Unkoordinierte E-Mobilität: Elektrisiert sich jeder selbst?

Täglich gehen uns – wie anderen Reaktionen auch – unzählige Presseinformationen zu; meist per E-Mail. Groß ist inzwischen der Anteil von Meldungen, die sich direkt oder indirekt um die Elektromobilität drehen.

„elektro:mobilia“

Eine E-Mail, die dieser Tage eintraf, bezog sich auf das 2. Kompetenztreffen Elektromobilität des Zentralverbandes Elektrotechnik und Elektroindustrie (ZVEI), das Anfang März in Köln stattfand. Erstmals begleitete das Treffen eine Ausstellung, die „elektro:mobilia“, organisiert von der Koelnmesse.

Dass – wie es in der Mitteilung heißt – „über 300 Experten und Entscheider aus der Politik, der Automobil-, Energie- sowie Elektro- und Elektronikindustrie und dem Umweltschutz informierten“ und über den Entwicklungsstand und die Perspektiven einer zukunftsgerechten Elektromobilität diskutiert wurde, ist eine Botschaft, die wir gern weiterreichen; ebenso die Mitteilung, dass auf der Fachausstellung „elektro:mobilia“ 25 Unternehmen ihr Leistungsportfolio aus den Bereichen Infrastruktur, technische Komponenten, Elektrofahrzeuge und Dienstleistungen präsentierten.

Der Geschäftsführer der Koelnmesse, Oliver P. Kuhrt, urteilte: „Kongress und elektro:mobilia fördern den interdisziplinären Dialog und vernetzen die vielfältigen Aktivitäten in Politik, Industrie und Interessenvertretungen hin zu einem neuen Verständnis von Mobilität.“ Und der Vorsitzende der ZVEI-Geschäftsführung, Dr. Klaus Mittelbach, sieht in der Elektromobilität „eine riesige Chance für das Industrieland Deutschland“. Aufgabe von Politik und Wirtschaft sei es jetzt, diese Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts Hand in Hand voranzubringen. Genau diesen Tenor hatte auch die Rede des Staatssekretärs im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Rainer Bomba, in der es hieß: „Elektromobilität kann für unser Land ein großartiger Erfolg werden. Voraussetzung dafür ist, dass Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Verbände gemeinsam an einem Strang ziehen, denn der internationale Wettbewerb ist hoch.“

An einem Strang ziehen! Wie wahr! Die Gegebenheiten aber machen eher den Eindruck, als entwickele jeder, den das E-Thema elektrisiert, vor allem Ehrgeiz, die ganz eigene Kompetenz ins Licht zu rücken. Bei Journalisten, die die reichlich anstehenden Veranstaltungen mit diesen oder jenen Mobilitätspartnern wahrnehmen, melden sich Zweifel, ob bisher wirklich schon an dem sprichwörtlichen einen Strang gezogen wird. Man hat durchaus nicht den Eindruck, dass das Ganze koordiniert abläuft.

Immerhin – es gibt Lichtblicke. Weil für die Einführung von Elektrofahrzeugen die Normung und Standardisierung einzelner Komponenten wichtig ist, wurde von der Deutschen Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (DKE) gemeinsam mit dem VDA-Normenausschuss Automobil das Lenkungsgremium E-Mobility zur Koordinierung von Aktivitäten gegründet. Bereits geeinigt haben sich die involvierten Branchen auf einen standardisierten Stecker, über den die Batterien von E-Fahrzeugen am Stromnetz aufgeladen werden können. Vereinheitlichen will man auch die Antriebsbatterien für Hybrid– und Elektrofahrzeuge. Um internationale Normungen will sich der Lenkungskreis bemühen, um nationalen Insellösungen zu begegnen, die eine internationale und vor allem kostengünstige Einführung der Elektromobilität behindern und zu neuen Handelshemmnissen führen würden.

An Bekenntnissen zur E-Mobilität ist kein Mangel. Die Elektrotechnik- und Elektronikindustrie stehe „mit ihren Kernkompetenzen bereit, damit die Elektromobilität ihren Siegeszug aus Deutschland heraus antritt“, formulierte etwa der Chef des Zentralverbandes Elektrotechnik und Elektroindustrie, Dr. Mittelbach. Und Christa Thoben, Ministerin für Wirtschaft, Mittelstand und Energie von Nordrhein-Westfalen, die das 2. Kompetenztreffen Elektromobilität eröffnet hatte, sieht schon „neue Automobilhersteller und -zulieferer“, die sich in ihrem Bundesland ansiedeln und in NRW die Elektromobilität voranbringen sollen, „um den stattfindenden Marktumbruch als Chance für die Wertschöpfung des Industriestandortes Nordrhein-Westfalen zu nutzen“. Nach Vorstellung der Ministerin sollen in NRW bis 2020 mindestens 250.000 Elektrofahrzeuge fahren.

Solche in Zahlen gefasste Erwartung mit Blick auf 2020 sagt nichts über die Gene jener Elektrofahrzeuge aus, die in zehn Jahren unterwegs sein sollen. Orientiert NRW auf halbelektrische Pkws, also solche mit einem wie auch immer gearteten Hybridantrieb, oder rein batteriebetriebene Autos mit begrenztem Aktionsradius? – Falls aber auch an Brennstoffzellenfahrzeuge gedacht wird, erführe man doch gern, wie die dafür notwendige Infrastruktur aussehen soll. In Deutschland sind Wasserstoff-Tankstellen bislang an zwei Händen abzuzählen.

