IAA Nutzfahrzeuge: Zustelldienste lassen “grüne“ Technik bisher links liegen

Die Forderung nach „grünen“ Nutzfahrzeugen wird zwar auf der diesjährigen IAA in Hannover (23. bis 30. September) bis zum letzten Messetag in aller Munde sein. Trotzdem: In der Praxis umgesetzt wird sie speziell in der Transport- und Logistikbranche bisher so gut wie gar nicht. Dabei wären besonders Transporter, die in erster Linie im innerstädtischen Lieferverkehr unterwegs sind, aufgrund der dort anfallenden, zahlreichen Anfahr- und Stoppvorgänge für den Einsatz von moderner Spritspar- und Elektrotechnik geradezu prädestiniert. Dennoch bleiben die meisten Flottenkunden wie Kurier- und Zustelldienste äußerst skeptisch, wenn es etwa darum geht, „Öko“-Transporter anzuschaffen. 

Grund für die Zurückhaltung seitens der Fuhrparkmanager ist nach aktuellen Recherchen der „Automobilwoche“ vor allem der Preis der neuen Technik. Bestes Beispiel: der Sprinter von Mercedes-Benz. Zwar bieten die Stuttgarter den populären Lieferwagen schon seit Herbst vergangenen Jahres mit einem speziellen Spritsparpaket an. Dennoch finden die Nutzfahrzeuge, deren millionste Einheit kürzlich erst vom Band lief, in der „Öko“-Variante derzeit einfach keine Käufer: „Wir verzeichnen praktisch so gut wie keine Nachfrage nach unserem Sprinter mit spritsparender Blue-Efficiency-Technik, weil das Paket 250 Euro mehr kostet“, sagte Volker Mornhinweg, Chef der Daimler-Transporter-Sparte, gegenüber der Branchenzeitung. Dabei ließen sich allein mit der Start-Stopp-Funktion im Sprinter der neusten Generation Kraftstoffeinsparungen von bis zu acht Prozent erzielen. Ähnlich ratlos reagierten die meisten der vom Branchenblatt befragten Verantwortlichen auf die fehlende Nachfrage nach ökologischen Nutzfahrzeugen.

Die Gründe für das schleppende Geschäft in diesem Bereich dürften vor allem in dem extremen Wettbewerbsdruck zu suchen sein, dem sich speziell Unternehmen aus der hart umkämpften Transport- und Logistikbranche ausgesetzt sehen. „Bisher sind E-Lieferfahrzeuge aus unserer Sicht weder ökologisch noch ökonomisch eine sinnvolle Alternative“, bringt beispielsweise Karlheinz Schmidt, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL), in dem rund 10 000 Transportunternehmen organisiert sind, die Stimmungslage der Branche auf den Punkt. Die neue Technik gelte zudem noch als zu wenig praxiserprobt und zu fehleranfällig. Zwar richte die Branche ihr Augenmerk zunehmend auf alternative Antriebskonzepte wie Hybridtechnik. „Aber es muss sich auch rechnen“, gibt sein Kollege Heiner Rogge vom Deutschen Speditions- und Logistikverband (DSLV) zu bedenken. „Von einem supergrünen Image allein kann niemand leben.“

Immerhin: Auch innerhalb der Logistikbranche zeichnet sich ein grüner Schein am Horizont ab. Langfristig traut beispielsweise der Handelsverband Deutschland (HDE), der für fast 400 000 deutsche Einzelhändler spricht, Elektro-Transportern mit einer Reichweite von 120 Kilometer gute Chancen zu, sich vor allem zur „Belieferung von Kunden im Nahbereich“ durchzusetzen. Bedingung sei aber der Aufbau eines Netzes vom „Stromtankstellen“.

Immerhin: Erste Nägel mit Köpfen hat nun die Deutsche Post gemacht. Sie hat jetzt zehn Iveco-Elektrotransporter vom Typ „Electric Daily“ angeschafft. Anfang des kommenden Jahre sollen die elektrischen 3,5-Tonner mit einer Reichweite von 90 Kilometern testweise in der Paketzustellung in mehreren deutschen Großstädten eingesetzt werden. „Wir hoffen, dadurch wichtige Erkenntnisse für die Weiterentwicklung von alternativen Fahrzeugen liefern zu können“, sagte Konzern-Geschäftsbereichsleiter „Auslieferung Brief und DHL Paket“ Thomas Zuber anlässlich der Messe in Hannover. Bei einer Gesamtflotte von 72 000 Fahrzeugen allein in Reihen des Paketdienstes DHL dürfte allerdings auch diese Neubestellung in Sachen Öko-Bilanz in erster Linie kosmetischen Charakter haben.

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