DTM-Champion Mattias Ekström: Herr über das Chaos

(adrivo.com) Pannen, Überraschungen, Kuriositäten: Wer in der wohl spektakulärsten DTM-Saison aller Zeiten die Nerven behält, hat den Titel verdient.

2001 etablierte er sich als Nachwuchshoffnung, 2002 folgte der erste Sieg, 2003 etablierte löste er Laurent Aiello als Speerspitze des Abt-Audi-Teams ab. Spätestens seit seinem ersten DTM-Titel 2004 hat Mattias Ekström eigentlich nichts mehr zu beweisen. Doch wer nach seiner mäßigen Saison 2006 noch am Können des Schweden zweifelte, muss jetzt eingestehen: Wer im 2007 allgegenwärtigen Durcheinander die Nerven bis hin zum Titelgewinn behält, muss richtig gut sein. Mit einer Mischung aus kindlicher Unbekümmertheit und professioneller Konzentrationsfähigkeit ließ sich Ekström vom steigenden Druck in einer verbal wie fahrerische heiß umkämpften Saison nicht übermannen – und wurde am Ende Herr über das Chaos…

Trotz aller Höhen und Tiefen, die noch folgen sollten, hatte die Saison für Mattias Ekström bereits mit mehreren guten Omen begonnen. Mit einem Sieg beim Race of Champions entschädigte er sich im Dezember für die DTM-Saison 2006, bei der DTM-Präsentation in Düsseldorf war ausgerechnet er es, der die Fahrerparade anführte. Eine Woche später standen auf der Mercedes-Strecke Hockenheimring bereits zehn Meisterschaftspunkte zu Buche. „Es war ein verdienter Hockenheim-Sieg, auf den wir fünf Jahre gewartet haben. Mit Glück hatte das nichts zu tun“, berichtete Ekström nach seinem Sieg beim Saisonauftakt, der zugleich auch sein einziger in diesem Jahr sein sollte. Damals und in den folgenden Wochen ahnte der Schwede noch nicht, welche Belastungsproben in einer mehr als nur ungewöhnlichen Saison 2007 auf ihn warten…

Der Druck wächst

Lange schien der Druck an Mattias Ekström abzuprallen. „Wenn ich in der Startaufstellung stehe, denke ich immer nur an einen guten Start. Man muss die Gedanken, was alles theoretisch schief gehen könnte, verdrängen, und das habe ich mit der Zeit gelernt“, wollte sich Ekström von seinem Frühstart in Oschersleben, der möglicherweise den Sieg gekostet hatte, auf dem EuroSpeedway Lausitz nicht aus der Ruhe bringen lassen. Auch dass die Meisterschaftsführung im allgemeinen Klettwitzer Chaos nach einer Nullrunde verloren ging, schien an dem Schweden abzuprallen: Beim folgenden Rennen in Brands Hatch begann für Ekström eine Serie von fünf Podestplätzen – in der DTM-Geschichte nicht annähernd ein Rekord, in einer Saison voller Wendungen und Kuriositäten jedoch eine mehr als nur beachtliche Leistung. Kein anderer Pilot begegnete den Irrungen und Wirrungen des Jahres 2007 mit einer solchen Konstanz wie der langjährige Audi-Pilot.

Als der Ton zwischen Audi und Mercedes schärfer wurde, schien dies an Mattias Ekström einfach abzuprallen. „Eigentlich habe ich das gar nicht wahrgenommen“, gab sich der Schwede in Zandvoort betont cool, nachdem er und Martin Tomczyk wegen der Teamregie zu ihren Gunsten von den Fans ausgebuht worden waren, „wenn man aus dem Auto ausgestiegen ist, gehen einem so viele andere Dinge durch den Kopf; man reflektiert die Rennszenen, überschlägt den neuen Punktestand – da nimmt man akustisch kaum etwas wahr.“ Ein missglücktes Qualifying auf dem Nürburgring machte Ekström mit einer Aufholjagd bis auf Rang drei vergessen; ein weiteres Mal schien es ihm drei Wochen später in Barcelona zu gelingen, ein mäßiges Ergebnis im Zeitfahren auszubügeln.

