Weißbuch Verkehr – Kontroverse Diskussionen

Brisante Empfehlungen enthält das „Weißbuch Verkehr“ der EU, das im Frühjahr präsentiert werden soll. Dies jedenfalls ist einer vorläufigen Version zu entnehmen, die jetzt vorgestellt wurde. Ihr zufolge sollen Mitgliedstaaten „ermutigt“ werden, eine Pkw-Maut nicht nur für Autobahnen, sondern für das komplette Straßennetz einzuführen. Gleichzeitig ist die Rede davon, Verkehrsteilnehmer mit den „tatsächlichen Kosten“ für Mobilität zu belasten.

Gegen diese Vorschläge regt sich nun Protest. „Es ist nicht akzeptabel, dass die EU in dieser Weise in eine Angelegenheit eingreift, die Sache der Mitgliedsstaaten ist“, kritisiert der Europaabgeordnete Markus Ferber (CSU) die Aufforderung, eine generelle Pkw-Maut einzuführen. „Das Brüsseler Modell, alle Straßen mit einer Maut zu belegen, bedeutet einen Systemwechsel, der gegen das Prinzip des freien Personenverkehrs verstößt.“ Privatfahrten auf sämtlichen Straßen mit einer Maut zu belegen, sei etwas völlig anderes, als im Auftrag fahrende Berufskraftfahrer auf Fernstraßen zu belasten.

ADAC-Verkehrsexperte Wolfgang Kugle bezeichnet die EU-Ideen als einen „alten Hut“ und ergänzt: „Die Wegekosten für Pkw sind auf den Autobahnen um das Vierfache und überall sonst um das doppelte gedeckt.“ Kugle wendet sich auch gegen die Vorschläge zur Berechnung der „tatsächlichen Kosten“ des Straßenverkehrs – und weist kritisch darauf hin, dass die EU sich dabei ausschließlich auf den Straßenverkehr konzentriere, anstatt beispielsweise beim Lärm auch Schienen- und Luftverkehr zu bewerten.

Die EU setzt dabei auch „Staukosten“ an – für Kugle ein Unding: „Hier werden die Verkehrsteilnehmer für die Versäumnisse der Politik auch noch bestraft.“ Im Zusammenhang mit den „sozialen Kosten“ wird gerne eine im Auftrag der „Allianz pro Schiene“ erstellte Studie des Schweizer Infras-Instituts zitiert. Hier werden unter anderem „Unfallkosten“ einschließlich einer „Dunkelziffer“ angesetzt, mit denen „immaterielles Leid“ materiell bewertet wird. So schlägt eine Beule oder ein verstauchter Knöchel mit 17.000 Euro zu Buche; schwere Verletzungen werden mit 250.000 Euro bewertet, ein Verkehrstoter mit 1,6 Millionen Euro.

EU-Abgeordneter Ferber sieht keine Veranlassung, „soziale Kosten“ in die „tatsächlichen Kosten“ des Verkehrs einzubeziehen: Über die Haftpflichtversicherung seien die sozialen Kosten bereits internalisiert. Auch sei es nicht nötig, zusätzliche Anreize zum Kraftstoffsparen zu setzen: „Die Mineralölsteuer ist bereits eine faktische Umweltabgabe, weil sie den Verbrauch konkret besteuert“, so Ferber. Bei den angeregten Belastungen gehe es offenbar darum, mehr Geld einzunehmen -„unter dem hehren Stichwort der Rettung des Weltklimas.“

Während die EU eine Komplett-Maut für alle Straßen forcieren will, ist eben dieses Modell in den Niederlanden abgeblasen worden. Gut möglich, dass die EU ihre Vorschläge bis zur Vorstellung des endgültigen Weißbuchs im Frühjahr 2011 noch einmal überdenkt.

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