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Royal Enfield Continental GT: Das Motorrad aus der Vergangenheit

Die neue Royal Enfield Continental GT mutet an wie der beherzte Griff in ein verstaubtes Teileregal aus der goldenen Ära des englischen Motorradbaus der 60er-Jahre. Wüsste der Betrachter nicht, dass es sich um ein exotisches Neumodell für 2014 handelt, könnte er sich per Zeitmaschine in jene wilden Zeiten zurückversetzt fühlen, als das Ace Café im Norden Londons zum Zentrum der Bikerkultur und legendärer Treffpunkt an der North Circular Road wurde. Diese Straße wurde zur Lebensader der Rocker- und Café Racer-Szene der 1960er. Auf diese bezieht sich die aktuell grassierende Motorrad-Retrowelle der verschiedenen Hersteller.

Very britisch[foto id=“494584″ size=“small“ position=“right“]

Diesen Rückbezug hat die Royal Enfield nicht nötig. Ihr Look ist authentisch und very britisch: Der Stil und die roten Lackteile des neuen Modells gehen auf die originale Continental GT zurück, die 1965 als eines der letzten Modelle vom Band der Enfield-Fabrik in Redditch lief, bevor das Unternehmen zwei Jahre später schließen musste. Absolut stimmig ist der Look von den Lenkerstummeln und dem chromblitzenden Rundscheinwerfer über den wundervoll konturierten Tank bis zur rennmäßigen Höckersitzbank mit ihren roten Ziernähten. Der Tankdeckel im Monza-Stil und sogar der mit einem Logo verzierte Zündschlüssel sind weitere liebevolle Details. Die kleinen Lenkerendspiegel, der Megaphon-Schalldämpfer und die Speichenräder mit Leichtmetallfelgen sind allerdings kostenpflichtiges Zubehör.

Aus dem schmalen und mit 800 mm nicht allzu hohen Sitz blickt der Fahrer auf Rundanzeigen mit Chromzierringen und eine Gabelbrücke mit mattgrauem Metall-Finish. Die Lenkerstummel sind erstaunlich weit oben, und auch die moderat hohen Fußrasten mögen mit dem Hintergedanken an ältere Piloten so platziert sein. Das Zusammenfalten hinter dem Lenker wie in früheren Zeiten ist nicht notwendig. Ein Kickstarter ist ebenfalls an Bord, doch selbst die hartgesottensten früheren Café Racer dürften heute weichgekocht den Druck aufs Starterknöpfchen der lästigen Tret-Prozedur vorziehen.

[foto id=“494585″ size=“small“ position=“left“]Bereit zur Arbeit

Danach signalisiert ein sanftes Puffen aus dem Schalldämpfer Arbeitsbereitschaft, und sanft ist auch die richtige Wortwahl für die Leistungsentfaltung: Alles andere als sportlich ist das Gebotene, vollkommen okay für entspanntes Cruisen. Dank guter Bedienbarkeit und eines bemerkenswert breit nutzbaren Drehzahlbands fällt das Zweirad-Leben auf der Continental GT leicht. Beim Beschleunigen hält sie mit dem Verkehr mit, ohne sich mächtig ins Zeug legen zu müssen. Ihre Fünfgangbox lässt sich sauber schalten, dazu ist sie agil genug, um sich bietende Lücken im Verkehr auszunutzen.

Der Motor basiert auf dem gefühlt drei Jahrzehnte unveränderten Stoßstangenmotor aus dem Modell Bullet. Den aber hat Royal Enfield gründlich überarbeitet. Mit größeren Kolben und einem von 499 ccm auf 535 ccm gewachsenen Hubraum, schärferen Nockenwellen und einem größeren Drosselklappen-Durchmesser der Einspritzanlage leistet der nun 21 kW/29 PS bei 5 100 Touren. Das maximale Drehmoment von 44 Nm erreicht er bei 4 000/min. Damit kratzt die Enfield bei der Höchstgeschwindigkeit an der magischen „ton“, die für 100 mph steht (rund 160 km/h).

Für das Fahrwerk holten sich die Enfield-Entwickler Hilfe im Mutterland der Marke bei Harris Performance mit Basis in Hertford nahe Birmingham. Das Unternehmen hat eine jahrzehntelange Erfahrung im Bauen von Rennfahrwerken, beispielsweise für Motorradweltmeister Barry Sheene. Die Spezialisten verpassten der GT einen stabilen Doppelschleifen-Stahlrahmen und eine lange Stahlkastenschwinge mit Paioli-Stereofederbeinen; vorn arbeitet eine nicht einstellbare 41er-Gabel. Und mit seinen 18-Zoll-Speichenrädern, Pirelli-Pneus und der Brembo-Scheibe mit Doppelkolbenzange im Vorderrad zeigt[foto id=“494586″ size=“small“ position=“right“] das Fahrwerk einen deutlich italienischen Einschlag, der auf den weitläufigeren Landstraßen einen handlich-lockeren Fahrspaß generiert. Hier machen das geringe Gewicht von 184 Kilo und die straffen Federelemente das Beste aus der GT. Sie überzeugt mit einem durchaus sportlichen, sehr gut kontrollierbaren Fahrverhalten. Die knackige Abstimmung und geringen Federwege setzen dem möglichen Fahrkomfort deutliche Grenzen – doch das ist nicht schlimm, schließlich ist die GT ein Café Racer.

Ohne ABS müssen die Bremsen auskommen, doch auch so übertrifft deren Wirkung die der Café Racer aus der guten alten Zeit bei weitem. Mit gutem Grip tragen auch die schmalen Pirelli Sport Demon-Gummis ihren Teil zur guten Straßenlage bei, der so weit geht, dass der Schalldämpfer in Rechtskurven bisweilen Bodenkontakt bekommt.

Fazit

Für die indische Royal Enfield ist die Continental GT mit ihrer klaren Café Racer-Linie, dem in England erdachten Fahrwerk und italienischen Komponenten ein echter Meilenstein, der nicht nur nach Café-Racer-Maßstäben einen praktikablen Eindruck macht. Zwar ist die Dynamik nach heutigem Anspruch alles andere als atemberaubend. Doch das Lächeln unter dem offenen Jethelm ist original – schließlich ist im Preis von 6 490 Euro für das neueste Royal Enfield-Modell die authentische Zeitreise auf einem echten Café Racer inbegriffen.+

Technische Daten Royal Enfield Continental GT

Klassisches Motorrad mit luftgekühltem Einzylinder-Viertakt-Motor; zwei Ventile; zwei unten liegende Nockenwellen; Stoßstangen und Kipphebel
Hubraum 535 ccm
Bohrung x Hub: 87,0 x 90,0 mm
Leistung: 21,4 kW/29 PS bei 5 100/min
max. Drehmoment: 44 Nm bei 4 000/min
elektronische Kraftstoffeinspritzung; geregelter Katalysator; Fünfganggetriebe; E- und Kickstarter; Doppelschleifen-Stahlrahmen; 41-mm-Telegabel vorn; Zweiarm-Stahlschwinge mit zwei Federbeinen hinten; je eine Scheibenbremse vorn und hinten
Reifen vorn: 110/90-18
Reifen hinten: 130/70-18
Sitzhöhe: 800 mm
Tankinhalt: 13,5 l
Leergewicht: 184 kg
Preis: 6 490 Euro

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