Trotz vieler Reden im Lande zum Thema Elektromobilität in Deutschland – ausnahmslos in optimistischer Tonlage vorgetragen – hält sich Zweifel, ob die zahlreichen bundesweiten Aktivitäten inzwischen tatsächlich so gebündelt werden, dass die unternommenen Anstrengungen größten Nutzen bringen.

Übrigens: Einigermaßen überrascht, dass sich nach der Vorstellung von NRW-Ministerin Thoben „neue Automobilhersteller“ in Nordrhein-Westfalen ansiedeln sollen. Gibt es konkrete Bewerbungen aus dem Ausland? – Naheliegend wäre, auf chinesische Absender zu tippen. Bestätigen will das niemand.

Vorgestellt wurde anlässlich des Kölner Kompetenzkongresses der Feldversuch „ColognEmobil“, den die Stadt Köln – unterstützt von den Industriepartnern Ford und RheinEnergie AG – zusammen mit der Universität Duisburg/Essen startete. Ziel der Kooperation soll sein, die Elektromobilität auf Basis batteriebetriebener Fahrzeuge weiter zu erproben. Im Fokus stehe dabei zunächst „die City-Logistik auf Basis batterieelektrisch betriebener Ford Transit-Fahrzeuge“.

Ein nächstes Kompetenztreffen „Elektromobilität“ samt Fachausstellung „elektro:mobilia“ ist auch 2011 wieder in Köln vorgesehen (23./24.Februar). Die Koelnmesse will die Fachausstellung ausbauen und für weitere Zielgruppen öffnen. Prinzipiell Gleiches hat Berlin auf dem Areal des stillgelegten Flughafens Tempelhof vor. Auch dort fand eine erste Veranstaltung zum Thema Elektromobilität statt, weitere sollen folgen. Vermutlich gibt es ähnliche Vorhaben auch andernorts. Mit der Elektromobilität befassen sich Strategiekreise und zielgerichtete Partnerschaften. Von einer überzeugenden effektiven Bündelung deutschlandweiter Kompetenzen und Aktivitäten kann bislang aber wohl nicht die Rede sein.

Nach dem Willen der Bundesregierung soll Deutschland immerhin „Leitmarkt für Elektromobilität“ werden. Offensichtlich hat die Gemeinsame Geschäftsstelle Elektromobilität der Bundesregierung (GGEMO) im Bundeswirtschaftsministerium in Sachen Koordinierung noch viel zu tun.

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März 9, 2010 um 11:23 pm Uhr

Das Hauptproblem für eine ernst zu nehmende Akzeptanz der Elektroautos sind die immer noch nicht lieferbaren Akkus mit ausreichenden Kapazitäten, bezahlbaren Preisen und bundesweite Lademöglichkeiten. Letzteres dürfte wohl ein bis jetzt noch nicht ausreichend durchdachtes Problem sein. Zum heutigen Zeitpunkt können sie in extrem kurzer Zeit die Energie für eine ausreichende Entfernung in Form von flüssigem Treibstoff beim riesigen deutschen Tankstellennetz erhalten. Beim Elektroantrieb sieht das anders aus. Selbst bei allen neuen zur Zeit entwickelten Akkus ist zwar eine theoretische Ladezeit von 10 Minuten möglich. Diese brutale Ladetechnik ruiniert allerdings bei häufiger Anwendung die Sekundärzellen absolut gründlich. Wer kann es sich leisten, einen Akkublock von 15000 Euro jedes halbe Jahr zu erneuern? Und dann die praktische Umsetzung an einer mittelgroßen Tankstelle! Bei einem Ladestop von – sagen wir 30 Minuten – sammeln sich zum Beispiel an besagter Tankstelle 200 Autos an. Jedes tankt nun etwa 150 Kwh. Das entspricht bei einer Spannung von z.B. 48 Volt einem Ladestrom von 6250 Ampere, wenn in 30 Minuten die Batterien voll sein sollen. Das multipliziert mit 200 Fahrzeugen erfordert eine Gleichstrom-Ladestation mit 1,25 Megaampere. Diese Tankstellen müßten also einen eigenen Transformator haben und aus dem 5KV Mittelspannungsnetz gespeist werden. Wie soll das funktionieren? Wolli

Gast auto.de

März 8, 2010 um 5:50 pm Uhr

Die Entwicklung und Vorstellung von Elektrofahrzeugen geht in die falsche Richtung und das nur, um davon abzulenken, dass man eigentlich noch nicht so weit ist, um praxisgerechte E-Fahrzeuge herzustellen. Wem nützt ein "Sportwagen" der 200 km/h fährt und nach 10 km für 8 Stunden ans Netz muss. Der einzige zum heutigen Zeitpunkt praktikable Antrieb ist der, welcher zusätzlich einen "Hilfsmotor" zur Ladung der Akkus hat und das in Stadtautos oder Kleintransporter.

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