Druck bis zur Belastungsgrenze

Doch dann kochten die Emotionen in dem Schweden erstmals hoch. Auf den Crash mit Daniel La Rosa regierte Ekström so, wie er seit jeher reagiert, wenn er sich starker Ungerechtigkeit ausgesetzt glaubt: Mit Zynismus. Aufgebracht klatschte er den Mercedes-Kommandoständen Beifall, als er in seinem lädierten A4 DTM die letzten Meter zur Box rollte. Mit ungeahntem Temperament feuerte er an der Boxenmauer seine noch im Rennen befindlichen Markenkollegen an – und fand bis zum Saisonfinale wieder zur gewohnten Ruhe zurück. Ein letztes Mal wusste Mattias Ekström zu überspielen, dass sich in ihm nicht erst seit Barcelona ein gewaltiger Druck aufgestaut hatte. Fehlerlos kämpfte sich der 29-Jährige trotz eines stark übersteuernden A4 DTM und zeitweise mäßiger Rundenzeiten aufs Podest – bevor all die Anspannung bei der Fahrt über die Ziellinie von ihm abfiel.

„Der Druck ist so groß, dass es ein tolles Gefühl ist, über die Ziellinie zu fahren und zu spüren, wie der Druck abfällt. Nun kann ich die Zeit wieder genießen. Wenn das jedes Jahr so wäre, würde ich nicht alt“, gesteht Ekström, dass auch für ihn die Saison 2007 eine besondere Belastung darstellte. So fühlte er sich weitaus erleichterter als nach seinem vorzeitigen Titelgewinn in Brünn 2004: „Es war ein normal hartes Rennen, aber wenn all das Adrenalin plötzlich weggeht, ist das ein Gefühl, als hätte man ewig nichts mehr gegessen und getrunken. Die Beine werden weich, und die Gefühle sind extrem.“ Mattias Ekström ist froh, dass die Saison beendet ist – und will in den kommenden Wochen Kraft tanken. Ein Vorhaben, das Ekström nicht nur in seiner schweizerischen Wahlheimat realisieren wird:

Druckabbau in Schweden

Schon zu Beginn der Saison hatte Ekström seinen Audi-Fahrerkollegen versprochen, sie im Falle seines Titelgewinns reich zu beschenken – nun lädt die Audi-Speerspitze der abgelaufenen Saison seine Mitstreiter zu einem Kurzurlaub nach Schweden ein, wo er sie von der schwedischen Lebensart überzeugen will. Bei Saunabesuchen und Schneemobilfahrten will er die Seele gemeinsam mit Freunden und Kollegen baumeln lassen – ist Ekström doch ohnehin bekannt für seine Liebe zur skandinavischen Heimat. „Ich kenne alle Strecken, alle Teams und die Fahrer. Im August habe ich das STCC-Rennen in Karlskoga besucht – nur 170 Kilometer von meinem früheren Wohnort entfernt“, berichtete Ekström von seinem Interesse auch am schwedischen Tourenwagensport. Eine besondere Freundschaft pflegt Ekström zum schwedischen Tourenwagenpiloten Fredrik Ekblom – ebenso wie jedoch zu Martin Tomczyk, den er vor einigen Wochen in seine schweizerische Wahlheimat einlud:

„Ich habe ein tolles Verhältnis zu Martin. Er gehört zu denjenigen, von denen ich in den letzten Jahren sehr viel Hilfe bekommen habe, vor allem 2004, als ich Meister geworden bin. Wir kennen uns sehr gut; und man kann nicht sagen, dass wir gegeneinander fahren“, beschreibt Ekström die Beziehung zu seinem teaminternen Titelrivalen – dessen heutiges Schicksal ihm bei aller Freude über den eigenen Meisterschaftsgewinn gar nicht schmeckte: „Ich hoffe, dass auch Martin noch einmal ein berühmter DTM-Meister wird. Wenn er in Zukunft wieder in die Position kommt, das zu schaffen, werde ich ihn unterstützen.“

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