L 701: Der Opel Blitz von Daimler-Benz

„3 Tonner Opel-Blitz“ und der Zusatz „Nachbau Daimler-Benz“ – so weist noch 1948 die Betriebsanleitung eines der merkwürdigsten Fahrzeuge aus, das der Stuttgarter Konzern je gebaut hat. Der L 701, so der Name, ist ein Produkt des Zweiten Weltkrieges und wurde nach Aufnahme der zivilen Fertigung im Juni 1945 noch drei Jahre lang im Mannheimer Werk gebaut.

Der Opel Blitz

Der Opel Blitz hatte sich auch beim Militär einen Namen gemacht. Hohe Nutzlast und ausgezeichnete Geländeeigenschaften beeindrucken die Armee dermaßen, dass Rüstungsminister Speer entscheidet, in der Dreitonner-Klasse sei ausschließlich der Opel-Blitz zu bauen. Und zwar nicht nur im Opel-Werk Brandenburg, sondern auch bei Borgward und bei [foto id=“301215″ size=“small“ position=“right“]Daimler-Benz. 800 000 Reichsmark betrug die Pauschalvergütung an Opel beim Abschluss des Vertrages im Jahr 1942, der den Nachbau juristisch besiegelt.

Bereits 1938 hatte Generaldirektor Wilhelm Kissel gefordert, „einen Lkw mit der Ladefähigkeit von drei Tonnen zu schaffen, der an Gewicht ebenso leicht sein müsse wie der Opel Blitz und ebenso billig wie jener“. Doch fand sein Vorschlag im Daimler-Konzern nicht das für eine Renovierung des Lkw-Programms nötige Gehör. So blieb der hauseigene Dreitonner-Diesel zu schwer und behäbig. Er kommt bei 6,7 Tonnen Gesamtgewicht nur auf eine Nutzlast von 3,1 Tonnen. Der Nachbau des von einem Benzin-Motor angetriebenen Opel Blitz, wie ihn das Werk Mannheim ab August 1944 fertigte, verfügt über 3,3 Tonnen Nutzlast und begnügt sich dafür mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 5,8 Tonnen. In Zeiten knappen Materials zudem besonders wichtig: Für das so genannte Kontingentgewicht von zwei Mercedes-Benz L 3000 ließen sich drei Opel Blitz herstellen.

Bis die Produktion des Opel in Mannheim aber starten konnte, vergingen fast zwei Jahre. Zum einen war das Management von Daimler-Benz verärgert über die Anweisung, nun ein Fremdfabrikat bauen und das eigene Modell einstellen zu sollen. Zum anderen reifte in der Stuttgarter Zentrale auch die Erkenntnis, dass die Umstellung auf den Opel Blitz ihr Gutes haben könnte, denn eine Ablehnung hätte zur Folge haben können, zwangsweise auf die Produktion branchenfremden Kriegsmaterials umschwenken zu müssen und dadurch möglicherweise die Lkw-Produktion ganz zu verlieren. Kissels von Lkw womöglich für immer ins Abseits zu geraten. Vorstand Wilhelm Haspel, der ab August 1942 Kissels Nachfolger als Vorstandsvorsitzender war, erkannte, dass die Lastwagen-Fertigung „von lebenswichtiger Bedeutung für die Nachkriegsperiode“ sei, „denn wenn wir einmal herauskommen würden, würde es sehr schwierig sein, die Fahrzeugproduktion wieder aufzunehmen“. [foto id=“301216″ size=“small“ position=“left“]

Wenn es darum ging, ein Opel-Blitz-Fahrgestell für Versuche mit eigenen Neuentwicklungen wie zum Beispiel einem luftgekühlten Motor-Prototypen namens OM 175 herzunehmen, bestanden ohnehin keine Berührungsängste. Um 1943 herum war ein derart umgebauter Opel-Blitz ganz unbekümmert als Versuchsträger im Einsatz.

