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Interview Jochem Heizmann: Was läuft in China?

Anfang Juni baute Volkswagen das Topmanagement nahezu komplett um. Auf der Konzernebene entstand dabei auch das neue Vorstandsressort „China“. Das neue Ressort übernahm Prof. Dr. Jochem Heizmann, bis dahin im Konzernvorstand für Nutzfahrzeuge zuständig. In der Region China hat der Volkswagen Konzern im Geschäftsjahr 2011 rund 2,3 Mio. Fahrzeuge verkauft und ein anteiliges Operatives Ergebnis von 2,6 Mrd. Euro verbucht. Heizmann übernahm also eine wichtige Aufgabe. Nach gut 100 Tagen im Amt haben wir einige Fragen an ihn.

Warum hat Volkswagen ein eigenes Vorstandsressort China eingerichtet?

„China ist der größte Automobilmarkt für den Volkswagen Konzern und damit eine wesentliche Säule unserer weltweiten Wachstumsstrategie. Die Bedeutung des chinesischen Marktes wird weiter zunehmen. Künftig werden wir alle Fragen zu unserem China-Geschäft unmittelbar auf Konzernvorstandsebene diskutieren und entscheiden. Das erhöht unsere Flexibilität und vereinfacht die Abläufe im täglichen Geschäft signifikant.“

Welche konkreten Ziele setzt sich Volkswagen in China unter Ihrer Leitung?

„Generelles Ziel ist es, unsere bestehende Position als Marktführer in China auch in Zukunft weiter zu festigen und auszubauen. Unser Fokus liegt auf den bereits identifizierten strategischen Handlungsfeldern wirtschaftliches Wachstum, dem Einsatz innovativer, umweltfreundlicher Technologien in Fahrzeugen und Produktion sowie die Qualifikation und Beschäftigungssicherung unserer Mitarbeiter.“

Was bedeutet das für die Belegschaftsstrukturen in China?

„Im Sinne der Zielverfolgung unserer „Konzernstrategie 2018″ wollen wir auch in China der Top-Arbeitgeber sein. Dazu gehört, dass wir unsere Mitarbeiter in allen Fachbereichen und auf allen Hierarchie-Ebenen systematisch qualifizieren und deren Know-how Bildung weiterführen. Ein wichtiger Baustein dabei ist der Transfer unseres erfolgreichen deutschen dualen Ausbildungssystems auch nach China.“

Was beinhaltet die Strategie „China 2018“ genau?

Die Strategie „China 2018“ basiert auf den vier Themenfeldern Kunde, Produkt, Produktion und sozialer Verantwortung. Gerade die chinesischen Verbraucher setzen zunehmend Trends in der globalen Autoindustrie. Ihre Wünsche beispielsweise in der Gestaltung von Händlerbetrieben frühzeitig zu erkennen, ist eine Kernaufgabe.

Auf der Produktseite können wir mit unserem breiten Markenportfolio auf die immer vielfältiger werdenden Anforderungen des chinesischen Marktes sehr differenziert eingehen. Innovative, umweltfreundliche Fahrzeuge in höchster Qualität und Zuverlässigkeit unter Nutzung der Baukastensystematik des Konzerns stehen hier im Fokus.

Auch in der Produktion führen wir innovative umweltfreundliche Technologien ein und steigern die Ressourcen-Effizienz. Der Aufbau eines neuen Werkes im Westen Chinas, in Urumqi, ist wiederum eine Pionierleistung in der chinesischen Automobilindustrie.

Volkswagen nimmt seine Verantwortung in der chinesischen Gesellschaft wahr. Wir sorgen für sichere Arbeitsplätze, für die Qualifizierung unserer Beschäftigten und engagieren uns auch in sozialen Projekten.“

Und wie wollen Sie die Belegschaft in China langfristig binden?

„Wir haben langjährige erfolgreiche Partnerschaften mit FAW im Norden und der SAIC im Süden Chinas. Aus diesen Partnerschaften heraus sind wir in China zum erfolgreichsten und größten Automobilkonzern geworden. Diese etablierten Prozesse sind die Basis für die gemeinsame Zukunft. Es gilt, die Zusammenarbeit weiter zu verstärken. Wir wollen, dass unsere Mitarbeiter in China an einem sicheren und attraktiven Arbeitsplatz zufrieden sind. Dazu machen wir, so wie Sie es auch aus Deutschland kennen, Mitarbeiterumfragen mit dem Stimmungsbarometer. Die Beteiligungsquote gerade in China ist außerordentlich hoch. Das Niveau ist sowohl von der Beteiligung, als auch vom Index her höher als in Europa. Und überall gibt es Dinge, die man verbessern kann.“

Sehen Sie sich persönlich gut gerüstet für die neuen Aufgaben in China?

