Bentley der Queen

Der Bentley der Queen: Leder nur für den Kutscher

Der Bentley der Queen: Leder nur für den Kutscher Bilder

Copyright: Auto-Medienportal.Net/Axel Busse

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Die Monarchen des Vereinigten Königreichs sind so, wie Autohersteller sie sich wünschen – loyale Kunden. Dass Queen Elizabeth II. dennoch Bentley fährt anstatt Rolls-Royce, wie zahlreiche ihrer Vorgänger, haben Ferdinand Piech und Bernd Pischetsrieder zu verantworten. Die Trennung der Marken führte zum Markenwechsel bei den Royals. Der royale Bentley wird dabei sein, wenn die Queen ab Mittwoch, 24. Juni 2015, durch Deutschland reist. Selbst die Londoner kommen dem Verkehrsmittel ihrer Monarchin selten nahe. Beim 60. Krönungsjubiläum von Queen Elizabeth II. im Sommer 2013 hatten zigtausende von Londonern im Park des Buckingham Palace Gelegenheit, sich der Staatslimousine auf Armeslänge zu nähern. Wir auch.

Ein Bentley-Urgestein

Ein Bild seiner liebsten Kundin habe er stets in der Hosentasche, verblüfft Richard Charlesworth gern seine Zuhörer. „Hier“, feixt der 60-jährige Schnauzbartträger, der selbst gut als distinguierter Adliger durchgehen würde, „das ist sie!“ Triumphierend hält er eine Zwanzig-Pfund-Note mit dem Porträt der Queen in die Höhe. Richard Charlesworth ist ein Bentley-Urgestein. Er war schon Verkaufs- und PR-Manager in Europa und im Mittleren Osten, seit geraumer Zeit ist er für die Traditionspflege der englischen Nobelmarke verantwortlich – und für die Beziehungen zum Königshaus. Tradition hat die von Walter Owen Bentley gegründete Autofirma reichlich zu bieten und das zählt allerhand im Vereinigten Königreich.

Dass die offizielle Staatskarosse aber kein Rolls Royce mehr ist, wie es zuvor Jahrzehnte lang der Fall war, das ist unter anderem auch dem Verhandlungsgeschick Ferdinand Piëchs zu danken. Als der Volkswagen-Patriarch und sein damaliges BMW-Vorstandspendant Bernd Pischetsrieder um die Verteilung der Restbestände des zerfallenden Rolls-Royce-Konzerns verhandelten, deutete sich etwa zur gleichen Zeit und unabhängig davon in London an, dass die seinerzeit schon 45 Jahre regierende Elizabeth ein neues Dienstauto brauchen würde. Die notwendigen Gespräche mit dem Königshaus führte natürlich das Rolls-Royce-Personal, das damals auch die Marke Bentley mitverwaltete.

Gut informierte Queen

Keiner von den englischen Autowerkern ahnte, wie sie auf der Basis der komplizierten Vereinbarungen der beiden Auto-Konzerne BMW und Volkswagen in mehreren Schritten aufgeteilt und in die jeweiligen Unternehmen integriert würden. „Die Queen hat sich damals fast täglich berichten lassen, wie es um die Verhandlungen steht und wer was bekommen wird“, erinnert sich Richard Charlesworth. Sie wollte immer auf dem neuesten Stand sein und sich nicht womöglich von deutschen Staatsgästen erzählen lassen müssen, wer welche der beiden britischen Firmen übernehmen würde“. Letztlich war es eine Rechtsfrage, wer das Doppel-R nutzen dürfte und wie aus einem Heer von Rolls-Royce-Workern in Crewe über Nacht Bentley-Mitarbeiter werden würden. Bis der Wagen zum 50. Thronjubiläum zum Ersteinsatz kommen sollte, verging aber noch eine geraume Zeit.

Basis: Bentley Arnage

Basis des 6,22 Meter langen Straßenkreuzers ist ein Bentley Arnage, damals das Spitzenmodell der Marke. Von ihm stammt auch der Antrieb, ein 6,75 Liter großer Achtzylinder, der in überarbeiteter Form heute noch im Bentley Mulsanne zum Einsatz kommt. Der Ausgangsmotor habe 400 PS gehabt, mehr technische Details will sich Charlesworth aber nicht entlocken lassen. Schon gar keine Angaben zum Fahrzeugsgewichts, denn daraus könnten Schlüsse auf Art und Umfang der Sicherheitseinrichtungen gezogen werden. Wer auf ca. vier Tonnen spekuliert, bekommt zur Antwort: „so etwa in der Größenordnung“. Die öffentlich zugänglichen Informationen sprechen von 835 Newtonmeter Drehmoment.

