Kommentar: Tragische Situation

Das hat schon fast Züge der klassischen Tragödie. Wie immer die IG Metall mit ihrer Forderung nach einer Einkommensverbesserung von acht Prozent auch umgeht – es wird so oder so schlecht enden. Wenn Auto-Bosse die momentane Situation ihrer Industrie beschreiben, wie gestern (5. November 2008) bei der Verleihung des „Goldenen Lenkrads“ der „Bild am Sonntag“ in Berlin geschehen, könnte man Mitleid mit den Gewerkschaftern entwickeln.

Der BMW-Chef Norbert Reithofer klagt zum Beispiel, so einen Markteinbruch habe er in seinen 22 Jahren Automobilindustrie noch nicht erlebt. Dabei waren die deutschen September-Zahlen noch halbwegs in Ordnung. Aber in den USA mussten viele schon über Monate einen Haufen Federn lassen. Eines der Hauptthemen der Bosse bleibt natürlich die Finanzkrise. „Die Banken sagen, das Geld sei da“, stellte einer von ihnen fest. „Aber versuchen Sie doch mal einen Kredit zu bekommen!“ Bei den Zulieferern der ersten und besonders bei deren Zulieferern sowie beim Handel sahen alle Probleme, die Zahlungsfähigkeit für die Abwicklung des laufenden Geschäfts aufrecht zu erhalten.

Das Auto-Jahr 2007 endete noch mit ungebremstem Optimismus und hohen Gewinnen. Kein Wunder, wenn da die Gewerkschaften die Gunst der Stunde nutzen wollten und acht Prozent mehr forderten. Doch jetzt hat dem Markt die Stunde geschlagen. Die Gewinne von 2007 sind ausgeschüttet, investiert oder zur Seite gelegt, zum Beispiel um die aggressive Leasing-Preise im Nachhinein finanzieren zu können. Besonders in den USA hatte man die Restwerte für zurückgenommene Leasingfahrzeuge viel zu hoch angesetzt. Allein BMW hat für die ersten drei Quartale dieses Jahres dafür rund eine Milliarde Euro zurückgestellt, und es werden mehr.

Gestern war eine Forderung von acht Prozent verständlich. Heute löst sie bei den Experten und erst recht bei den Arbeitgebern der Automobilindustrie Unverständnis aus. Deren amerikanische Kollegen können nun fest mit einem 25-Milliarden-Dollar-Kredit rechnen, und auch Brüssel hat angedeutet, 40 Milliarden Euro Kredite zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit vergeben zu wollen.

Das alles legt den Eindruck nahe, als gebe es keinen Spielraum für einen großen Sprung bei den Einkommen. Doch die Warnstreiks laufen. Die Gewerkschaft will zeitnah entscheiden, ob es zum unbefristeten Streik kommt. Spötter in der Szene lästern, mit einem Streik würde die Gewerkschaft es den Arbeitgebern ersparen, Kurzarbeit anzumelden und Produktionskürzungen aus der Streikkasse finanzieren. Das Arbeitsamt wird es freuen, weil es Kurzarbeitergeld spart. Die Gewerkschaftsmitglieder werden mit der Situation weniger zufrieden sein.

Darin besteht die Tragik der Situation: Gewinne, die man verteilen könnte, gibt es nicht mehr. Außerdem nutzt ein Streik vielen Unternehmen. Sie werden die Gelegenheit nutzen, um die Produktion an die nach unten korrigierte Planung anzupassen. Druck erzeugt ein Streik also längst nicht im selben Maße wie bei früheren Tarifverhandlungen. Das Auto-Management betont immer wieder, diese Forderung passe nicht in diese Zeit. Porsche-Chef Wendelin Wiedeking nutzte jetzt in Berlin die Chance, durch die Blume eine Warnung auszusprechen, die andere schon viel unverblümter verwenden. Er nannte Zeiten der Krise eine gute Gelegenheit, Auswüchse zu korrigieren.

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