Glosse: Glückwunsch für die Sprache

Stellen Sie sich das einmal vor: Ein Jahr lang umsonst tanken. Ein persönliches Drama wäre das, wenn man nach einem Jahr mit der Zapfpistole in der Hand feststellt, dass alles vergeblich war. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Verlag, der damit zur Zeit im Fernsehen wirbt, viele locken kann, es sei denn, er meint, der Gewinner könne für die Dauer eines Jahres sein Auto immer wieder auftanken – kostenlos und eben nicht umsonst.

Zu einem solchen Gewinn möchte man dann gratulieren. Aber wahrscheinlich wird dem Glücklichen bei der Übergabe der Gutschein mit einem „herzlichem Glückwunsch“ überreicht. Dabei hat er ja gerade großes Glück erfahren. Da muss man ihm ja nicht sofort noch mehr wünschen. Aber gratulieren könnte man ihm.

Sprachliche Ungenauigkeiten greifen leider immer mehr um sich. Auch wir und unsere Autoren sind sicher nicht frei davon, doch selbst uns fällt auf, wie sehr sich manche Autoren von sprachlichen Feinheiten entfernen. So gratuliert in Peking kein Reporter zur Medaille, er spricht einen Glückwunsch aus, dabei kann der Sportler sein Glück in diesem Moment noch nicht einmal in Worte fassen.

Bei anderer Gelegenheit beim Umgang mit Medien fällt auf, dass selbst seriöse Institute wie die Deutsche Presseagentur offenbar bewusst Grammatik schlabbern. Seit Jahren haben sie die Vorvergangenheit umgebracht und können sich maximal bis zum Perfekt, aber nicht zum Plusquamperfekt durchringen. Das Sortieren der Ereignisse nach ihrem zeitlichen Ablauf und damit die Darstellung von Zusammenhängen bleiben so in Nachrichten auf der Strecke.

Dafür haben dieselbe Agentur in Verbindung mit vielen Freiwilligen einen neuen Menschen erschaffen: die Rettungskraft. Da vernimmt man in den Nachrichten erstaunt, dass 120 Rettungskräfte eingesetzt worden seien. Früher war der Begriff „Rettungskräfte“ einer, der als Summe alle Feuerwehrleute, Sanitäter, Notärzte, Helfer des THW und was sonst noch am Ort des Geschehens war umfasste, einerlei wie viele Helfer dort waren. Hieß das nicht einmal Pluraletantum?

Sollte es Todesopfer gegeben haben, werden die heute nicht mehr „übergeführt“ sondern nur noch „überführt“. Dieses Wort beschreibt hervorragend die Arbeit der Polizei und auch die eines Überführungsfahrers, aber eben nicht den Vorgang des Transports eines Gestorbenen.

Vorschnell ist die Jugend mit dem Wort. Was soll’s. Schließlich läuft gerade die Olympiade – oder waren es die „olympischen Spiele“? Bevor mich nun jemand als lernunwilligen Oldie outet, flüchte ich doch lieber für den Rest des Textes in deutsche Anglizismen, werfe mein Handy in den Bodybag und begebe mich zum Public Viewing, wohl wissend, dass diese Begriffe nur in Deutschland verstanden werden, weil sie hier erfunden wurden.

Ein Handy ist eben kein Mobiltelefon, sondern eine Einkaufstüte oder ein Kompliment für eine „pflegeleichte“ Person. Der Bodybag ist der Leichensack, wie ihn die Armeen dieser Welt mit sich tragen. Und das Public Viewing passt dazu. So nennt man das öffentliche Aufbahren einer Leiche.

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