Kommentar: Edscha und die Cabrio-Generation 2009

Am Montag kam das Aus. Nachdem die Krisengespräche mit Banken, Kunden und der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen erfolglos abgeschlossen worden waren, blieb dem Management der Edscha AG in Remscheid nichts übrig als der Gang zum Amtsgericht Wuppertal.

Damit hat ein Zulieferer Insolvenz angemeldet, dessen Produkte – Cabrio-Dächer – zu den strategischen Zulieferteilen gehören dürften. Nun stellt sich die Frage, wie es weitergehen kann – für Edscha und die Kunden.

Auf der Internetseite des Unternehmens zählt das Unternehmen seine Kunden auf: „Edscha entwickelt und fertigt Softtops, Hardtops sowie Retractable Hardtops für viele der attraktivsten Cabrios in Europa, zum Beispiel für die offenen Varianten des Aston Martin DB9 sowie V8 Vantage, des Audi TT, Audi A3, Bentley Azure, BMW 3er, BMW Z4, BMW 6er, Mercedes-Benz SLR McLaren und Peugeot 207 CC sowie das Jaguar XK Cabriolet, den Lamborghini Gallardo Spyder, den Smart Fortwo und den Rolls Royce Phantom Drophead Coupe.“

Man kann sich kaum vorstellen, dass die Cabrio-Varianten dieser Modelle nun aus dem Programm genommen werden. Ebenso wenig scheint es realistisch, dass andere Hersteller so schnell in die Bresche springen können, dass ein Schaden am Markt ausbleibt. Die Insolvenz bezieht sich auf alle europäischen Standorte und insgesamt 4200 Mitarbeiter. Wohl niemand kann damit rechnen, dass nun die verbleibenden rund 1800 Mitarbeiter in den USA und Mexiko das komplette Programm produzieren können.

Damit haben wir den ersten Absturz eines strategischen Lieferanten zu beklagen. Die Automobilindustrie, ihre Verbände und auch die Politik diskutieren das bisher offen nur in der Theorie. Mit Edscha bekommt das Problem aber nun einen Namen. Die Industrie kann nicht zuschauen, wenn ihnen Marktchancen wegbrechen, weil ein Zulieferer einknickt. Jetzt geht es unter den Augen der interessierten Zulieferer-Öffentlichkeit in die Praxis.

Echte Probleme entstehen allerdings nur in den Fällen, in denen die Komponenten nur von einem Zulieferer kommen können, der sie meist mit eigenem Know how und eigenem Geld in Dienstleistung für die Autohersteller entwickelt hat. Aber machen wir uns nichts vor – davon gibt es viele, kleine und große. Auch Bosch-, Schaeffler– und Continental-Produkte sind in vielen Fällen nicht von heute auf morgen ersetzbar.

Kritiker des Outsourcing werden jetzt darauf hinweisen, dass sie davor schon immer gewarnt haben. Das hilft aber nichts. Denn erstens ist Outsourcing eine Tatsache, mit der die Hersteller jetzt umgehen müssen. Und zweitens stünde die deutsche Automobilindustrie ohne ihre strategischen Zulieferer, längst nicht da, wo sie heute steht: an der Spitze der Automobiltechnik weltweit. Edscha wird also zu einem Beispiel dafür werden, wie mit strategischen Zulieferern in der Krise umgegangen wird. Der Edscha-Besitzer, die US-amerikanische Private-Equity-Firma Carlyle, wird dabei wohl wenig hilfreich sein.

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