Schlagloch-Plage: Wie Autofahrer sich selbst helfen

Schlaglöcher und kein Ende: Schäden im Fahrbahnbelag säumen derzeit die Wege der deutschen Autofahrer. Rund 40 Prozent der 650 000 deutschen Straßenkilometer sind nach Schätzungen von Experten schwer beschädigt – so viel wie nie zuvor. Oft, so bemängeln Automobilclubs, wird seitens der Behörden nach dem Prinzip „von der Hand in Mund“ agiert. „Stückwerk statt Sanierung“ lautet das Motto. Dies führt mittelfristig nicht nur zu irreparablen Schäden im Asphalt, sondern auch zu immer größeren Löchern in den öffentlichen Haushalten. Dabei ließe sich mit einer systematischen Überprüfung des Straßenzustands eine Menge Geld sparen.

Das technische Know-how dazu liefern Prüfinstitutionen wie der TÜV Rheinland. Prüffahrzeuge, die mit High-Tech-Messwerkzeugen wie stereoskopischen Frontkameras und Lasersensoren ausgestattet sind, erledigen das. Sie lassen eine exakte Bestandsaufnahme per Laptop [foto id=“343263″ size=“small“ position=“left“]sowie die Bewertung und Kartografierung der Schäden zu. Mit diesen Daten, so Diplom-Ingenieurin Barbara Koch, Projektleiterin Verkehrswegebau beim TÜV Rheinland, könnten verlässliche Informationen über Zustand und Restnutzungsdauer des untersuchten Streckenabschnitts gewonnen werden. „Damit lassen sich Erhaltungsmaßnahmen zielgerecht und wirtschaftlich optimiert planen“, so die Expertin. Oft aber fehlt den Verantwortlichen bei Stadt, Land und Bund schlichtweg der tiefere Einblick in den ihnen zur Pflege übertragenen Straßenbelag.

Dieser besteht in der Regel aus einer Deck- und mehreren Tragschichten. Deswegen ist die Analyse des Unterbaus auch so wichtig. Legt man rechtzeitig Hand an, ist mit denselben finanziellen Mitteln ein viel langlebigerer Belag zu erreichen. In dasselbe Horn stößt auch Hans-Hartwig Loewenstein, Präsident des Zentralverbandes des deutschen Baugewerbes. Zwar habe Bundesverkehrsminister Ramsauer kürzlich erst medienwirksam 2,2 Milliarden Euro „Soforthilfe“ gegen die Winterschäden versprochen. Dies seien jedoch nur 0,2 Milliarden Euro mehr als im Bundeshaushalt 2010 vorgesehen. In den Städten sehe es nicht besser aus. Im Gegenteil: Zwar seien 778 Millionen Euro an Bundesmitteln für den kommunalen Straßenbau vorgesehen. „Nach Einschätzung der Abteilungsleiter Verkehr und Straßenbau der Länder wären aber 1,22 Milliarden Euro pro Jahr erforderlich“, rechnet Loewenstein vor.

Doch nicht nur der Tiefbau-Unternehmerverband macht sich – aus naheliegenden Gründen – für die fachgerechte Ausbesserung der Schlaglöcher stark. Vielerorts greifen Bürger laut Medienberichten inzwischen zur Selbsthilfe. Im niederrheinischen Mönchengladbach etwa werden Schlaglochpatenschaften angeboten, bei denen Bürger gegen eine kleine Geldspende für die Füllung der Löcher aufkommen. Im Gegenzug erinnern kleine Metallplättchen an die edlen Asphaltspender. Im baden-württembergischen Eppelheim sind die versponserten Füllungen bereits „ausverkauft“.

Aber nicht überall sind Autofahrer bereit, für einen intakten Fahrbahnbelag tief in die eigene Tasche zu greifen. Bestes Beispiel: das 400 Seelen-Dorf Hosenfeld-Schletzenhausen nahe Fulda. Dort hatte die chronisch „klamme“ Gemeinde versucht, die Anwohner bei der [foto id=“343264″ size=“small“ position=“right“]Kostenübernahme ins Boot zu holen. Mit Eigenanteilen von bis zu 80 000 Euro pro Hausbesitzer sollten sie sich laut einer ZDF-Reportage bei der 1,2 Millionen teuren Sanierung beteiligen. Die Bürger wehrten sich, feierten „Schlagloch-Parties“ und gaben zu guter Letzt ein eigenes Gutachten in Auftrag.

Dieses ist zu dem Ergebnis gekommen, dass bereits eine Erneuerung der oberen Deckschicht mit einer Fräsmaschine völlig ausreichen würde. Der zuständige Bürgermeister bestand jedoch auf eine Komplettsanierung „seiner“ Straße. Am Ende griffen die pfiffigen Hessen selbst zu Schubkarre, Teer und Rüttler, um wenigstens die ärgsten Löcher im Fahrbahnbelag zu flicken. Ein Beispiel, das hoffentlich nicht bundesweit Schule macht. Auch wenn die nackten Zahlen der Schlagloch-Statistik anderes vermuten lassen.

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