Lada

Putin legte sich einen Lada zu

Dass er reitet, leidenschaftlicher Jäger und immer auffällig sportlich unterwegs ist – dieses Bild von Russlands Ministerpräsidenten haben die Medien längst weltweit vermittelt. Kürzlich unternahm Wladimir Putin wieder einmal Vermeldenswertes. Er leistete einen wohl eher symbolhaften, aber eben ganz persönlichen Beitrag zur Rettung der krisengeschüttelten russischen Autobranche. Der Vize kaufte sich privat ein Auto, ein russisches selbstverständlich.

Der Anlass für diese Zeilen ist bewegend genug. Oder auch nicht. Jedenfalls erwarb kein Geringerer als Russlands Ministerpräsident privat ein Exemplar des mittlerweile geradezu legendären Allradlers Lada Niva 4×4. Ein Neufahrzeug selbstverständlich. Zu Zeiten der Absatzkrise, die auch um Russland keine Bogen macht, ein durchaus bemerkenswerter Vorgang. Vor Putins Entschluss, so hört man, sei bittere Klage an sein Ohr gedrungen. Die Geschäfte gingen äußerst schlecht, mailte dem Ministerpräsidenten nicht nur der weltgrößte Autogigant WAS, seit Jahrzehnten tapfer die Lada-Front haltend, aber nicht unbedingt stärkend. Auch aus Nischni Nowgorod, vom Unternehmen GAZ, das den hartnäckig als Hoffnungsträger gehandelten Urtyp eines Pkws namens „Wolga“ verantwortet, kam wiederholt Angst machende Kunde, dass der nationale Autobau Russlands ohne staatliche Finanzspritzen in kürzester Frist wohl darniederliegen würde.

Spontan entschied Putin, eben ganz Ministerpräsident: 25 Milliarden Rubel – umgerechnet 550 Millionen Euro – Soforthilfe fürs nationale Prestigeobjekt, den Lada-Konzern! Im Falle des zweitgrößten russischen Automobilherstellers GAZ aber, dem mit dem spöttischen Beinamen „Wolga-Schmiede“ immer wieder zweifelhafte Ehrung zuteil wird, beließ es die Regierung bei staatlichen Garantien für einen Kredit über vier Milliarden Rubel – 89 Millionen Euro. Mehr nicht.

Das zurückhaltende Entgegenkommen nährt das Gerücht, dass sich der Polit-Vize Wladimir und der GAS-Eigentümer Oleg nicht unbedingt so kumpelhaft verbunden fühlen wie oft behauptet. Erbeten – vermutlich schlichtweg erwartet – hatte Oleg Deripaska das Zweieinhalbfache, zehn Milliarden Rubel. Weiß man doch auch in Russland: Wer nichts fordert, kriegt nichts. Manchmal geht solche Rechnung halt nicht auf.

Vielleicht beruht die Wertschätzung Deripaskas durch Putin allein darauf, dass es Freund Oleg als junger Betriebswirt schon mit 26 Jahren geschafft hatte, im Aufsichtsrat eines Aluminiumkonzerns zu sitzen. Olegs Karriereleiter hat so manche Schlagzeile eingebracht. Auch weil es gelegentlich steil abwärts ging. Vielleicht gerade deshalb.

Erst recht keine beneidenswerten Sympathien bei der russischen Obrigkeit scheinen der Lkw-Hersteller Kamas und das Uljanowsker Autowerk (AUS) zu genießen. Sie wurden bei der verabredeten staatlichen Spendenaktion erst einmal außen vor gelassen.

Derweil schien Putin in der ungewohnten Rolle eines privaten Autokäufers ein Licht aufgegangen zu sein. Für die Eingebung dürften ihm Tausende russische Autointeressanten danken. Verfügte der Ministerpräsident doch, dass Käufern eines im Lande hergestellten russischen Pkws bis zu einem Neupreis von 350.000 Rubel – etwa 7.500 Euro – Hilfe bei der Finanzierung über ausgewählte Banken zuteil werden soll. Gedacht wurde an Zuschüsse zu Zinszahlungen. Inwieweit das Vorhaben gediehen ist, drang noch nicht bis nach Deutschland.

Putins Vorstoß zur Päppelung der traditionellen, aber wenig erfolgsverwöhnten heimischen Automobilfabrikation dürfte Deripaska gut gefallen, verschafft die Regelung doch auch jenen russischen Gefährten bessere Absatzchancen, die bei GAZ in spärlicher Folge vom Band rollen. Mit der Begehrlichkeit, die selbst ein modernisierter Pkw vom Typ GAZ 31105 alias „Wolga“ zuwege bringt, ist es allerdings nach wie vor nicht weit her, auch wenn der zwischenzeitliche Einbau von Motoren aus dem einstigen Daimler-Chrysler-Verbund zu einer partiellen Aufwertung jenes Autos führte, dessen Ahnentafel immerhin bis zum Jahr 1969 zurückreicht.

Blicke in die Vergangenheit bringen bekanntlich selten weiter. Zeiten ändern sich, auch Sichten. Wenn nun ein Lada Niva 4×4 auch Russlands Ministerpräsidenten privat mobil macht, kann der namhafte Eigner endlich einmal selbst erleben, wie es um die Qualität eines Gefährts russischer Prägung bestellt ist. Immerhin, der Mann weiß, was sich gehört. Schließlich wäre es Putin bei seinem Einkommen ein Leichtes, selbst General Motors’ gigantischen Hummer „zusammenzurubeln“ – oder aber auch dem Charme eines anderen potenten kapitalistischen 4×4-Verführers zu erliegen. Doch Putin entschied sich für automobile Hausmannkost. Vielleicht, weil sie dem Erzählen nach nebenher eben auch die russische Seele anspreche. Und Lada Niva klingt doch auch schön melodisch.

Anzusehen ist dem kompakten Geländegänger seine frühe Geburt. Seit 1976 wird er gebaut. Und in gut drei Jahrzehnten ist er schätzungsweise 2,3 Millionen Mal verkauft worden. Vom angeborenen schlichten Charme russischer Automobile mag das Gefährt profitieren, sicher aber noch mehr von deren Ruf, dank unerschütterlicher Robustheit ein beneidenswert langes Leben zu haben, sofern die alternde selbsttragende Karosse eines Tages nicht der Rost holt.

Putin wird das finale Stadium seines Lada Niva nicht beobachten müssen. Davon ausgegangen werden darf, dass der 4×4-Oldie längst einen anderen Besitzer gefunden hat, wenn der PR-Coup seines prominenten Dienstherren gänzlich verblasst ist und sich – sozusagen in aller Stille – in zunehmendem Maße gefräßiger Rost auch über diese Karosse hermacht. Ob dann überhaupt noch von seinem Erstbesitzer geredet wird?

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