Elektronische Helfer senken schwere Lkw-Unfälle um die Hälfte

Mindestens jeder zweite schwere Unfall mit Nutzfahrzeugen auf Autobahnen ist vermeidbar. Dieser Meinung sind die Unfallforscher und Sicherheitsexperten auf dem diesjährigen Dekra -Symposium für Nutzfahrzeugsicherheit. Elektronische Assistenzsysteme können die Unfallzahlen entscheidend reduzieren oder zumindest die Folgen abschwächen. Deshalb sollen der Einbau von vorausschauenden Notbrems- und Spurhalteassistenten von der EU voraussichtlich ab Ende 2013 gesetzlich vorgeschrieben werden. Aber schon vorher erwarten die Unfallforscher und Entwicklungsingenieure von Daimler, MAN, Volvo und Continental einen Wachstumsmarkt für elektronische Assistenzsysteme.Während die Zahl der bei Unfällen getöteten Pkw-Passagiere in den amtlichen Statistiken seit 17 Jahren kontuierlich zurückgeht, bleibt die Zahl bei Unfällen getöteten Lkw-Insassen in etwa gleich. Ein entscheidender Grund dafür ist nach Ansicht fast aller Unfallforscher die stark gestiegene Transportleistung, andererseits könnten moderne Assistenzsysteme das Unfallrisiko jedoch signifikant senken. So hilft der abstandsgeregelte Tempomat ACC die Hauptursache schwerer Autobahnunfälle zu vermeiden: das Auffahren auf langsamere Fahrzeuge oder gar ein Stauende. Und der Spurhalteassistent warnt vor dem Abkommen von der Fahrbahn bei Übermüdung oder Unaufmerksamkeit.Bei einem Feldversuch mit Mercedes-Benz Actros Sattelzugmaschinen in den Jahren 2005 und 2006 ermittelten die Daimler-Unfallforscher, dass fast die Hälfte der schweren Unfälle vermieden werden kann, wenn die Zugmaschine über die neuesten Sicherheitstechniken verfügt. Eine von MAN beim Allianz Zentrum für Technik in Auftrag gegebene Studie kam sogar zum Ergebnis, das 70 Prozent aller schweren Lkw-Auffahrunfälle auf Autobahnen vermieden werden können, sofern die Zugmaschinen mit ACC ausgerüstet sind. Und nach Schätzungen der Europäischen Kommission könnten in der EU jährlich bis zu 2 500 Menschenleben geretttet werden, wenn alle Nutzfahrzeuge über entsprechende Assistenzsysteme verfügten. Dies ist allerdings noch ein hehres Ziel. Denn Experten gehen sogar davon aus, dass bislang nur etwa jeder zwanzigste Lkw mit dem elektronischen Stabilitätssystem ESP ausgerüstet ist, einem Sicherheitsfeature, das in Pkw längst selbstverständlich ist. Tatsächlich ist die Nachfrage nach den High-Tech-Systemen wie ACC, Notbremssystem oder Spurassistent in den Lkw noch sehr bescheiden. So liefert Mercedes nur acht Prozent der Nutzfahrzeugflotte mit dem kompletten Sicherheitspaket aus. Zu viele scharf kalkulierende Spediteure fürchten Wettbewerbsnachteile bei Bestellung der teuren Optionen. Hinzu kommen Vorurteile mancher Spediteure, etwa derart, dass die ohnehin stark geforderten Fahrer nicht auch noch mit einer Reizüberflutung durch akustische Warnsignale konfrontiert werden dürften. Anreize für den Kauf von Lkw mit Fahrassistenten gibt es jedoch bereits. Versicherungen wie Allianz, Kravag und Zürich bieten für Lkw mit der neuen Sicherheitstechnik Prämienvorteile. Und einige Berufsgenossenschaften gewähren direkte Zuschüsse. Hinzu kommt eine höhere Restwertbewertung gebrauchter Lkw mit Assistenzsystemen. Und es tut sich auch technisch was: Fast alle großen Lkw-Hersteller wollen für den Fahrer in den nächsten Jahren weitere neue Informationssysteme mit automatischer Verkehrszeichenerkennung und Geschwindigkeitskontrolle etwa bei Kurvenfahrten einführen. Dennoch – und da waren sich fast alle Referenten des Dekra-Sicherheitssymposiums einig – wird es noch viele Jahre dauern, bis wirklich alle Nutzfahrzeuge über den Schutz der elektronischen Helfer verfügen. Denn über die Straßen der EU rollt schließlich auch die Heerschaar alter und veralteter Lastwagen aus Osteuropa. Wolfram Nickel/mid

UNSERE TOP-ANGEBOTE FÜR SIE

MEHR ERFAHREN AUS DEM BEREICH NEWS

Eine Frage von Belang: Reisemobil kaufen oder mieten?

Eine Frage von Belang: Reisemobil kaufen oder mieten?

Nissan Qashqai: Neue Optik für den Crossover

Nissan Qashqai: Neue Optik für den Crossover

Alfa Romeo Junior zeigt sich erstmals öffentlich – in Mailand

Alfa Romeo Junior zeigt sich erstmals öffentlich – in Mailand

zoom_photo