuck nimmt den „Ovali“ – so wird der 1956er Käfer wegen seines ovalen Rückfensters im Jargon genannt – fachmännisch ran. Es geht rasant vorwärts. Im Mittelfeld gestartet werden innerhalb der ersten 30 Kilometer Strecke alle anderen Teilnehmer überholt, während die Szenerie außerhalb des Autos kaum zu glauben ist. Zuerst kommt auf der Autobahn ein Radfahrer mit einer kompletten Garküche auf dem Gepäckträger entgegen. Im Qunixian County wiederum fährt nahezu alles kreuz und quer auf der Strasse. Lkw überholen ohne auf den Gegenverkehr zu achten, auf der eigenen Fahrbahnseite kommen einem Fahrzeuge entgegen und oft fährt noch ein Motorrad Slalom über die gesamte Fahrbahnbreite. Das sei „Normalität im ländlichen China“, versichern einheimische Rallyeteilnehmer. Und das ist es eben unter anderem auch, was dieses Rennen von Peking nach Shanghai so reizvoll macht: Es ist verwegen, ein kleines Abenteuer.

Wäre nicht „die Bibel des Co-Piloten“, das Roadbook,[foto id=“438642″ size=“small“ position=“right“] zur Hand, hätten Europäer ohne chinesische Sprachkenntnisse schlechte Karten, das Ziel in Jinan zu finden. An manchen Kreuzungen hilft dann der Abgleich der chinesischen Schriftzeichen im Roadbook mit denen auf den Ortsschildern oder Richtungsanweisern.

„Es ist absoluter Wahnsinn das hier zu erleben. Diese Rallye zu fahren ist fast so, wie die Mille Miglia“, findet Hans-Joachim Stuck regelmäßig. „Man muss aber höllisch Aufpassen.“ Am Ende ist der Käfer das zweite Auto im Ziel. Stuck hat den Renner die letzten 100 Kilometer etwas geschont und das Tempo herausgenommen. Das kleine Problem mit der Bremsanlage können die stets präsenten Mechaniker Klaus-Dieter Ulrich und Michael Winkler aber nach dem Zieleinlauf schnell lokalisieren und in den Griff bekommen. So steht für Etappe drei von Jinan nach Xuzhou wieder ein technisch einwandfreies Fahrzeug zur Verfügung.

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