Elektroautos – Keine billigen Wunderakkus in Sicht

Manche Zeitgenossen wollen im Automobilbau direkt auf Elektroantrieb umschalten. Da es einen solchen Schalter nicht gibt und die Fahrzeugbranche nicht zaubern kann, spricht man bei ausbleibendem „Wunder“ in der Öffentlichkeit schnell vom „Abgesang bei Elektroautos“. „Wir brauchen die Elektromobilität, wie auch immer sie am Ende technisch aussehen wird“, sagte Prof. Herbert Kohler, Leiter e-drive & future Mobility der Daimler Konzernforschung, jüngst beim technischen Kongress des Verbands der Automobilindustrie (VDA) in Sindelfingen. Von Abgesang, wie er rund um den Autosalon Genf angeklungen sei, könne nicht die Rede sein.

Die Fahrzeugbranche kann laut Kohler die global anziehenden CO2-Grenzwerte auf Dauer nur im Antriebsmix erfüllen, zu dem er optimierte Verbrennungsmotoren, Hybride, Brennstoffzellen- und batterieelektrische Antriebe zählt. Schlüssel zu Letzterem sei die Lithium-Ionen-Technik. Doch ihr Potenzial zu heben, sei eine zähe Angelegenheit. Die Energiedichte heutiger Speicher verharre zwischen 120 und 180 Wattstunden je Kilogramm, was die Reichweite reiner Elektroautos auf unter 200 Kilometer begrenzt.

[foto id=“414078″ size=“small“ position=“left“]

Meldungen über angebliche Super-Akkus ändern nichts an der beschränkten Reichweite heutiger Hochvolt-Batterien. „Damit hat sich auch schon ein Bundesminister blamiert“, so Kohler mit Blick auf die von Ex-Wirtschaftsminister Brüderle protegierte Rekordfahrt von München nach Berlin. Die Branche brauche keine One-Night-Stands, sondern Batterietechnik, die zugleich in Puncto Langlebigkeit, Zyklenfestigkeit, Energiedichte, Sicherheit und Kosten überzeuge.

Das US-Start-up Envia Systems meldete jüngst, Lithium-Ionen-Akkus mit einer Energiedichte von 400 Wattstunden je Kilogramm realisiert zu haben, die obendrein nur 125 US-Dollar (ca. 94 Euro) je Kilowattstunde kosten sollen. Zum Vergleich: Die Nationale Plattform Elektromobilität in Deutschland gibt das Ziel aus, die Batteriekosten von heute 600 Euro bis 800 Euro je Kilowattstunde bis Ende des Jahrzehnts, auf ein Niveau um 200 Euro je Kilowattstunde zu senken.

Dutzende Hochschulen, Forschungsinstitute, Maschinen- und Anlagenbauer sowie Chemiekonzerne arbeiten an der Hochvolt-Batterie-Problematik  – mit ungewissem Ausgang. Produktionstechnik von kleinformatigen, kurzlebigen Consumerzellen ist auf die großen, für mindestens zehn Jahre Betrieb ausgelegten Fahrzeugakkus nicht übertragbar. Deshalb ist auch Prof. Jürgen Leohold, Leiter der Volkswagen-Konzernforschung skeptisch, was vermeintliche Wunderbatterien betrifft.

Wenn ein Prototyp eines Start-ups im Labor 400 Wattstunden je Kilogramm erreiche, sei der Weg zu Großserieneinsätzen für unter 100 Euro je Kilowattstunde weit, so Leohold. „Wir werden uns das, wie jede neue Idee anschauen, aber von einer Laborentdeckung, auf einem baldigen Durchbruch in der Elektromobilität zu schließen, ist wohl etwas zu voreilig“. Batteriehersteller, Chemiebranche, Maschinen- und Anlagenbauer sowie Spezialisten aus der Metall-, Keramik- und Kunststoff-Industrie fangen weltweit erst an, schlagkräftige Liefer- und Wertschöpfungsketten zur Großserien-Produktion von Hochvolt-Batterien zu knüpfen.

UNSERE TOP-ANGEBOTE FÜR SIE

MEHR ERFAHREN AUS DEM BEREICH NEWS

Eine Frage von Belang: Reisemobil kaufen oder mieten?

Eine Frage von Belang: Reisemobil kaufen oder mieten?

Nissan Qashqai: Neue Optik für den Crossover

Nissan Qashqai: Neue Optik für den Crossover

Alfa Romeo Junior zeigt sich erstmals öffentlich – in Mailand

Alfa Romeo Junior zeigt sich erstmals öffentlich – in Mailand

zoom_photo