In Zeiten der Krise

Autohandel in Zeiten des Virus: Ungewisse Zukunft

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Die neuen Modelle glänzen im Ausstellungsraum, die Prospekte und Preislisten liegen sauber sortiert auf dem Empfangstresen, nur die Kunden fehlen in den Ausstellungsräumen der Autohändler. Seit dem 16. März, als in Berlin die Einschränkungen für den Handel beschlossen wurden, sind die Verkaufsräume der Autohändler gesperrt, nur die Werkstätten dürfen sie offenhalten.

Deutliche Umsatzeinbußen

„Viele Kunden stornieren ihre Termine oder erscheinen erst gar nicht“, berichtet ein Sprecher des Zentralverbands des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK). Eigentlich müssten die Werkstätten jetzt gut ausgebucht sein, um den Reifentausch von Winter auf Sommer vornehmen zu lassen, doch offensichtlich scheuen die Kunden den Gang zur Werkstatt. Einige Händler haben deshalb inzwischen einen kostenlosen Hol- und Bringservice eingerichtet, um die Werkstätten auszulasten. Doch diese Dienstleistung können sich meistens nur die größeren Betriebe leisten.

Deshalb forderte der Verband, die von der Bundesregierung versprochenen Fördermaßnahmen für die in Not geratenen Unternehmen schnell bereitzustellen. Denn schließlich laufen die Kosten für die Betriebe weiter und bei vielen kleinen Betrieben ist die Eigenkapitaldecke schon zu normalen Zeiten sehr kurz genäht. „Die Mittel müssen daher schnell fließen“, so der Verband.

Dramatische Zeiten

In einer Umfrage des ZDK, an der sich 1310 Unternehmen beteiligten, meldeten 80 Prozent der Befragten schon vor dem Verkaufsverbot einen deutlichen Rückgang der Besuche im Autohaus und einen ebenso stark nachlassenden Auftragseingang. Für die Händler geht es unter anderem um handfeste Fragen. Sie wollen wissen, ob die mit den Herstellern vereinbarten Jahresziele angepasst werden und wie mit den Verkaufsprämien verfahren wird. Sie fordern, die Ziele wenigstens für März und April als erfüllt gelten zu lassen. Außerdem „sollten die Abschlagszahlungen für finanzierte Fahrzeuge ausgesetzt und die Laufzeiten für finanzierte Fahrzeuge verlängert werden.“

Die Hersteller und Importeure gehen aktuell auf ihre Partner zu und versuchen, die Härten der Corona-Krise abzumildern. „Die Hersteller und Importeure lassen ihre Partner nicht im Regen stehen“, beobachtet der ZDK. Wie diese Maßnahmen allerdings wirken, wollen die betroffenen Händlerverbände nicht kommentieren. „Bitte haben Sie Verständnis, dass wir uns dazu nicht äußern wollen“, erklären die angefragten Verbände fast einstimmig.

Polizei und Ordnungsamt kontrolliert

Es soll flächendeckend geprüft werden, ob sich die Händler sich an das Verkaufsverbot halten. Das Verbot hat mitunter fast schon absurde Konsequenzen. Die Kunden dürfen zwar die Werkstatt besuchen, doch der angeschlossene Verkaufsraum ist tabu. Und: Ein Ersatzteil darf zwar eingebaut werden, aber nicht für die Selbstmontage verkauft werden.

Um die Betriebe zu unterstützen und gleichzeitig den digitalen Handel zu stärken, haben einige Online-Börsen beschlossen, auf Gebühren zu verzichten. Über die digitalen Plattformen können Autos noch immer abgesetzt werden, und „da sind die Händler inzwischen auch sehr kreativ, um diese Möglichkeit zu nutzen“, beobachtet der ZDK. Dieser Verkaufskanal ist aktuell die einzige Möglichkeit, Automobile zu verkaufen. Dafür nutzen viele Betriebe Bringdienste, die das verkaufte Fahrzeug zum Kunden bringen und den Schlüssel in den Briefkasten werfen.

Digitaler Verkauf als Alternative

Problematisch wird der digitale Verkauf allerdings in dem Moment, wenn eine analoge Probefahrt gewünscht wird. Dann ist Kreativität gefragt, um dem Kunden das Fahrzeug bereitzustellen. Auf jeden Fall, blickt der ZDK in die Zukunft, wird der digitale Absatzkanal nach dem Ende der Corona-Pandemie seinen Anteil weiter ausgeweitet haben.

Das Verkaufsverbot trifft den Handel zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. „Die Unternehmen befinden sich gerade in einem Transformationsprozess zur Elektromobilität und stehen vor hohen Investitionen in die Elektro-Infrastruktur, die zum überwiegenden Teil von den Betrieben gestemmt werden muss“, erklärt der ZDK-Sprecher. Hinzu kommt, dass der Markt bereits vor der Corona-Krise deutlich geschwächelt hat. „Zu Beginn des Jahres haben wir für das Jahr 2020 einen Rückgang von zehn Prozent prognostiziert“, so der ZDK-Sprecher. „Wohin sich der Markt jetzt entwickelt, vermag niemand zu sagen. Wir haben leider keine Glaskugel, mit der wir in die Zukunft blicken können.“ Zumal der Handel aktuell wegen der Werksschließungen und den unterbrochenen Lieferketten gar keine neuen Automobile bekommt.

Weitere Probleme

Weil die meisten Zulassungsstellen wegen Corona geschlossen sind, können sie die bereits verkauften Automobile nicht zulassen und müssen sie auf dem Hof parken, was wiederum die Kundschaft nicht sonderlich erfreut und für den Handel schwerwiegende wirtschaftliche Folgen hat. Denn die Kunden bezahlen den Neuwagen erst nach der Zulassung. Dieser verkaufte, aber noch nicht bezahlte Fahrzeugbestand bindet wiederum überlebenswichtiges Kapital. Wenigstens darf der neue Besitzer, falls der neue Wagen doch irgendwie zugelassen wurde, seinen Kauf abholen.

In Zukunft stehen viele Unternehmen zudem vor einem Teufelskreis. Denn wenn die Produktion in den Werken wieder aufgenommen wird und die Neuwagen an die Betriebe geliefert werden, könnte der Platz dort eng werden, wenn die bisher nicht abgesetzten Modelle noch immer auf den Stellflächen stehen.

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