Elektro-Tanken: Zweikampf der Systeme

Strom kommt aus der Steckdose. Diese Quelle soll auch Elektroautos mit Energie versorgen, wenn in den kommenden Jahren langsam die Großserienproduktion beginnt. Ganz so einfach ist die Sache aber nicht, denn noch fehlt eine Infrastruktur.

Zurzeit konkurrieren bei der Stromversorgung zwei Ansätze: der Wechselakku und die Stromzapfsäule. Die Trennung von Auto und Batterie ist eine Idee des ehemaligen SAP-Vorstands Shai Agassi. Gemeinsam mit dem Automobilhersteller Renault Nissan will der Millionär mit seinem Unternehmen Project Better Place weltweit ein dichtes Netz von Akku-Austauschstationen aufziehen. Der Vorteil liegt auf der Hand: Lange Wartezeiten während des Stromtankens sind nicht mehr nötig; der Wechsel der Batterie soll nicht viel länger dauern als das Befüllen eines konventionellen Pkw mit Sprit. Hinzu kommt eine von der Mobilfunkbranche abgeschaute Finanzierung. Analog zum System mit subventionierten Handys plus Gesprächsgebühren soll der Elektroauto-Kunde den Akku oder auch gleich das komplette Fahrzeug gestellt bekommen und je nach tatsächlichem Stromverbrauch zur Kasse gebeten werden. Elektromobilität könnte damit für weite Kundenkreise ohne große Investitionen machbar werden.

Ein Nachteil des Wechsel-Akkus: Das System funktioniert in großem Stil nur, wenn die Standardisierung der Batterien gelingt und sie somit in unterschiedlichen Fahrzeugtypen verschiedener Hersteller eingesetzt werden können. Zurzeit haben Nissan und Renault Pläne, derartige Autos anzubieten. Damit könnten sie zunächst eine marktbeherrschende Stellung erreichen. Die Stromflitzer sollen mit Lithium-Ionen-Batterien aus der Nissan-Produktion ausgerüstet werden und somit vollwertige Pkw mit ordentlicher Reichweite sein. Auf den Markt kommen dürften sie 2010 oder 2011; im kommenden Jahr startet bereits die Großserienproduktion der Akkus, die zunächst in Gabelstaplern zum Einsatz kommen. [foto id=“58909″ size=“small“ position=“right“]Die Allianzpartner Renault und Nissan sind in Sachen Elektrifizierung des Straßenverkehrs sowieso schon weit voran gekommen; mit Stromversorgern oder Regierungen in fünf europäischen Staaten sowie Regionen in Japan und den USA existieren Vereinbarungen zur Entwicklung eines Elektro-Tankstellennetzes. Dabei dürften nicht nur Wechselakkus genutzt werden, sondern auch konventionelle Strom-Zapfsäulen. Einen ähnlichen Weg geht unter anderem auch Daimler gemeinsam mit dem Energiekonzern RWE; beide Unternehmen wollen in mehreren Großstädten Tankstellenprojekte zu Versuchszwecken starten.

Auch wenn die Anfangsinvestitionen für ein Netz kleiner Steckdosen-Säulen geringer sind als bei Wechsel-Stationen, sind auch hier noch einige Probleme zu lösen. Da das Aufladen von Elektroautos bis zu acht Stunden dauern kann, kommen zentrale Stromtankstellen nicht in Frage; die Stellplätze wären in kürzester Zeit blockiert. Daher soll die Zapfsäule zum Auto kommen, nämlich in Parkhäuser, an Haltebuchten und in die heimische Garage. Vorher ist aber noch ein trivial erscheinendes Problem zu lösen: Wo soll sich am Auto die Steckdose befinden? Vorne, hinten, seitlich? Die Wahl der Stelle hat Einfluss auf die Länge des benötigten Kabels zwischen Fahrzeugbatterie und Zapfsäule. Wer etwa am rechten Fahrbahnrand parkt und das Kabel von der linken Autoseite (dort findet sich etwa beim VW Space Up oder dem Mitsubishi iEV der Tankstutzen) zur Tanksäule ziehen muss, schafft eine gefährliche Stolperfalle. Am sinnvollsten wäre in diesem Zusammenhang eine Steckdose an der Fahrzeugfront oder am Heck.

Teure Alternative: die Induktionstankstelle. Mit der aus Elektroherden bekannten Technik können Autos auch kabellos aufgeladen werden. Des Weiteren müssen die Lastspitzen bei millionenfach gleichzeitigem Tanken berücksichtigt werden. Wenn etwa alle am Arbeitsplatz angekommenen Pendler morgens um acht ihr Auto an die Steckdose anschließen, könnte das Netz zusammenbrechen. Nachts stehen generell größere Kraftwerkskapazitäten zur Verfügung. Doch dieser Umstand schließt dann das Tanken an der Solar-Zapfsäule aus. Ebenfalls noch unklar ist die Zahlungsweise, die etwa per Münzeinwurf, Handy oder Chipkarte erfolgen könnte. Welche Tank-Systeme sich in Zukunft durchsetzen, ist offen. Noch aber ist ausreichend Zeit, eine funktionierende Infrastruktur zu schaffen. Denn in den nächsten fünf Jahren werden Elektroautos nur selten auf der Straße zu sehen sein. Für 2050 allerdings rechnen Experten für Deutschland mit Flottengrößen zwischen acht und 45 Millionen Stromflitzern. 

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Gast auto.de

Mai 24, 2009 um 9:48 pm Uhr

Die Umweltreferenten der Städte müssen jetzt aktiv werden, um attraktive Park- und Ladezonen im Kernbereich auszuweisen (Einkaufszentren, Sportstätten, Parks, Freibäder, Kinos, Spielplätze etc.). Wo immer möglich, sind solare Ladestationen einzurichten, die ihren Strom ins Netz einspeisen.

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