Genf 2012: Fest in deutscher Hand

Ob Drei- oder Zwölfzylinder, dreieinhalb oder fünfeinhalb Meter lang, zehn- oder hunderttausend Euro teuer – auf dem Genfer Autosalon, dem wichtigsten Ereignis der Branche im Frühjahr, treten die deutschen Hersteller überaus selbstbewusst auf. Krise ist für sie kein Thema: Jüngst adelte die Wahl zum „Auto des Jahres“ Produkte „Made in Germany“ mit den Plätzen eins, zwei und drei.

Der 82. Genfer Automobilsalon ist ein Spiegel der ökonomischen Großwetterlage. Portugal, Spanien, Italien und natürlich Griechenland – Krise überall. Deutschland kam bisher ungeschoren davon: Im Februar ließen die Bundesbürger 224 000 neue Autos zu. Nur 0,2 Prozent weniger als im selben Monat 2011. Die [foto id=“408121″ size=“small“ position=“left“]kommenden Monate, so übereinstimmend der Verband der Automobilindustrie (VdA) und der Importeur-Verband VdIK, versprechen einen stabilen Markt. Insgesamt werden in diesem Jahr 3,1 Millionen verkaufte Neuwagen erwartet, ähnlich viele wie 2011.

Der Markt selbst entwickelt sich aber ganz unterschiedlich. Premium-Marken und -Typen legen stetig zu. Vans und SUVs bewegen sich weiter auf der Überholspur. Für Kleinwagen gilt das auch. Die typische Mittelklasse aber verliert an Boden. Marken wie Ford und Opel, die traditionell stark in diesem Segment sind, müssen kämpfen. So auch viele Importeure: Ihr Marktanteil in Deutschland sank in den beiden ersten Monaten des Jahres auf 30 Prozent. Wobei die „Shooting Stars“ Kia und insbesondere Hyundai klassischen Marken wie Citroen, Peugeot, Renault, Fiat besonders zusetzten. Die neue strategische Allianz von Opel und Citroen/Peugeot kommt nicht von ungefähr.

Unter den Herstellern gibt es aber eine Ausnahme: den Volkswagen-Konzern. Seine nunmehr elf Marken sind alle erfolgreich. Der Golf ist seit seinem ersten Auftritt vor fast 40 Jahren Bestseller auf dem deutschen Markt. Polo, Passat, Eos, Touareg, Touran, Tiguan rangieren ganz vorn in ihrer jeweiligen Klasse. Der Transporter ist eine Erfolgsgeschichte für sich. Und der Up räumt gerade bei den Kleinsten ab: Kaum gestartet, ist er auch schon Marktführer. Kein Wunder, dass der Konzern sozusagen die Halle 1 in Genf beherrscht – VW zelebriert einen riesigen Auftritt, umgeben von den schönen Töchtern Audi, Seat, Skoda, geadelt durch Porsche, Bentley, Lamborghini und Bugatti.

Wichtigste Neuheit bei Audi ist der A3. Er verkörpert die Besserverdiener-Ausgabe des Golf. Außen nicht gewachsen, innen durch längeren Radstand deutlich geräumiger ist er bestellbar ab Mai zu Preisen ab 21 600 Euro (als 1.2 TSI mit 77 kW/105 PS). Seat zeigt einen überarbeiteten Ibiza und vor allem den neuen Toledo als Prototyp; zu haben ab Mitte 2013 könnte er einen großen Schritt nach vorn bedeuten. Er ist eine [foto id=“408122″ size=“small“ position=“left“]gut aussehende, geräumige Viereinhalbmeter-Limousine zu einem Preis, der nur wenig über dem des Ibiza liegen soll, so erste Angaben.

Bei Volkswagen schart sich das Publikum vor allem um die putzigen Up-Ableitungen – so um den ‚Winter-Up‘ auf Basis des bereits auf der IAA gezeigten höher gesetzten Cross Up mit Halter für vier Snowboards oder um den x-Up in Gelände-Optik mit Seitenbeplankungen und zwei in die Dachbox eingebauten Suchscheinwerfern. Mehr noch wird der in Genf gezeigte Viertürer den Up-Erfolg beflügeln; einschließlich der Parallel-Modelle Seat Mii und Skoda Citygo.

Unter dem neuen A3 steckt eine neue Plattform, die künftig für alle Klein- und Kompaktmodelle im Konzern größte Bedeutung erlangen wird: der so genannte modulare Querbaukasten. Darunter versteht VW eine Basis, auf die alle kommenden kleineren Modelle zugreifen. Diese Plattform ist freilich so flexibel, dass sie sich in puncto Radstand und Spurbreite variieren lässt. Dazu kommen identische Motoren, Getriebe, Achsen. Diese Entwicklungsstrategie vereinfacht die Produktion. Sie wird einfacher und preiswerter, neue Modelle lassen sich rascher verwirklichen, Nischen füllen.

