Ducati 1199 Panigale: Elektronik-Edelrenner

Sie war der unbestrittene Star der Mailänder Motorradmesse EICMA, und selten wurde ein Motorrad mit so viel Spannung erwartet – die Rede ist von der Ducati 1199 Panigale, die dem italienischen Traditionsunternehmen den Aufbruch in ein neues Zeitalter ermöglichen soll. Die 1199 – nach dem Heimatviertel Ducatis in Bologna, Borgo Panigale, benannt – ist auf den ersten Blick eindeutig als Ducati auszumachen, und doch ist hier nichts mehr so wie es war.

In der neuen, extrem schlanken Verkleidung steckt rundum LED-Technik, durch die Verlegung der Schalldämpfer vor das Hinterrad leuchten im Heck Dioden, wo früher die Endtöpfe herauslugten. Für Traditionalisten schwer verdaulich ist die Abkehr vom charakteristischen Gitterrohrrahmen; das Chassis [foto id=“404473″ size=“small“ position=“left“]besteht aus einem Leichtmetall-Monocoque-Rahmen vorn sowie einem Hilfsrahmen hinten, die von der neuen Kraftquelle mittragend verbunden werden.

Antrieb

Dieser Antrieb ist immerhin in der Grundkonfiguration gleich geblieben: Der neue, “Supersquadro“ genannte Motor ist ein 90-Grad-V-Motor mit desmodromischer, also zwangsbetätigten Ventilsteuerung – wie von Ducati gewohnt. Doch damit haben sich die Ähnlichkeiten schon erschöpft: Erstmals treibt eine Zahnkette samt Zwischenzahnrad statt Zahnriemen die Nockenwellen an, riesige 112 Millimeter große Kolben rasen lediglich 60,8 Millimeter in den Laufbuchsen auf und ab und bescheren ein überquadratisches (= supersquadro) Hub-Bohrungsverhältnis. Zahllose technische Kniffe machen den neuen Antrieb gleichzeitig leicht und so stark wie noch nie: Aus 1 198 ccm Hubraum erlöst der V-Zwo mit 143 kW/195 PS die höchste Leistung eines Serien-Zweizylinders überhaupt. Diese wird wahlweise in den Fahrmodi „Race“, „Sport“ (mit sanfterer Gasannahme) und „Wet“ (zusätzliche Reduzierung auf 120 PS) abgegeben. Dazu gibt’s die [foto id=“404474″ size=“small“ position=“right“]bekannt gute achtfach einstellbare Traktionskontrolle und einen Schaltautomaten serienmäßig, mit dem sich ohne Kuppeln bei Vollgas hochschalten lässt.

Sogar so etwas wie Komfort

Beim Aufsitzen macht die Panigale mit ihrer extremen Wespentaille und der Vorderrad-orientierten Gewichtsverteilung von 52 Prozent zu 48 Prozent einen erstaunlich filigranen Eindruck. Dazu bietet die überarbeitete Ergonomie mit höherem wie breiterem Lenker und weiter vorn platziertem Fahrer für Ducati-Verhältnisse sogar so etwas wie Komfort. Nach dem Druck auf den Anlasser brüllt die Panigale vehement und voll aus den beiden Schalldämpfern unterm Motor und macht jedem klar, worum es hier geht – Supersport in seiner reinsten Definition. Verzögerungsfrei reagiert das elektronisch per Ride-by-Wire an den Gasgriff gekoppelte Triebwerk auf jede Handgelenksbewegung, kommt ordentlich, aber nicht überwältigend aus dem Drehzahlkeller. Subjektiv liegt die Panigale hier nicht über der Vorgängerin, der 25 PS schwächeren 1198. Doch ab 7 000 Umdrehungen rast die Balkenanzeige im TFT-Cockpit in Richtung Begrenzer bei 11 500 Touren, rund um die Anzeige beginnt ein Wetterleuchten in Form des heftiger werdenden Schaltblitzes und [foto id=“404475″ size=“small“ position=“left“]die Panigale katapultiert sich samt Fahrer geradewegs vorwärts – so vehement hat noch kein Zweizylinder ab der Mitte zugelegt.

