Elektronische Bodyguards

Wenn’s auf der Straße kracht, ist meist der Mensch schuld. Gerhard Steiger, Bosch-Vorstand im Bereich Chassis-Systeme, formuliert es in Kenntnis zahlreicher Unfallstatistiken etwas nüchterner: „Die Hauptunfallursache ist der Fahrer.“ Kein Wunder, schließlich wachse das weltweite Verkehrsaufkommen stetig und die Überforderung der Autofahrer werde mit der Alterung der Gesellschaft eher zunehmen.

Dem entgegen steht ein UN-Programm, das bis 2020 die Zahl der Verkehrstoten weltweit um 50 Prozent senken soll – das sind in der angepeilten Dekade von 2011 bis 2020 insgesamt fünf Millionen Menschenleben. „Dieses Ziel ist ohne Fahrerassistenzsysteme nicht zu erreichen“, postuliert der Bosch-Vorstand und verweist auf die über 30 Jahre alte Systemkompetenz des schwäbischen Automobilzulieferers, der 1978 das erste ABS auf den Markt brachte und 1995 mit dem Schleuderschutz ESP debütierte.

Das sei auch integraler Bestandteil aller weiteren Sicherheitssysteme wie etwa des vorausschauenden Notbremssystems PEBS, das 2011 serienreif wurde, sagt Bernhard Pirkl, der die Entwicklung der Fahrerassistenzsysteme leitet. Weil die elektronischen Bodyguards aber zunächst die Situation korrekt erfassen müssen, um adäquat eingreifen zu können, setzt Pirkl [foto id=“440769″ size=“small“ position=“left“]auf die Fusion von Sensordaten. Geliefert werden die Daten von Ultraschallsensoren im Nahbereich, verschiedenen Radarsensoren für mittlere und längere Distanzen sowie einer Videokamera zur Verifikation der Sensordaten.

Ganz neu ist bei Bosch die Stereokamera, die auch in der Lage ist, ihr Umfeld zu vermessen. Diese so genannte 6D-Umfeldvermessung erkennt beispielsweise Fußgänger, die auf die Fahrbahn gehen, aber auch seitliche Hindernisse, ob dies nun Fahrbahnbegrenzungen sind oder parallel fahrende Fahrzeuge. Heraus kommt dabei so ein nützliches System wie der Baustellen- oder Engstellenassistent. Kommt der Autofahrer in einer Baustelle der Leitplanke links oder dem rechts fahrenden Lkw unbewusst zu nahe, so holt ihn der Assistent mit einem kleinen Lenkimpuls wieder auf den rechten Weg. Wie gut schon der Prototyp funktioniert, erfuhren wir während einer kurzen Testfahrt bei Bosch in Abstatt. Ein weiterer Einsatzzweck der Stereokamera ist auch das teilabschaltbare Fernlicht. Dieses System steuert die LED-Scheinwerfer im eigenen Fahrzeug so, dass das Blickfeld optimal ausgeleuchtet, der Gegenverkehr aber nicht geblendet wird.

Zwar werden beim Einparken in der Regel keine Menschenleben gefährdet, ärgerliche Blechschäden entstehen aber allenthalben. Bereits Realität ist hier der Parkassistent, der Parklücken vermisst und das Fahrzeug in eine Parklücke lenkt, die mindestens 80 Zentimeter länger als das Fahrzeug ist – zu haben etwa beim BMW 1er und 3er sowie der A- und B-Klasse von Mercedes-Benz. Auch diese nützlichen Helferlein entwickelt Bosch weiter. Ein so genannter Flankenschutz erkennt seitliche Hindernisse und warnt den Fahrer davor. Mit einem automatischen Bremseingriff können Kollisionen beim Einparken vermieden oder zumindest Schäden vermindert werden.[foto id=“440770″ size=“small“ position=“right“]

Und schon 2015 könnte ein Garagenparkassistent kommen, der die immer größer werdenden Fahrzeuge ferngesteuerte in die nicht mit wachsende Garage steuert. Ein erster Schritt zum vollautomatisierten Fahren wäre der Valet-Parkassistent, an dem Bosch bereits arbeitet. Bei diesem System könnte der Autofahrer an der Parkplatzeinfahrt aussteigen und sein Auto würde sich selbstständig einen Parkplatz suchen und dort einparken. Ebenfalls in der Pipeline des Zulieferers sind Systeme wie der Autobahnpilot, der ein Fahrzeug vollautomatisch von der Einfahrt auf die Autobahn bis zu Ausfahrt fährt. Das ist laut Steiger allerdings noch Zukunftsmusik und wird auch nicht allein von den Technikern bestimmt, sondern auch von den Juristen. Schließlich besagt die Wiener Konvention von 1968, die bis heute gültig ist: „Jeder Führer muss dauernd sein Fahrzeug beherrschen oder seine Tiere führen können.“

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