Tachomanipulation

Datenbank gegen Tachomanipulation – Versicherer wollen Betrug einen Riegel vorschieben

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Eine bundesweite Datenbank soll Autokäufer künftig gegen den Betrug bei Tachomanipulationen schützen. Derzeit schätzen Experten, dass bei jedem dritten Auto der Kilometerstand manipuliert und das Auto so auf „jünger“ getrimmt wurde. Dadurch erzielen die Betrüger im Schnitt pro Auto eine illegale Wertsteigerung von 3.400 Euro. „Der Gesamtschaden beläuft sich in Deutschland jährlich auf sieben Milliarden Euro“, sagte Björn Hinrichs von der Arvato Financial Solutions auf einer Versicherungstagung in Köln.

Geschädigt werden Verbraucher und Versicherer

Geschädigt werden vor allem Verbraucher, weil sie für Uraltfahrzeuge viel zu viel Geld zahlen. Betroffen sind aber auch Kfz-Versicherer, die nach Unfallschäden für „verjüngte“ Autos mehr leisten müssen, als diese nach ihrer Laufleistung tatsächlich wert sind. Daher unterstützen die Assekuranzen den Aufbau einer bundesweiten Datenbank, die Auskunft über die tatsächliche Laufleistung eines Fahrzeuges geben soll. „Die Idee finden wir aus Verbrauchsicht sehr reizvoll“, sagt Thomas von Mallinckrodt von der HUK-Coburg, Deutschlands größtem Kfz-Versicherer.

Manipulationen legal und solide auf die Spur kommen

Die letzte Entscheidung über eine eigene Beteiligung an der geplanten Datenbank macht der Versicherer aber von der Ausgestaltung und datenschutzrechtlichen Umsetzung abhängig. Der Ergo-Konzern sieht Vorteile für „alle Seiten“, weil sich die Sicherheit der Kunden erhöht und die Datenbank präventiv Betrug verhindern würde. Begrüßt wird das Projekt zudem von der Provinzial Rheinland. „Es ist wichtig, dass es endlich eine legale und solide Möglichkeit gibt, solchen Manipulationen auf die Spur zu kommen“, betont Christoph Hartmann, Sprecher des Öffentlichen Versicherer aus Düsseldorf. Bisher können vielfach selbst Kfz-Sachverständige nicht feststellen, dass der Tacho manipuliert wurde und wie viele Kilometer das Fahrzeug tatsächlich auf dem Buckel hat. Verräterische Verschleißteile wie Pedale, werden vorher ausgetauscht. Schon Ende 2013 hatte die Allianz den Aufbau einer zentralen Fahrzeugdatenbank für den Autokäufer gefordert.

Datenbanken sind im Ausland längst üblich

So hat Belgien 2010 eine solche Lösung eingeführt. Hier ist laut Hinrichs die Tachomanipulation mittlerweile zum Erliegen gekommen. Daher soll die deutsche Datenbank nun über die Fahrzeug-Identifizierungsnummer (FIN) den Lauleistungs-Lebenslauf des Autos dokumentieren. Die Kilometerleistung wird bei jedem Vertragsschluss von den Kfz-Versicherern erhoben.

 Autofahrer müssten Daten frei geben

Doch auch TÜV, Dekra und Reparaturunternehmen wie Car-Glass sollen die Datenbank mit realen km-Werten bestücken. Autokäufer können dann jederzeit prüfen, ob der von ihnen ausgewählt Gebrauchtwagen eine niedrigere Laufleistung aufzeigt, als sie die Datenbank für die Vergangenheit aufweist. „Wir haben die rechtlichen Probleme bereits mit dem Datenschutzbeauftragten von Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, geklärt“, so Hinrichs. Autofahrer müssten ihre Datenfreigabe schriftlich erklären. Eine Tochtergesellschaft von Avarto betreibt für die Versicherer bereits seit April 2011 das Anti-Betrugs-System (HIS). Eine 2013 ähnliche gestartete Initiative gegen Tachobetrug des Autoclubs AvD ist bis heute nicht über Vorbereitungen hinaus gekommen.

Datenbank ab 2016

Demgegenüber plant Arvato, die Datenbank schon Anfang 2016 öffentlich freizuschalten. Der ADAC lehnt eine Datenbank ab, weil er befürchtet, dass hier bereits manipulierte Laufleistungen hineingeraten könnten. Er versucht seit rund zehn Jahren, die Autohersteller zu einer höheren Datensicherheit bei der Kilometeranzeige zu bewegen. Bisher wohl ohne Erfolg. „Wir haben in einem Test mit einem Gerät, dass wir für 140 Euro bei Ebay gekauft haben, in drei Sekunden in einer großen Garage alle Tachos unterschiedlicher Hersteller manipulieren können“, so Hinrichs. Dabei seien auch Fahrzeuge aus dem Baujahr 2014 gewesen.

Es droht auch Ärger

Zeitweilig könnte die Datenbank den Assekuranzen aber Ärger bescheren. Denn zumindest in einer Übergangszeit müssen Unfallopfer damit rechnen, geringer entschädigt zu werden, wenn aufgrund der Datenbank eine fehlerhafte Laufleistung entdeckt wird. Immerhin können Autokäufer in diesen Fällen von ihrem Verkäufer Schadenersatz verlangen. „Der Anspruch besteht zwar, dürfte aber mangels Beweis in aller Regel leer laufen“, warnt Jörg Elsner, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Wahrscheinlich wird nämlich der Verkäufer behaupten, selbst Betrugsopfer zu sein, weil der Wagen bereits mit der niedrigen Kilometerzahl gekauft wurde. Experte Elsner: „Vielfach gibt es dann eine endlose Kette von Weiterverkäufern.“

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Rene

Juli 6, 2015 um 5:53 am Uhr

Das mit der Datenbank ist doch nur sinnvoll, wenn auch jene Autos registriert werden können, die nicht in einer Fachwerkstatt gewartet werden. Dann wird das aber ggf. auch wieder zweifelhaft. Eine offene Datenbank für Jedermann gibt es ja auch schon: tachoreminder.de

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