Die Umstellung auf eine Produktion des Fahrzeugs war schwierig, insbesondere die Beschaffung der nötigen Anlagen und die Integration der neuen Fertigung in die bestehende und voll eingerichtete Fabrik. Darüber hinaus war das Brandenburger Opel-Werk eines der modernsten seiner Art in Europa; und es bereitete Mühe, die Mannheimer Fabrik entsprechend umzubauen. Am Ende aber profitierte das Werk enorm von der Modernisierung.

Bis zum Zusammenbruch des Deutschen Reichs erreichte die Fertigung in rund einem halben Jahr insgesamt nur eine Stückzahl von 3500 Einheiten. Dennoch war Mannheim dann nur noch der einzige Lieferant des Opel Blitz, weil die Produktion im Werk Brandenburg bereits Anfang August 1944 nach einem Bombenangriff zum Erliegen kam und aus der geplanten Fertigung bei Borgward ebenfalls der Luftangriffe wegen nichts wurde.

Was Daimler-Benz aus Mannheim an die Wehrmacht liefert, ist der Nachbau des Opel Blitz mit eckigem Wehrmachts-Einheitsfahrerhaus aus Holzfaser-Hartplatte, das die ursprüngliche Opel-Stahlkabine längst abgelöst hat, um das knappe Metall zu sparen. Für die Wehrmachtsausführung von 1942, in der Daimler-Benz das Fahrzeug nun fertigte, hatte der seit 1930 gebaute Opel nur wenige Modifikationen erfahren: verstärkte Hinterachsfederung, ein Ölbad-Luftfilter für den Motor und eine von 55 kW / 75 PS auf 50 kW / 68 PS reduzierte Leistung, um den Drehmomentverlauf günstiger zu gestalten. Der Kriegslage entsprechend hatte sich außerdem noch eine kleine, aber [foto id=“301217″ size=“small“ position=“right“]bemerkenswerte Änderung am ursprünglichen Blech-Fahrerhaus ergeben, bevor das Wehrmachts-Einheitsfahrerhaus an seine Stelle trat: Nachdem sich Partisanenangriffe bereits gehäuft hatten, erhielt der Opel-Blitz noch rasch ein erhöhtes Dach, damit die Besatzung auch mit aufgesetztem Stahlhelm fahren konnte.

Der ursprünglich bis Kriegsende begrenzte Nachbauvertrag sah vor, dass Daimler-Benz außer dem üblichen Radstand von 3600 Millimetern auch noch die S-Variante mit 4200 Millimetern Radstand sowie die Allradvariante des Opel Blitz fertigen soll. Geplant war zudem, dass Motoren für die Limousine „Admiral“ von Daimler-Benz an Opel zu liefern seien. Umgesetzt wurde all das nicht mehr. Der Nachbauvertrag aber wurde noch zwei Mal verlängert. Die Fertigung des L 701 ruhte nach Kriegsende nur kurz, nachdem die US-Armee das Mannheimer Werk am 11. April 1945 besetzt hatte.

1946 rollten in Mannheim insgesamt 1497 Einheiten des L 701 vom Band, während die Gaggenauer Produktion des 4,5-Tonners L 4500 gerade ein Mal 522 Einheiten erreichte. Im Jahr 1948 baut Mannheim 3803 Exemplare des L 701, Gaggenau kommt indes beim L 4500 auf eine Stückzahl von 884 Einheiten. Ab 1948 lieferte Opel auch wieder die ursprüngliche Stahlkabine, womit der L 701 gleich ein weitaus zivileres Gesicht erhält. Sein letztes Stündchen – da ist er insgesamt 10.300 Mal produziert – schlägt dennoch bereits im Jahr darauf. Am 10. Juni 1949 rollte der letzte L 701 vom Mannheimer Band und macht den Weg frei für den Nachfolger L 3250, der im Mai 1949 auf der Exportmesse in Hannover vorgestellt wurde. Er bot einen Selbstzünder mit der Literleistung eines Benziners sowie einen Diesel-Lkw mit der Nutzlast eines Benziners.

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