Am Ende der Geraden …

Am Ende der Geraden schlägt die Stunde der neuen Brembo-Monoblockzangen, als Premiere bei Ducati mit einem in drei Stufen regelnden oder ganz abschaltbaren Bosch-ABS versehen. Die Stopper agieren nicht mehr ganz so bissig, dafür mit sensiblem Feedback und großartiger Bremseffektivität. Diese kommt auch durch die unglaubliche Stabilität der Duc selbst bei heftigstem Ankerwerfen zustande. Dafür sorgt zum einen das ABS, das bei heftigen Bremsmanövern einen kleinen Teil der Kraft zusätzlich aufs Hinterrad transferiert, zum anderen implantierten die Ingenieure mit der Electronic Brake Control EBC eine Technik aus der hauseigenen Rennabteilung, die negative Fahrwerkseinflüsse vom Hinterrad eliminiert. Tatsächlich liegt die Panigale selbst im ABS-Regelbereich noch wie ein Brett, doch für versierte Fahrer ist es zunächst [foto id=“404616″ size=“small“ position=“right“]irritierend, wenn das Bike von hinten scheinbar minimal weiter schiebt.

Innovativstes Fahrwerk dieser Zeit

Beim innovativsten Fahrwerk dieser Zeit ist nicht nur das multifunktionale Monocoque neu, das gleichzeitig als Airbox fungiert und die Ansaugtrichter aufnimmt, auch das links liegende Federbein, über das sich die typische Einarmschwinge abstützt, ist eine Neuheit. Dessen Charakteristik kann über zwei verschiedene Anlenkpunkte wahlweise linear – für die Rennstrecke – oder progressiv – bei Soziusbetrieb auf der Straße – gestaltet werden. Dazu sind Gabel wie Federbein natürlich in Dämpfung und Vorspannung komplett einstellbar, doch die Ducati bietet in der vorgestellten 1199 Panigale S noch viel mehr: das elektronisch verstellbare Fahrwerk nämlich, mit dem sich Zug- und Druckstufendämpfung elektronisch justieren lassen. Das feine Ansprechverhalten der Öhlins-Federelemente und die satte Dämpfung sind selbst auf ebenen Strecken gut spürbar. Beeindruckend fällt dagegen das ungewöhnlich spielerische Handling der trocken nur 165 Kilo schweren Ducati aus. Mühelos lässt sie sich in Schräglage bringen und durch die rechtwinkligen Schikanen werfen, eine solche Willfähigkeit hat noch keine Ducati an den Tag gelegt.

Sämtliche elektronischen Helfer von der Traktionskontrolle über das ABS, die EBC und das elektronisch verstellbare Fahrwerk sind individuell in verschiedenen Stufen einstellbar, doch damit es nicht zu [foto id=“404617″ size=“small“ position=“left“]kompliziert wird, sind mit den drei Motor-Fahrmodi Race, Sport und Wet entsprechende Werte automatisch vorgegeben – individuelle Änderungen können zusätzlich abgespeichert werden.

Fazit

Mithin hat die Panigale die Messlatte im Superbike-Bereich enorm hoch gelegt. Und wie es in Bologna so üblich ist, rollt die Ducati ab März in drei Versionen ins Schaufenster: in der Standardversion (19 490 Euro) mit Marzocchi-Gabel, Sachs-Federbein, ABS, Traktionskontrolle, EBC und Schaltautomat; die 24 490 Euro teure S zeigt dagegen einen LED-Hauptscheinwerfer, leichte Schmiederäder und edle Öhlins-Federelemente samt einstellbarem Öhlins-Lenkungsdämpfer sowie das elektronische Fahrwerk DES. Die Panigale Tricolore kostet 28 690 Euro, kommt in den italienischen Nationalfarben und ist zusätzlich mit einem GPS-gestützten Datarecording-System sowie einem Titan-Auspuff von Termignoni ausgerüstet.

Datenblatt Ducati 1199 S

Straßenmotorrad
Antrieb:
 
flüssigkeitsgekühlter 90-Grad-Zweizylinder-Viertakt-V-Motor,
vier Ventile je Zylinder, desmodromisch betätigt
Hubraum: 1098 ccm
Bohrung x Hub: 112 x 60,8 mm
max. Leistung: 143 kW/195 PS bei 10 750 U/min
max. Drehmoment: 132 Nm bei 9 000 U/min
   
elektronische Kraftstoffeinspritzung, geregelter Katalysator, Sechsganggetriebe, Monocoque-Leichtmetallrahmen, Upside-Down-Telegabel, Aluminium-Einarmschwinge mit angelenktem Zentralfederbein, elektronisch verstellbares Fahrwerk, zwei Scheibenbremsen vorn, eine hinten, ABS, Traktionskontrolle
   
Reifen: vorn 120/70 ZR 17, hinten 200/55 ZR 17
Sitzhöhe: 825 mm
Tankinhalt: 17,0 Liter
Leergewicht: 188 kg
   
Preis: ab 19 490 Euro

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