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Fahrbericht Nissan Primera: Weit mehr als nur ein Designer-Auto

Da haben es die ausländischen Anbieter naturgemäß schwer, Fuß zu fassen und selbst Schnäppchenpreise steigern das Kaufinteresse nur bedingt. Die Folge ist, dass durchaus mit der deutschen Konkurrenz wettbewerbsfähige Modelle nur ein Nischen-Dasein führen. Der Nissan Primera als fünftürige Schrägheck-Limousine mit seiner Monosilhouette genannten unkonventionellen Erscheinungsform ist ein Paradebeispiel. Wir testeten die 1,9-Liter-Dieselversion mit 88 kW/120 PS.

Nissan Primera. Foto: Auto-Reporter/Nissan
Das im Straßenbild Aufmerksamkeit erweckende Design des Nissan Primera, bei dem Motorhaube, Scheiben und Seitenteile quasi ineinander übergehen, muss man natürlich mögen. Tut man das, nimmt man auch in Kauf, dass in diesem Fall die Japaner die Funktion der Form folgen ließen und für den Fahrer der Primera nach vorne hin bei den Scheibenwischern aufhört. Von der Motorhaube ist nämlich nichts zu sehen, so dass selbst nach entsprechender Eingewöhnung das Einparken in engen Lücken nicht unbedingt zur Lieblings-Aufgabe wird. Rückwärts wird einem diese Aufgabe durch eine serienmäßige Rückfahrkamera mit farbigem Bild erheblich erleichtert, so dass der Primera trotz dieser Unübersichtlichkeit Stadt- und Parkhaus-tauglich ist.

Im geräumigen, sehr umfangreich ausgestatteten und gut verarbeiteten Innenraum fühlt man sich auf Anhieb wohl, wozu die individuell exakt einzustellenden und guten Seitenhalt bietenden Sitze beitragen. Etwas gewöhnungsbedürftig sind die nicht hinter dem Lenkrad, sondern zentral in der Mitte des Armaturenbretts angeordneten Anzeige-Instrumente. Und genauso ist für das kürzlich überarbeitete N-Form genannte Bedienzentrum für Radio, Navigation und Klimaregelung erst einmal eine ausführliche Lektüre der Gebrauchanleitung notwendig. Danach ist die Menuführung jedoch überaus einfach und narrensicher zu handhaben und vergleichbaren Anlagen in Premium-Autos zumindest ebenbürtig. Zahlreiche und vor allem durchdachte Details im Innenraum wie z. B. bei Dunkelheit beleuchtete Multifunktionstasten am Lenkrad erhöhen die Alltagstauglichkeit. Und auch der Kofferraum bietet mit 460 Litern genügend Stauraum, der sich bei umgeklappter Rücksitzlehne auf 980 Liter erweitern lässt.

Der Primera ist aber nicht nur ein Designer-Auto mit großzügigem Interieur. Er überzeugt auch durch seine Fahreigenschaften. Der 120-PS-Selbstzünder verleiht dem immerhin gut 1,5 Tonnen schweren Wagen absolut ausreichende Beschleunigungswerte und vernünftige Fahrleistungen, da das Drehmoment von 270 Newtonmetern bereits bei 2000 Umdrehungen anliegt. Lediglich bei höheren Drehzahlen verliert der Vierzylinder-Common Rail-Turbodiesel ein bisschen an Temperament, was an der recht langen Übersetzung des gut schaltbaren Sechsgang-Getriebes liegt. Das ist der Tribut an einen sehr gemäßigten Durst, der mit im Schnitt gut sechs Litern nur etwas über dem angegebenen Normverbrauch liegt.

Mit einem im letzten Jahr überarbeiteten Fahrwerk, das vorne straffer gefedert wurde, und einer präzisen, guten Fahrbahnkontakt vermittelnden Lenkung lässt sich der Primera problemlos auch über enge, kurvige Straßen pilotieren. Der Fronttriebler erweist sich bei jedem Tempo als richtungsstabil und Ausweichmanöver bereiten auch ohne das elektronische Stabilitätssystem ESP keine Probleme. Das ist leider nur in der Spitzenausstattung "tekna" serienmäßig und kostet ansonsten 650 Euro Aufpreis.

Ein kleiner Schönheitsfehler, wobei fairerweise erwähnt sein muss, dass die Einstiegsversion"visia" ansonsten für die Mittelklasse mehr als üppig ausgestattet ist: Klimaautomatik, Radio-/CD-Kombination inclusive N-Form-Bediensystem, Rückfahrkamera, elektrische Fensterheber vorne und hinten, elektrisch einstell- und beheizbare Außenspiegel, höhen- und neigungsverstellbare Vordersitze, Nebelscheinwerfer, acht Airbags, aktive Kopfstützen und ABS mit EBD und Bremsassistenten und noch einiges mehr. Das alles zum Basispreis von 22 990 Euro, so dass sich ein mehr als faires Preis-Leistungs-Verhältnis ergibt. Unterm Strich also ein überzeugendes Angebot, das eigentlich mehr Käufer verdient hätte. Aber dieses Phänomen mussten schließlich schon andere, vor allem japanische Anbieter erfahren. Und nicht alle konnten sich wie Toyota damit trösten, dass der mittlerweile aus Deutschland verschwundene Camry zum meistverkauften Pkw in den USA wurde. (ar/fb)

Technische Daten: Länge/Breite/Höhe: 4567/1760/1482 mm, Radstand 2680mm, Wendekreis 11,2 m, Leergewicht 1449 kg, Zuladung 336 kg, Kofferraum 460 bis 980 l, Tank 62 l, Vierzylinder-Common Rail-Turbodiesel, Hubraum 1870 ccm, Leistung 88 kW/120 PS bei 4000 min, max. Drehmoment 270 Nm bei 2000 min, Beschleunigung auf 100 km/h 11,0 Sekunden, Vmax 195 km/h, EU-Normverbrauch 5,7 Liter, Testverbrauch 6,3 Liter, Abgasnorm Euro 3, Preis Testwagen 23 580, Grundpreis 22 990. Aufpreisliste: ESP 650 Euro, Metallic-Lack 590 Euro, Navigations-System 2300 Euro, Xenonlicht 800 Euro

 

Von Frank Braun

27. Juni 2005. Quelle: Auto-Reporter

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