„Ich bin seit über 30 Jahren im Volkswagen Konzern in unterschiedlichen Marken- und Konzern-Funktionen tätig. In China war ich zum ersten Mal 1991 und in der Folge über fast 20 Jahre beim Aufbau fast aller Produktionsstätten des Volkswagen Konzerns in China verantwortlich beteiligt. Mein Netzwerk im Volkswagen Konzern und in China wird mir sicher helfen, dieser neuen Herausforderung gerecht zu werden. Wichtig ist natürlich auch die politische Ebene in China. Es gilt, die Ziele der Regierungspolitik zu berücksichtigen, den gesetzlichen Vorgaben gerecht zu werden und dabei gleichzeitig weiter das erfolgreichste Automobilunternehmen in China zu bleiben.“

Glauben Sie an weiteres Wachstum in Asien?

„Eindeutig ja. In China allein hat die Automobilindustrie in den vergangenen fünf Jahren durchschnittlich um unvorstellbare 20 Prozent zugelegt. In den kommenden Jahren erwarten wir nun ein geringeres Wachstum in der Größenordnung von etwa sieben bis acht Prozent. Im Vergleich zur derzeitigen Lage in Europa ist das aber immer noch ein starkes Wachstum. Wir sind deshalb sehr wachsam und beobachten die Dinge auf diesem schnelllebigen Markt sehr genau. Unsere Zielsetzung ist, mindestens so stark zu wachsen wie der Markt – immer aber besser noch mehr. “ Warum hat sich der Volkswagen Konzern entschieden, einen neuen Standort im Westen Chinas zu errichten? „Die Nachfrage in den Küstenregionen Chinas ist zwar auch in der Zukunft eine wichtige Säule des Absatzes, aber der Bedarf nach Mobilität im verkehrstechnisch bislang unerschlossenen Westen wird künftig deutlich stärker wachsen. Wir bei Volkswagen waren ja bereits echte Pioniere, als wir in den 80er Jahren nach China gegangen sind. Jetzt werden wir mit unserem neuen Werk Urumqi erneut unbeschrittene Wege in den Westen Chinas gehen.“ In China haben große Städte den Fahrzeugbesitz begrenzt. Welche Auswirkungen hat das für den Volkswagen Konzern?

„Diese Maßnahmen in den Metropolen zeigt deutliche Marktwirkung. Im Vergleich zu einer unbegrenzten Marktnachfrage ist der Absatz in diesen Mega-Cities teilweise auf die Hälfte begrenzt. Gleichzeitig gibt es Sonderregeln. In Shanghai beispielsweise unterliegen Batterie getriebene Fahrzeuge neuerdings keiner Einschränkung. Hier müssen und werden wir künftig strategisch ansetzen. Alles in allem sollten die aktuellen Einschränkungen aber nur eine begrenzte Auswirkung auf das Marktpotenzial Chinas insgesamt haben. Die größten Wachstumsimpulse werden in Zukunft von den kleineren und mittleren Städten sowie dem ländlichen Raum Chinas ausgehen.“

Sehen Sie die Gefahr von Überkapazitäten, wenn der Konzern die Produktionskapazitäten in China bis 2018 auf über 4 Millionen Fahrzeuge pro Jahr erweitert?

„Ich sehe diese Gefahr nicht. Wir sind aber an dieser Stelle auch schnell reaktionsfähig. Würde sich der Markt völlig anders entwickeln, als wir einschätzen, können wir über interne Flexibilitätsinstrumente reagieren. Und genau aus diesem Grunde unterteilen wir die Investitionsvorhaben in China ja auch in mehrere Ausbaustufen.“

Wie reagiert Volkswagen auf die wachsende Nachfrage nach umweltfreundlicher Mobilität in China?

„Es gibt klare Vorgaben und Flottenverbrauchsziele in China, an denen wir uns messen lassen. Die Vorgaben in China sind dabei vordergründig weniger streng als in Europa, aber man muss sie ohne den verbrauchseffizienten Diesel-Motor erfüllen. Darum arbeiten wir in China auch sehr intensiv mit der gesamten Palette unserer BlueMotion-Technologien. Und deshalb gehen wir auch im Bereich der Elektromobilität in China nicht vom Gas.“

Welche Strategie verfolgt der Volkswagen Konzern in Sachen E-Mobilität?

„Wir werden für China Elektrofahrzeuge – importierte und lokal produzierte Plug in-Hybride anbieten. Im Rahmen unserer speziell auf den chinesischen Markt zugeschnittenen E-Strategie planen wir, ab 2014/2015 Elektrofahrzeuge in China zu produzieren. Die erste E-Testflotte der Marke Volkswagen Pkw ist in Peking an den Start gegangen und erfolgreich im Land unterwegs.

Ein kurzer Blick auf die Konzernproduktpalette: Seat importiert derzeit seine Modelle. Ist es denkbar, dass Seat auch vor Ort produzieren wird?

„Der chinesische Automobilmarkt wird immer vielfältiger und bietet damit eine großartige Gelegenheit für Seat, mit seinen designorientierten, sportlichen Modellen neue Käuferschichten in China zu erschließen. Seat befindet sich seit diesem Frühjahr in der Markteinführungsphase. Die ersten Fahrzeuge wurden bereits an Kunden ausgeliefert.“

Wie wollen Sie SEAT neben Škoda in China positionieren?

„Seat ist wie in Europa deutlich sportlicher als Škoda positioniert. Das gilt auch für China.“

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