Tom Kristensen: Titelgewinn – bevor es zu spät ist

(adrivo.com) Was sind deine Eindrücke vom neuen Audi A4?

Tom Kristensen: Die Tendenz im Winter war immer steigend. Audi Sport und Abt haben gute Arbeit geleistet – wir haben den nötigen Speed in Qualifying und Rennen. Mein Auto wurde relativ spät fertig, es ist mehr oder weniger direkt vom Windkanal auf die Rennstrecke gekommen. Ich habe es erst am zweiten Testtag in Oschersleben zum ersten Mal gesehen. Es ist ein weißes Auto – das finde ich vom Design her sehr schön.

Nur wird es leider sehr schnell dreckig…

Tom Kristensen: Das sieht man nicht von innen. Und wir haben sehr gute "Putzfrauen" unter den Mechanikern – die machen einen guten Job.

Wie unterscheidet sich der aktuelle Bolide vom ersten A4, den du 2004 gefahren bist?

Tom Kristensen: Eigentlich sind sich die beiden Autos im Fahrverhalten sehr ähnlich, aber natürlich ist der neue A4 sowohl auf den Geraden als auch in Kurven deutlich schneller. Unser damaliges Problem war der Topspeed – daran hat Audi in den letzten Jahren sowohl bei der Aerodynamik als auch bei der Motorleistung gearbeitet. Speziell beim aktuellen Auto sieht man, wie radikal es aerodynamisch mit all seinen Flaps designt ist.

Inwiefern spürt man den gewonnenen Abtrieb?

Tom Kristensen: Das merkt man auf jedem Meter, das neue Auto ist besser kontrollierbar. Dass die Front des neuen A4 bedingt durch die neuen Bestimmungen für den Fußgängerschutz etwas höher liegt, war zwar aerodynamisch erst einmal ein Rückschritt. Aber die Ingenieure haben die größere Stirnfläche der Seriensilhouette sehr gut ausgeglichen. Das Auto ist außerdem immer einen Tick leichter als das Maximalgewicht, das im Reglement vorgeschrieben ist – so können wir die Balance mithilfe der Bleigewichte optimieren. Zum einen muss das Auto in seiner Struktur sehr steif sein, zum anderen muss genug Freiraum für die Gewichte vorhanden sein, um das Fahrverhalten auszubalancieren.

2006 warst du ganz vorne dabei…

Tom Kristensen: Ja, damals bin ich leider beim letzten Rennen auf den letzten Meisterschaftsrang zurückgefallen. Aber damals hatten wir noch nicht die Waffen, die wir jetzt haben. So viel steht fest.

Glaubst du, dass du an deine damalige Form anknüpfen und in diesem Jahr deinen ersten Titel gewinnen kannst?

Tom Kristensen: Das kann ich noch nicht beantworten. Viele reden noch über die Nachwirkungen meines Unfalls letztes Jahr in Hockenheim – und diese Nachwirkungen spüre ich immer noch. Ich muss erst einmal ein Rennen gewinnen, um über die Meisterschaft sprechen zu können. Der Titel ist natürlich meine Ambition und mein Traum. Ich bin fit wie eh und je und habe abgenommen.

Inwieweit spürst du noch etwas von den Nachwirkungen?

Tom Kristensen: Ich habe nach wie vor immer wieder mit Kopfschmerzen zu kämpfen, aber die stören zum Glück beim Fahren nicht. Ich weiß damit umzugehen.

Wie hat sich die DTM in den letzten Jahren in sportlicher Hinsicht entwickelt?

Tom Kristensen: Die Leistungsdichte ist in jedem Jahr höher geworden. Wir haben in 2008 ein Kräftemessen von jungen, sehr guten Fahrern. Die Audi-Piloten kann ich natürlich besser einschätzen, aber es gibt generell sehr viele junge Fahrer, die den Killerinstinkt haben, der notwendig ist. Bei unserem Trainingscamp im Winter habe ich noch einmal gesehen, dass meine Kollegen bei Audi die richtige Einstellung haben – ich war beeindruckt. Dass Reglement sorgt mit den Zusatzgewichten dafür, dass das Kräfteverhältnis über das Jahr hinweg sehr ausgeglichen ist.

Siehst du für dich verglichen mit deinen Teamkollegen gewisse Stärken und Vorteile?

Tom Kristensen: Wir sind alle mehr oder weniger auf dem gleichen Level. Aber eigentlich ist es schon ein bisschen unverschämt, dass ich immer als Routinier bezeichnet werde, denn Eki, Martin und Timo gehen schon in ihre achte DTM-Saison, ich in meine fünfte…

Dafür hast du sieben Le-Mans-Siege auf dem Konto.

Tom Kristensen: Das hilft mir hier nicht weiter – schauen wir uns an, wie viele Formel-1-Fahrer es schon gab, die sich in der DTM nicht durchgesetzt haben. Nur weil man älter ist, ist man in der DTM nicht gleich ein Routinier. Ein Routinier ist Bernd Schneider, der noch drei Jahre älter ist als ich, aber auch seit 20 Jahren in der DTM fährt.

Glaubst du, dass Ralf Schumacher den Durchbruch schaffen kann?

Tom Kristensen: Das wird seine Zeit dauern. Er muss Ausdauer beweisen und braucht Hilfe vom Team. Er sollte sich wegen seines Formel-1-typischen Fahrstils nicht zu sehr unter Druck setzen. Wenn man von einem Formel-Auto in die DTM umsteigt, ist es nicht nur wichtig, den Speed zu finden. Jean Alesi, Heinz-Harald Frentzen, Allan McNish, Markus Winkelhock und Mika Häkkinen haben in der DTM ihren Speed gefunden; ab und zu haben Häkkinen und Alesi auch Rennen gewonnen. Aber die Konstanz zu finden, ist noch eine ganz andere Herausforderung.

Wie schwierig war für dich damals die Eingewöhnung in die DTM?

Tom Kristensen: Ich glaube, dass ich nach langen Jahren in Formel-Klassen die Umstellung auf die DTM ganz gut geschafft habe, aber mir fehlen noch einige Siege und die Meisterschaft. Meine letzte Saison hat nicht meine eigentliche Performance gezeigt – damals habe ich allein fürs Team gekämpft. Bevor ich zu alt werde und die DTM verlassen muss, will ich noch an meine 2006er-Saison anknüpfen und den Titel gewinnen.

Was sagst du zu den neuen Regeln?

Tom Kristensen: Ich würde sie sehr positiv bewerten – warten wir ab, wie sie sich auf Dauer bewähren. Die Rennen werden speziell für die Fans nun übersichtlicher und besser. Für unsere Taktiker aber wird es natürlich schwieriger, mit einer extremen Strategie ein misslungenes Qualifying auszugleichen. Das Qualifying wird in dieser Saison noch einmal wichtiger, genauso wie der Sieg über den Teamkollegen. Denn den Zugriff auf den ersten Boxenstopp hat normalerweise derjenige, der gerade vorne liegt.

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