Porsche, finanziell noch immer nicht ganz verdauter jüngster Konzern-Zugang, feiert den neuen Boxster, Bentley seinen ersten Offroader – mit eigenwilliger, freilich gewöhnungsbedürftiger Front mit Teller-großen Rundscheinwerfern. Bugatti setzt einmal mehr eine Bestmarke: Der neue Vitesse bringt 882 kW/1 200 PS an die (vier angetriebenen) Räder mit 1500 Nm Drehmoment, das auch einen 40-Tonner-Lastzug zügig in Bewegung halten könnte. Die 1 200 Pferde beschleunigen den Zweitonner in 2,6 Sekunden aus dem Stand [foto id=“408123″ size=“small“ position=“left“]auf Tempo 100 und bis auf 410 km/h – und erleichtern das Portemonnaie um 1,5 Millionen Euro. Wobei sich auch Lamborghini in solche preislichen Höhen wagt: Der Aventador J, eine Einzelanfertigung ohne Dach, ging für zwei Millionen an einen Sammler.

BMW bekennt sich noch mehr als bisher zur Leistung: Der Dreiliter-Sechszylinder-Diesel schwingt sich im 550d als Limousine und Kombi mit drei Turboladern zu 280 kW/381 PS und 740 Nm maximalem Drehmoment auf. Das 6er-Coupé erhält ebenfalls den neuen Kraft-Diesel, er wird zudem in einer längeren Version als ‚Gran Coupé‘ aufgelegt.

Mercedes setzt auf Attacke: zum einen mit dem neuen SL mit 225 kW/306 PS und 320 kW/435 PS (in der AMG-Version sogar bis zu 415 kW/564 PS), zum anderen mit der neuen A-Klasse. Sie ist 18 Zentimeter niedriger als der Vorgänger, also viel sportlicher im Auftritt. Die neuen Motoren entsprechen der B-Klasse: Benziner von 90 kW/115 PS bis 155 kW/211 PS, Diesel von 80 kW/109 PS bis 125 kW/170 PS. Alle Motoren verfügen über Start-Stopp-Automatik, als Kraftübertragung stehen neue Sechsgänger und ein Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe zur Wahl. Auch eine AMG-Version mit 257 kW/350 PS ist angedacht.

Opel ist einer der wenigen Hersteller, der Elektrizität für den Antrieb in den Vordergrund stellt – kein Wunder, der Ampera wurde aktuell zum „Auto des Jahres“ gekürt. In Genf steht dazu der Mokka, der neue, 4,28 Meter kurze Mini-SUV, mit dem die Rüsselsheimer fast so etwas wie eine Alleinstellung haben. Basis ist der Corsa.

Ford hält mit dem gleichfalls kompakten B-Max dagegen, seine Basis ist der Fiesta. Besonders bemerkenswert an ihm sind die hinteren Schiebetüren ohne B-Säule und die neuen Dreizylindermotoren. [foto id=“408124″ size=“small“ position=“left“]Damit bei den Kölnern auch die Sinnlichkeit nicht zu kurz kommt, stellen sie den Fiesta ST als sportliches Topmodell der Baureihe neben ihren Kleinen Van. Und auch der überarbeitete Kuga verströmt einen gewissen Lustfaktor.

Glanzlichter bei den Importeuren setzen der neue Peugeot 208, der den 207 ersetzt und wieder an die Glanzzeiten des 205 anknüpfen soll, der überarbeitete Renault Mégane und der neue Volvo V40. Letzterer rühmt sich, der erste Diesel-Hybrid zu sein – wobei auch Peugeot beim 3008 und 508 über diese besonders sparsame (aber auch besonders teure) Technik verfügt. Aus Großbritannien kommen der Jaguar XF als Kombi (‚Sportbrake‘) und das bildschöne Cabrio des Land Rover Evoque.

Auch bei den Japanern gibt es Sportliches zu vermelden. Der Toyota GT 86 erscheint mit Zweiliter-Boxermotor von Subaru (147 kW/200 PS). Subaru selbst installiert diesen Motor auch in das bildschöne neue Sportcoupé BRZ. In die Zukunft weist dazu der Toyota Yards Hybrid.

Nach der Hype im letzten Jahr stehen Hybride und vor allem Elektroantriebe dieses Jahr kaum im Focus. Beide Antriebskonzepte stehen eher verschämt im Hintergrund. Protzige PS-Zahlen wie Bugattis 1200 begeistern das Publikum weit mehr als im letzten Jahr: Um die Stände von Ferrari mit dem neuen F 512berlinetta, Aston Martin (V12 Zagato) und Lambo jedenfalls bildeten sich dichte Trauben.

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