Volkswagen Nutzfahrzeuge im Osten: Erfolgsreise mit Hindernissen

Der Nutzfahrzeugbereich der Volkswagen AG sucht nach neuen Absatzchancen in Osteuropa. Die Entscheidung, den Weg auch für Erdgasfahrzeuge freizumachen, hat mit dem im polnischen Werk Poznan gebauten Caddy Eco Fuel eine neue Variante erhalten. Sie verspricht gerade im Osten Erfolg, weil der Energieträger Gas dort reichlich zur Verfügung steht. Eine über 2 000 Kilometer lange Reise mit diesem umweltfreundlichen Modell entlang der Gas-Pipeline durch Polen, Weißrussland und Russland offenbarte allerdings große Lücken in der Infrastruktur. Zukunft hat das Erdgasauto jedoch durchaus vor dem Hintergrund des von der EU geplanten „Blauen Korridors“ entlang der Pipeline, wenn in der Folge dieses anspruchsvollen Vorhabens zügig das notwendige Tankstellennetz verdichtet wird, und das Erdgas seinen Preisvorsprung vor dem Benzin bewahren kann.
Speziell in Russland will der Automobilhersteller im Bereich der Stadtlieferwagen mit dem Modell Caddy samt der erdgasbetriebenen Variante des Eco Fuel einen Schwerpunkt setzen. Mit einem Netz von 45 Händlern, das sich bislang allerdings auf den östlichen Teil Russlands beschränkt, hat VW im Jahr 2005 ein Absatzvolumen von 1 900 Fahrzeugen und damit hinter den Erstplatzierten Renault und Ford einen Marktanteil von 21 Prozent im Bereich der kleinen Transporter erreicht. Doch schon im diesem Jahr haben die Hannoveraner ihre Wettbewerber überholt und die Marktführung eingenommen. Für 2006 rechnen die Markenmanager mit mindestens 3 000 verkauften Caddys, bei dem die Zuwachsrate auf über 50 Prozent gestiegen ist.
Dem erdgasbetriebenen Caddy wird dabei künftig Priorität eingeräumt, obwohl auch in Russland das Tankstellennetz für CNG-Fahrzeuge (Compressed Natural Gas) bislang noch sehr weitmaschig geknüpft ist. Langfristig können sich für den russischen Markt verantwortliche Nutzfahrzeug-Manager auch ein profitables Flottengeschäft vorstellen. Der Caddy Eco Fuel kostet in Russland 23 110 US-Dollar und ist damit für private Käufer vergleichsweise teuer. Insgesamt wird das derzeitige Volumen von erdgasbetriebenen Fahrzeugen in Russland auf 110 000 Einheiten geschätzt, zum weitaus überwiegenden Teil allerdings leichte und schwere Lastkraftwagen.
VW plant, im 160 Kilometer südöstlich von Moskau entfernten Kaluga ein Werk zu errichten, in dem Modelle der Marken VW und Skoda sowie Teilesätze gefertigt werden sollen. Als erstes Modell wird in der zweiten Jahreshälfte 2007 der Skoda Octavia vom Band rollen. Zunächst ist eine Jahresproduktion von 20 000 Fahrzeugen geplant. Außerdem will der Hersteller ein spezielles, auf die Bedürfnisse des russischen Marktes zugeschnittenes Auto entwickeln, dessen Preis unter 10 000 Euro liegen soll. In dem neuen Werk werden bis 3500 neue Arbeitsplätze geschaffen.
In Polen befinden sich deutsche Manager derweil angesichts der veränderten Situation in der politische Spitze in Habachtstellung. Investoren beobachten die Entwicklung zwar gelassen, doch sehr genau, „um gegebenenfalls schnell reagieren zu können“, erklärt der Hersteller gegenüber dem mid.
Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten gesehen, verträgt das polnische VW-Engagement keinen innenpolitischen Tadel. 5 700 Beschäftigte fertigen vor Ort täglich über 600 Nutzfahrzeuge in 17 Wochenschichten, was praktisch einer Sechs-Tage-Woche entspricht. Werden die 18 Zulieferer hinzugezählt, steigt das Volumen auf etwa 8 500 Menschen, denen der Konzern dort einen Arbeitsplatz bietet.
Damit ist auch VW daran beteiligt, dass die Arbeitslosenquote in Poznan nur bei knapp sechs Prozent liegt, während der Satz im Osten Polens bis zu 30 Prozent erreicht und das Lohnniveau entsprechend mitzieht. Auch im VW-Werk verdient ein Arbeiter am Montageband durchschnittlich nur rund 1 200 Euro im Monat. Doch damit liegt er klar über dem Niveau anderer Branchen. Die Fluktuation ist mit einem Prozent sehr gering. Für die Anschaffung eines Neuwagens reicht das Monatseinkommen freilich so selten, dass erst gar keine Mitarbeiterrabatte eingeräumt werden: “ Die meisten könnten sich das Auto auch dann nicht leisten“, gesteht ein leitender VW-Mitarbeiter.
Der Hersteller und seine Zulieferer haben in Poznan vor allem die Fertigung lohnintensiver Teile konzentriert. Der so genannte „local content“ liegt nach Angaben des Werksmanagements bei 44 Prozent. Das betrifft vor allem einen Vierzylinder-Dieselmotor aus polnischer Fertigung, die Front-Ends von T5 und Caddy sowie das Bordnetz.
Zur Zeit fährt das Werk mit seiner Tagesproduktion von 630 Caddys und 100 T 5 auf der „Kamm-Linie“. Die gesamte Jahreskapazität liegt bei 12 000 Fahrzeugen. Durch eine Optimierung des Fertigungsprozesses soll die Tagesproduktion demnächst nochmals um 20 Fahrzeuge gesteigert werden. Vom Caddy-Modelle des Typs Eco Fuel mit Gasbetrieb werden im Werk Poznan wöchentlich 125 Einheiten gefertigt. Ab Ende September 2006 soll dieser Anteil auf 250 Fahrzeuge verdoppelt werden. Entsprechend wird sich auch die Zahl der mit der Fertigung des Erdgas-Caddy beschäftigten Mitarbeiter von 12 auf 25 erhöhen. Achim Feist/mid
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