Kommentar: Kirchturmperspektive

Aus der hannoverschen Kirchturmperspektive ist die Sache klar: Warum auch wollte der namenlose und kleinere Nadellagerhersteller den Globalplayer Continental schlucken? Wenn er sich jetzt verschluckt, ist das doch nicht Problem der Conti. Und schon gar nicht ist das ein Problem des Steuerzahlers, wenn sich ein Unternehmer verhebt. Soll sich Frau Schaeffler doch wieder aus Hannover verabschieden, oder?

Schaefflers Attacke kam unerwartet und traf bei der Continental zunächst auf ungläubiges Staunen – wegen der Frechheit des Vorgangs. Vorstandsvorsitzender Manfred Wennemer war, seinem Verständnis von einem „ehrbarem Kaufmann“ folgend, sofort auf Konfrontation gebürstet und musste deswegen das Unternehmen verlassen, nicht ohne vorher noch im Sinne seiner Aktionäre einen Preis von 75 Euro pro Aktie ausgehandelt zu haben.

Im Nachhinein ist auch Schaeffler klüger und weiß, dass der einzige Fehler darin bestand, einen Angebotspreis von 75 Euro akzeptiert zu haben. Denn nach der Unterschrift kam aus Hannover die erste Gewinnwarnung. Conti hatte mit den zehn Milliarden einen zu hohen Kaufpreis für Siemens VDO gezahlt. Jetzt waren Abschreibungen nötig. Die Enttäuschung an der Börse war groß, obwohl die an die 75 Euro nie geglaubt hatte, sondern für zu hoch gegriffen hielt. Dann gingen auch demonstrativ laut gefeierte Projekte, wie die Lithiumionen-Batteriefertigung, nicht voran, und der Finanzvorstand sprach von Kapitalerhöhung.

Diesen Teil des Verlusts an Unternehmenswert hat Continentals Management zu vertreten. Für die Automobilkrise können die Hannoveraner allerdings nichts. Fakt aber ist, dass der Aktienpreis bei der Continental AG heute mit knapp über 14 Euro und gar nicht positiven Empfehlungen bei gerade noch einem Fünftel der 75 Euro liegt. Schaeffler musste aber für die rund 90 Prozent der Anteile, die dem Unternehmen angeboten wurden, in der Regel 75 Euro zahlen. Das schafft die aktuellen Finanzierungsprobleme.

Für die Autokrise können weder Continental noch Schaeffler verantwortlich gemacht werden. Aber beide Unternehmen für sich und nun auch beide gemeinsam müssen die Suppe auslöffeln. Das ist bei der Unternehmensfinanzierung die Aufgabe der verantwortlichen Fachleute. Wenn dazu die Hilfe der beiden Bundesländer oder des Bundes notwendig ist, dann bitte. Die beiden Unternehmen müssen sich jetzt gemeinsam um die Zukunft kümmern. Beide haben mit dem Gegeneinander der Vergangenheit schon viel zu viel der Zeit verloren, die in diesen Krisentagen so wichtig ist, wenn man hinterher stärker als vorher sein will.

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