Gastkommentar: “Krise hat, wer Krise denkt“ oder denn sie wissen nicht, was sie reden.

Die Indianer würden sagen, BMW-Chef Norbert Reithofer redet mit gespaltener Zunge. Wenn er am Ende seiner Rede zur Bilanz-Vorstellung sagte, „Krise hat, wer Krise denkt“ klingt das zunächst mal optimistisch und weitsichtig philosophisch. Es klingt auch gescheit, weil er damit absolut Recht hat.

Aber: Reithofer hat in seiner Rede nicht nur einen positiven Schlusspunkt unter eine im Tenor gerade die „Krise“ proklamierenden Rede gesetzt, sondern an anderer Stelle sogar zum Kaufboykott von BMW-Fahrzeugen aufgerufen. Wer jetzt denkt, nicht richtig zu lesen, sollte aufmerken. Wie sonst sollte man Reithofers guten Rat verstehen, der angesichts der wirtschaftlichen Lage für jedermann gelten muss: „Unsere Prioritäten sind daher klar gesteckt: Liquidität, Free Cashflow und Working Capital, Fixkosten, Investitionen. Anders gesagt: Wir halten unser Geld zusammen – so wie gute Kaufleute es machen.“

Wenn das richtig ist, dann dürfte jetzt kein Kaufmann mehr ein neues Auto, geschweige denn einen Premium-preisigen BMW kaufen, wenn er ein „guter Kaufmann“ sein will. Und so gesehen trifft dieser Satz ja auf jeden Familienvater zu, der gerade an den Kauf eines Autos denkt. „Halte Dein Geld zusammen“, scheint ihm da BMW-Chef Reithofer zuzurufen. Und wenn der gute Mann dann doch unbedingt ein Auto kaufen muss, dann tut es ja auch ein billiger Koreaner, ja warum denn nicht ein Dacia Logan? Ein Premiumfahrzeug zu kaufen widerspräche nach Reithofers Diktion jedenfalls der Definition vom guten Kaufmann. Und ich denke an die Firmeninhaber und Fuhrparkchefs: Wenn sie gute Kaufleute sein wollen, dann dürfen sie jetzt keinesfalls so unvernünftig sein und Geld für einen neuen BMW ausgeben.

Was für ein fatales Denken, das die desaströse Spirale nach unten weiter beschleunigt anstatt sie zu stoppen. Wissen die Redenschreiber dieser Manager eigentlich, was sie da sagen lassen? Und warum fällt niemand auf, dass so ein Satz vom guten Kaufmann verheerende Folgen für die Volkswirtschaft hat? Die Aufforderung, dass jetzt eigentlich jeder sein Geld zusammen zu halten hat, ist – konsequent zu Ende gedacht – das Ende jeder wirtschaftlichen Entwicklung. Ihn vom CEO eines Premium-Herstellers zu hören, der jahrelang davon gelebt hat, dass dessen Kunden unvernünftiger Weise Premium-Preisaufschläge bezahlen, ist mehr als verwunderlich.

„Krise hat, wer Krise denkt“, sagt Reithofer. Dieser Satz widerspricht jenem vom guten Kaufmann, der in seiner Dimension sehr wohl gedachte Krise suggeriert. Das ist Reden und Denken von Krise auf sprachlich höherem Niveau. Anders gesagt: Auch Reithofer denkt zurzeit nur in den Kategorien von Krise. Daran ändert auch nichts, dass er in seinem Ausblick auf die ferne Zukunft sehr optimistisch bleibt. Wenigstens das stimmt hoffnungsvoll. Aber warum sollte Herr Reithofer auch die tatsächliche Krise schönreden. Sie ist irgendwie Realität. Trotzdem hören sich die Reden und Interviews von seinen Kollegen bei Volkswagen und Audi wesentlich positiver an. Auf keinen Fall wird dort dazu aufgerufen, das zu tun, was angeblich gute Kaufleite tun. Kein Geld mehr ausgeben.

Denn wirklich gute Kaufleute wissen, dass das Geld zusammen zu halten auch ihre eigenen Erfolge bremsen wird. Wirtschaft ist ein Kreislauf. Ohne Geld auszugeben wird auch keines einzunehmen sein. Wir reden hier nicht der Verschwendung das Wort. Aber die Kunden aufzurufen, kein Geld auszugeben, es zusammen zu halten wie angeblich gute Kaufleute ist das falsche Rezept. Auch für BMW und seine Kunden.

(Entnommen aus der aktuellen Ausgabe des Branchen-Informationsdienstes PS-Automobilreport)

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