Tachofälscher weiter aktiv

Der Schaden durch Manipulationen am Pkw-Tacho geht jährlich in die Milliarden. Zwar hat der Bund kürzlich eine Gesetzeslücke geschlossen, wonach der Dreh am Kilometerzähler nicht verboten war, der Verkauf eines solchen Fahrzeugs aber schon; mittlerweile ist beides strafbar. Doch das Grundproblem bleibt: Ob am Tacho manipuliert wurde, ist selbst von Experten schwer festzustellen, viel weniger also vom ahnungslosen Gebrauchtwagenkäufer.
Nach Schätzungen der Dekra hat jeder dritte Gebrauchtwagen in Deutschland einen fingierten Kilometerstand. Mit einem kurzen Dreh am Zähler lassen sich häufig Wertsteigerungen von 1 000 Euro und mehr erzielen; schließlich ist die Laufleistung eines der wichtigsten Kriterien bei der Bewertung eines gebrauchten Fahrzeugs. Geschädigt werden aber auch Leasingfirmen und Versicherungen, wenn der Fahrer mit der Manipulation versucht, ein Auto unter die vereinbarte Laufleistung zu drücken.
Die technischen Hürden sind inzwischen bei modernen elektronischen Zählern sogar geringer als bei alten analogen Tachos. Das Manipulationsgerät wird an die genormte OBD-Schnittstelle des Fahrzeugs angeschlossen, über die Werkstätten normalerweise Steuergeräte auslesen, und der gewünschte Tachostand wird eingetippt. „In drei Minuten ist die Sache erledigt“, sagt ADAC-Technikexperte Arnulf Thiemel.
Seit dem Verbot der Manipulationen werden solche Justierungen zwar nicht mehr allzu offen angeboten, lassen sich mit ein bisschen Mühe aber weiterhin finden, manche Anbieter sind wohl auch ins benachbarte Ausland abgewandert. „Die Szene ist noch längst nicht trockengelegt“, glaubt Thiemel. Die Manipulationsgeräte kosten um die 10 000 Euro; kaum vorstellbar also, dass die Fälscher die teuer angeschafften Computer seit der Gesetzesverschärfung nicht mehr benutzen.
Manipulationssichere Kilometerzähler sind vorerst nicht zu erwarten. Dabei bietet nach Auffassung von Software-Experten vor allem die bei Steuergeräten benutzte Soft- und Hardware noch viel Raum für Verbesserungen und könnte mit vergleichsweise geringem Aufwand zuverlässiger vor Zugriffen geschützt werden. Absolute Sicherheit wird es zwar wohl kaum geben, doch wenn der technische und finanzielle Aufwand steigt, sinken der Gewinn des Fälschers und der Nutzen für den Auftraggeber.
Um einigermaßen sicherzugehen, dass der angezeigte Tachostand der tatsächlichen Laufleistung entspricht, sollten Gebrauchtwagenkäufer Wertstattrechnungen und das Serviceheft des Fahrzeugs prüfen und nachsehen, ob eingetragene Wartungstermine und der jeweilige Zählerstand plausibel sind. ADAC-Experte Thiemel rät auch, bei Vorbesitzern oder der Werkstatt anzurufen, um diese Punkte zu klären. Generell sei eine gesunde Skepsis gegenüber Schnäppchen geboten, die allzu stark von den üblichen Schwacke- und DAT-Gebrauchtwagenpreisen abweichen: Die Gefahr, dass hier am Zähler gedreht wurde, ist relativ groß.
Mehr Schutz als bislang will als einziger Autohersteller nun Mazda bieten. Beim „Digitalen Service Nachweis“, der bei den Modellen Mazda5 und MX-5 eingeführt worden ist und auf weitere Mazda-Modelle ausgeweitet werden soll, werden alle Wartungsarbeiten und der jeweilige Kilometerstand nicht mehr in einem leicht zu fälschenden Papier-Scheckheft, sondern in einer zentralen und geschützten Datenbank gespeichert. Auf diese Weise sollen Manipulationen an der „Service-Geschichte“ ausgeschlossen werden. Der Kunde erhält nach dem Werkstattbesuch einen Ausdruck für seine Unterlagen. Besteht für ein solcherart dokumentiertes Fahrzeug Kaufinteresse, können Verkäufer und Interessent gemeinsam bei einem autorisierten Händler Einblick in gespeicherten Daten bekommen.
Die lückenlose Dokumentation soll auch den Wiederverkaufswert des Fahrzeugs steigern und das Risiko von Tachomanipulationen minimieren. Ganz ausgeschlossen werden sie aber auch hier nicht; innerhalb der Wartungsintervalle bleibt der Dreh am Zähler weiterhin möglich. Ungereimtheiten jedoch, so hofft Mazda, fallen schneller auf. Michael Hoffmann/mid
mid

UNSERE TOP-ANGEBOTE FÜR SIE

MEHR ERFAHREN AUS DEM BEREICH NEWS

Eine Frage von Belang: Reisemobil kaufen oder mieten?

Eine Frage von Belang: Reisemobil kaufen oder mieten?

Nissan Qashqai: Neue Optik für den Crossover

Nissan Qashqai: Neue Optik für den Crossover

Alfa Romeo Junior zeigt sich erstmals öffentlich – in Mailand

Alfa Romeo Junior zeigt sich erstmals öffentlich – in Mailand

zoom_photo