Mercedes-Benz

„Blitzen-Benz“ und „Chitty Chitty Bang Bang“: Brooklands – die Mutter aller Rennstrecken

Brooklands – Er ist so etwas wie ein heiliger Ort, zumindest für Rennsport-Enthusiasten. Die nennen ihn tatsächlich in einem Atemzug etwa mit Monza oder dem Nürburgring. „Die älteste, ausschließlich für Wettbewerbe erbaute Rennstrecke der Welt gilt als Wiege des britischen Motorsports und genoss in den 1920er- und 1930er-Jahren den Ruf eines Ascot für Autorennen“, sagt Mercedes-Großbritannien-Chef Wilfried Steffen und fügt vor der Vorstellung der neuen CL-Generation hinzu, dass das Hiphspeed-Oval in Weybridge, 30 Kilometer südwestlich von London, ebenfalls Wiege der britischen Luftfahrt gewesen sei.

Museum und Mercedes-Welt

Wir sind in Brooklands. Die Schwaben haben hier 2006 ihre Mercedes-Benz-World eröffnet und im vergangenen Jahr dort bereits ihren 1 000 000. Besucher gezählt. Mehr als 150 000 waren auf der 2,5 Kilometer langen Handling-Strecke gleich vor den Toren der Niederlassung unterwegs. Brooklands war weltweit zudem der erste Driving-Academy-Standort der Stuttgarter. Seit März gibt es zusätzlich ein Hotel, betrieben von der Hilwood-[foto id=“308931″ size=“small“ position=“right“][foto id=“308932″ size=“small“ position=“right“]Resorts-Gruppe. Für Rennsport-Begeisterte lohnt der Gang ins Brooklands Museum.

Lord Robert gibt den Namen

Soweit die Gegenwart. Und die Vergangenheit? „Brooklands verdankt seine Entstehung eigentlich Hugh Fortescue Locke-King“, sagt Steffens. Der Großgrundbesitzer kehrte demnach 1906 von einer Europa-Reise mit dem Plan zurück, in Großbritannien eine permanente Renn- und Teststrecke zu etablieren, nicht zuletzt ebenfalls, um die heimische Automobilindustrie im Wettbewerb mit den kontinentalen Herstellern zu stärken. „In nur neun Monaten ließ er den 5,32 Kilometer langen Ovalkurs mit zwei überhöhten Kurven aus dem Boden stampfen“, erzählt der Mercedes-Mann. „Zu der Anlage zählten ferner Tribünen mit 5000 Sitz- und geschätzten 250 000 Stehplätzen im Infield.“ Und der Name „Brooklands“? Den, so Steffens, erhielt die Strecke vom früheren, seit 1830 der Familie Locke-King gehörenden Besitz Lords Robert de Brocks.

Durchschnittstempo wird nur vermutet

6. Juli 1907. Der Rundkurs wird mit einem Rennen um die „Gottlieb Daimler Memorial Plate“ eröffnet. Gleich im nächsten um den Montague Cup über 48 Kilometer feiern die Schwaben mit ihrem 120-PS-Mercedes einen Doppelsieg, der erste von vielen Triumphen von Mercedes und Benz in Brooklands. Eine offizielle Zeitnahme gibt [foto id=“308933″ size=“small“ position=“left“]es nicht, vermutet wird eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 132 Stundenkilometern.

Wie Jockeys in farbigen Rennjacken

„Auch sonst“, betont Steffens, „herrscht damals auf den Rennstrecken fröhliche Improvisation.“ So hätten die Fahrer wie Jockeys farbige Rennjacken getragen, um sich voneinander zu unterscheiden. Um mehr Klarheit in das Geschehen zu bringen, fasst die Rennleitung bereits im August 1907 einen historischen Beschluss: Sie führt Startnummern für die Rennwagen ein. Noch während der ersten Saison startet außerdem die offizielle Zeitmessung. Dazu sind spezielle Geräte entwickelt und immer weiter verbessert worden. Bereits zwei Jahre später ist erstmals die Zeitnahme mit drei Stellen hinter dem Komma möglich.

Weiter auf Seite 2: Magische 200er-Grenze; Gefährliches Gefährt; Inspiration für James Bond Autor

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Magische 200er-Grenze wird durchbrochen

Für Fahrzeuge wie den „Blitzen-Benz“ mit 200 PS scheint Brooklands wie gemacht: Werksfahrer Victor Hémery präsentiert den Wagen am 8. November 1909, stellt gleich einen neuen Landgeschwindigkeitsrekord auf. „Mit fliegendem Start“, so Steffens, „erreicht er über eine halbe Meile ein Durchschnittstempo von 205,666 Stundenkilometern und durchbricht damit erstmals in Europa die magische 200er-Marke.“[foto id=“308935″ size=“small“ position=“right“]

Ganz besonderes gräfliches Gefährt

In den Folgejahren etabliert sich Brooklands mit einer Vielzahl von Rennen und Rekordfahrten als eine der wichtigsten Rennstrecken in Europa. Der Erste Weltkrieg setzte dem ein Ende. Das Gelände, auf dem 1907 Alliot Verdon Roe die ersten Versuche mit seinen Flugmaschinen unternimmt und 1910 eine Flugschule öffnet, wird jetzt für die Herstellung und Erprobung von Flugzeugen genutzt. 1915 nimmt Vickers ein großes Werk in Brooklands in Betrieb. Ab 1920 röhren in Weybridge wieder Rennwagen. „Zu Berühmtheit gelangt 1921 ein ganz besonderes Fahrzeug“, geht Steffens weiter auf die Geschichte ein: Graf Louis Vorow Zborowski bringt den „Chitty Chitty Bang Bang“ nach Brooklands.

Inspiration für James-Bond-Autor

Auf ein Mercedes-Vorkriegschassis hat der Blaublüter einen Maybach-Flugmotor mit rund 23 Liter Hubraum montieren lassen, der dank 301 PS 1922 einen Rundenschnitt von 182,58 Stundenkilometern erreicht. Der [foto id=“308936″ size=“small“ position=“left“]Rennwagen inspiriert sogar James-Bond-Autor Ian Fleming zu einem Kinderbuch, in dem es um ein „Wunderauto“ geht, dessen Name lautmalerisch die zwei ersten Startgeräusche des Wagens wiedergibt, nämlich das Anlassergeräusch („Chitty, Chitty“) und zwei kleine Fehlzündungen („Bang! Bang!“). Der Roman ist 1968 übrigens in einer Musical-Verfilmung adaptiert worden. Was bleibt, sind beeindruckende Zeitspuren Ende der 1920er-, Anfang der 1930er-Jahre neigt sich in Europa die Zeit der Rennovale ihrem Ende zu. Als Antwort auf die Konkurrenz modernerer Rennstrecken entsteht 1937 im Inneren der Kreisbahn ein kurvenreicher Kurs. Brooklands ist jedoch nur noch eine kurze Blüte beschieden. Am 7. August 1939 findet das letzte Rennen statt. Einen Monat später liegt die Welt im Krieg. Die Flugzeughersteller Vickers-Armstrong und Hawker nutzen allein das Gelände. Um die Produktion auszuweiten, errichten sie auf den Geraden Hangars, durchbrechen die Steilkurven für Zufahrtsstraßen sowie die Verlängerung der Start- und Landebahn. Für die Rennstrecke bedeutet das das Aus. „Was bleibt“, so Wilfried Steffens, „sind beeindruckende Zeitspuren und eine Legende.“

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