Kfz-Gewerbe trotz anhaltender Probleme im Stimmungshoch

Die Umweltprämie hat im deutschen Kraftfahrzeuggewerbe alle Erwartungen übertroffen. Über rund 400 000 bisher mit Prämie hinterlegte Kaufverträge „sorgen für gute Stimmung“ nach jahrelanger Talfahrt, sagte Robert Rademacher, Präsident des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes (ZDK). Dies dürfe jedoch nicht über den anhaltenden Strukturwandel in der Branche hinwegtäuschen.

Der erneute Rückgang der Umsatzrendite vor Steuern im Handelsgeschäft habe dazu geführt, dass die Mehrheit der Autohäuser rote Zahlen geschrieben und dass sich auch im Branchendurchschnitt erstmals ein Verlust ergeben habe.

Mit insgesamt 9,2 Millionen Käufen neuer und gebrauchter Pkw (Vorjahr 9,4), einem stabilen Nutzfahrzeuggeschäft und rund 72,5 Millionen Serviceaufträgen (Vorjahr 71,5 Millionen) habe die Branche das Jahr 2008 abgeschlossen, gab der ZDK bekannt. Der Gesamtumsatz mit dem Verkauf neuer und gebrauchter Pkw und Lkw sowie mit dem Service blieb in den über 39 000 Unternehmen bei einem Minus von 0,2 Prozent mit 129,5 Milliarden Euro nahezu stabil. Allerdings gingen rund 6100 Arbeitsplätze verloren, und 650 Betriebe mussten schließen.

Der durchschnittliche Preis eines neuen Pkw verringerte sich nach Angaben des ZDK-Präsidenten in 2008 um 1,2 Prozent auf 25 660 Euro. Ursache seien die signifikanten Verschiebungen in den Modellsegmenten. Unverändert gebe es dabei regionale Unterschiede zwischen Ost mit 21 310 Euro (Vorjahr 21 990) und West mit 26 750 Euro (Vorjahr 26 540).

Der Service zeige nach Darstellung Rademachers ein geteiltes Bild. Einerseits habe sich der Verdrängungswettbewerb weiter verschärft, andererseits habe es einen Zuwachs von rund einer Million Serviceaufträgen gegeben. Auf hohem Niveau sei damit der Marktanteil des Kraftfahrzeuggewerbes weiter ausgebaut worden, was vor allem einem Zuwachs im so genannten Servicesegment 4 (Pkw ab elf Jahre) zuzuschreiben sei. Der durchschnittliche Preis einer Werkstattstunde betrage 66,54 Euro (Vorjahr 65,04). Dabei bestehe unverändert, je nach Lage und Marke, eine Bandbreite von 40 bis 110 Euro.

Zu den Gewinnern des Servicemarktes 2008 zählten die freien Betriebe, sagte Rademacher mit dem Hinweis auf Marktanteilsgewinne zwischen 1,4 Prozent (Verschleißreparaturen) und zwei Prozent (Wartung). Die markengebundenen Unternehmen hingegen hätten zum Teil deutliche Einbußen hinnehmen müssen, beispielsweise im Markt der Verschleißreparaturen ein Minus von 1,4 Millionen Aufträgen: „Höhere Produktqualität und geringere Fahrleistungen hinterlassen in den Servicesegmenten 1 (Pkws bis vier Jahre) und 2 (fünf bis sieben Jahre) deutliche Bremsspuren“.

Der Zuwachs von einer Million Serviceaufträgen auf insgesamt 72,5 Millionen sei ein Ergebnis der zielgruppenorientierten Marketingprogramme mit saisonalen Paketpreisen. Die Branche habe zudem von einer „meteorologischen Sonderkonjunktur“ derart profitiert, dass die Werkstattauslastung von November bis in den Januar auf einem hohen Niveau von 84 Prozent (Vorjahr 81 Prozent) gelegen habe. Auch im Zubehörgeschäft sei „Väterchen Frost ein guter Verkäufer“ gewesen.

Mit nahezu stabilen Marktanteilen in einem rückläufigen Gesamtmarkt stehe das Gebrauchtwagengeschäft in der Ergebnisbilanz für das Autojahr 2008. Allerdings sei diese Entwicklung vom Rückgang der Bruttoerträge, einer erhöhten Standzeit und dem Preisdruck auf Modelle aus den oberen Segmenten geprägt gewesen, 2008 hat sich nach Rademachers Angaben die durchschnittliche Standzeit von 93 Tagen im Januar auf 107 Tage im Dezember erhöht.

Ein gewisses Problem stelle auch die Vielzahl der Verkaufshilfen und Zinsprogramme der Hersteller dar. Diese geldwerten Leistungen erweckten zusammen mit der Umweltprämie einen völlig falschen Eindruck, was neue Automobile tatsächlich kosteten. Rademacher: „Spätestens ab 1. Januar 2010 werden wir wieder Automobile verkaufen müssen, für die es keine Prämie mehr gibt“.

Die Ergebnisse des Autojahres 2008, insbesondere des letzten Quartals, nimmt der ZDK zum Anlass, ein neues Geschäftsmodell mit den Automobilherstellern zu fordern. Eckpunkte sind unter anderem neue Margensysteme, eine Optimierung der Vertriebs- und Servicenetzstruktur, eine Abschaffung der mit dem Automobilhandel konkurrierenden Vermarktungsaktivitäten der Hersteller, eine Risikoteilung bei Leasinggeschäften sowie eine rechtzeitige Anpassung der Produktion an die tatsächliche Nachfrage. In einigen Marken hätten entsprechende Gespräche zwischen Herstellern und Händlerverbänden bereits begonnen.

Unverändert wünscht sich das Kraftfahrzeuggewerbe eine käuferfreundlichere Dienstwagen-Besteuerung einfordern. Das derzeitige fiskalische Prinzip, bei Dienstwagen die Neuwagen-Listenpreise als Grundlage für die Besteuerung der privaten Nutzung anzusetzen, bestrafe diejenigen, die mit dem Kauf eines Gebrauchtwagens Geld sparen wollen.

Weiter fordert die Branche, die Steuerprivilegierung, die sich für Handwerkerleistungen im privaten Baubereich bereits sehr bewährt hat, auch auf Wartungs- und Reparaturarbeiten an privat genutzten Automobilen auszudehnen. Damit soll dem – nicht zuletzt seit der Mehrwertsteuererhöhung – mit rund zehn Prozent beachtlichen Anteil Schwarzarbeit im Kfz-Service begegnet werden.

Im Schulterschluss mit dem Deutschen Handwerk treibt das Kfz-Gewerbe außerdem eine „Transporter-Offensive“ voran, um bei möglichen Fahrverboten in Städten mit Umweltzonen die Versorgung der Bevölkerung in den Innenstädten zu garantieren. Nach einem Vorbild in Nordrhein-Westfalen solle ein Handwerker-Ausweis bundesweit gelten, der kostenträchtige und aufwändige Ausnahmeregelungen ersetzen könne.

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