Der Radstand des alten Arnage wurde um 287 Millimeter verlängert, so dass nun 3,8 Meter zu Buche stehen. Das Dach ist bis auf 1,77 Meter angehoben und mit einer Panoramascheibe versehen. Queen Elizabeth, mit 1,63 Metern von eher überschaubarer Körpergröße, kann fast aufrecht in den Wagen einsteigen. Da ihr Gemahl, Prinz Philip, sie um ganze 25 Zentimeter überragt, sähe er natürlich auch neben ihr sitzend deutlich größer aus. Deshalb wurde das Sitzpolster auf einer Seite angehoben, so dass von außen beide Gesichter etwa auf gleicher Höhe erscheinen.
Die hinteren Türen haben einen Öffnungswinkel von 87 Grad. Dirk van Brackel, der auch den Bentley Continental GT gestaltete, zeichnete für das Design verantwortlich. „Her Majesty“ ließ sich die Pläne und Skizzen vorlegen, sorgte zum Beispiel persönlich dafür, dass der ursprünglich sehr prunkvolle und chromlastige Entwurf zugunsten eines bescheideneren Auftritts abgemildert wurde.

Materialien, Ausstattung und Beleuchtung

Die Polster im Fond sind nicht etwa mit Conolly-Leder oder Tierhaut anderer edler Herkunft bezogen. Auch das hat Tradition bei den gekrönten Häuptern auf der Insel. Graues, aber sehr feines Tuch ist es, worauf die Queen Platz nimmt. „Früher“, erklärt Adelsexperte Charlesworth, „als die Royals noch mit Pferdefuhrwerken unterwegs waren, saß der Kutscher im Freien auf gegerbter Tierhaut.“ Die blaublütigen Fahrgäste unterm Dach konnten die höherwertigen Polster, die gewebten Bezüge, nutzen. Rings um die Sessel wird auf Holz- oder Metallapplikationen verzichtet. Zur Gala-Uniform des Prinzgemahls gehören natürlich Orden und Abzeichen, Dolch, Säbel oder Degen – und das könnte beim Fahren dagegen klappern. Rund 50 Lieferanten haben unter der Bentley-Ägide für eine standesgemäße Ausstattung des Wagens gesorgt – natürlich stets mit königlicher Zustimmung. „Auf technischen Schnickschnack wollte sie weitestgehend verzichten“, sagt Charlesworth. Es gibt nur eine dezente Innenbeleuchtung, damit die Untertanten auch bei Fahrten in Dunkelheit sehen, wem sie zujubeln.

Dreijährige Entwicklungszeit

Drei Fahrer beschäftigt der Buckingham Palace, sie wurden ebenfalls in die Fahrzeugentwicklung eingebunden. Ausgiebige Testfahrten und Einweisungen in die Besonderheiten des Autos folgten. Zum Beispiel hat das Getriebe einen speziellen Modus, der es erlaubt, die Geschwindigkeit von neun Meilen die Stunde (etwa 14 km/h) präzise und ohne Gangwechsel zu halten. Dies ist die so genannte „Processional Speed“, jenes Tempo also, in dem die Huldigungen des Volkes entgegengenommen werden, der von keinem Schaltvorgang gestört werden soll. Drei Jahre hat die komplette Entwicklung der Limousine in Anspruch genommen, fünf Monate dauerte die Fertigung von Hand. Lenkrad-Spezialist Noel Thompson etwa, der die Nähte am Lederkranz der Bentleys ausführt, benutzt zur millimetergenauen Markierung der Lochabstände eine Gabel. Für die königlichen Fahrzeuge ist sie aus Silber.

Die Queen fährt immer einen Neuwagen

Der vormalige Prototyp wurde zum staatstauglichen Zweitfahrzeug ausgebaut, so dass jetzt ein Duo identischer Fahrzeuge besteht, die zusammen etwa 60.000 Meilen zurückgelegt haben. Viele davon durchaus umweltverträglich, denn der Motor ist auf Bio-Ethanol, als E85-Sprit ausgelegt. Jedes Jahre steigen die Bentley-Ingenieure tief unters Blech der State Limousine und ersetzen, was nicht mehr Stand der Technik ist. Die Queen fährt praktisch immer Neuwagen. Dass zur britischen Lebensart auch gewisse Schrullen und Eigenheiten gehören, ist hinlänglich bekannt. Auch der königliche Fahrdienst ist nicht frei davon. Die Kühlerfigur, normalerweise der heilige George im Kampf mit dem Drachen, ist durch ein Schraubgewinde mit dem Sockel verbunden. Überschreitet das Fahrzeug mit der Queen an Bord die Grenze nach Schottland, tritt der schottische Löwe als Insignie der Macht an dessen Stelle.

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