Christian Klien: Lieber Nägel mit Köpfen

(motorsport-magazin.com) Christian, in 33 Tagen findet der erste Formel 1-Grand Prix der neuen Saison statt. Wie stehen Deine Chancen, dabei zu sein?
Christian Klien: Wir sind in Gesprächen mit Teams, die ein Cockpit anbieten können. Die teaminternen Strukturen verzögern mancherorts die Entscheidungen. Zudem ist der Fahrermarkt ist so sehr in Bewegung wie seit Jahren nicht. Aber die Chancen sind intakt.

Warum hat bei den bisherigen Verhandlungen kein Renncockpit heraus geschaut?
Christian Klien: Weil ich ganz offensichtlich beim Gesamtpaket aus Speed und Erfahrung, geografischem Marktwert, und wirtschaftlichen Komponenten wie Sponsorpartner ein weniger gutes Gesamtpaket anbieten kann als andere Fahrer. Niemand macht mehr ein Geheimnis draus, dass der "Wirtschaftsfaktor" eines Fahrers in der derzeitigen wirtschaftlichen Situation ein großer Wettbewerbsvorteil ist. Das soll aber nicht heißen, dass z.B. Pedro de la Rosa oder Vitaly Petrov nicht auch hervorragende Rennfahrer sind.

Wie knapp dran warst Du an den beiden erwähnten Cockpits?
Christian Klien: Man muss sich nur ansehen, wann die Fahrerpaarungen jeweils bekanntgegeben wurden. Sauber war mein erster Ansprechpartner, da ich dort zwei Jahre als Test- und Ersatzpilot jeden Winkel im Werk in Hinwil kennengelernt habe. Peter Sauber war immer völlig offen und hat mir auch über wirtschaftlichen Komponenten keine Illusionen gemacht. Ich schätze ihn sehr. Er hat sich bis zum letzten Moment Zeit gelassen mit der Fahrerentscheidung. Mit Renault war ich bis 24 Stunden vor der Fahrer-Entscheidung auf der Fahrer-Shortlist. Hier kann man wirklich von einer Last-Minute-Entscheidung sprechen. Der zweite Fahrer wurde erst am Morgen der Autopräsentation fixiert. Die Entscheidung war für das Team offensichtlich nicht einfach.

Jetzt sind noch zwei Teams an der Restplatzbörse, an deren Teilnahme sogar Bernie Ecclestone vor einiger Zeit noch Zweifel hegte…
Christian Klien: Es ist eine völlig andere Formel 1, in der die Konzerngiganten wieder Seite an Seite mit kleinen Teams kämpfen, die mit geringen Mitteln, aber umso mehr Enthusiasmus ans Werk gehen. Es ist offensichtlich, dass nur noch wenige Renncockpits bzw. interessante Ersatzfahrercockpits verfügbar sind. Ich kann aber im Interesse der Verhandlungen keine weiteren Details darüber preisgeben. Die Möglichkeiten sind limitiert und die Ausgangslage schwierig. Solange ich aber realistische Chancen sehe, werde ich um eine Teilnahme an der F1 kämpfen.

Wäre ein weiteres Jahr als Testfahrer noch eine Option?
Christian Klien: Das Ziel heißt ganz klar: Rennen fahren. Ich war jetzt drei Saisonen lang Testfahrer. Ich habe in großen Werksteams viel an Erfahrung dazu gewonnen. Aber ich bin rennhungrig. Dennoch würde ich eine Testfahrer-Rolle nicht komplett ausschließen. Mein ehemaliger Teamkollege Nick Heidfeld hat gerade bei Mercedes angedockt. Mit seinem Karriereverlauf müsste er eigentlich ein sicheres Renncockpit haben. Im vergangenen Jahr haben 50% der Teams während der Saison auf ihren dritten Mann zurückgegriffen. So falsch muss das also nicht sein, wie man z.B. bei Liuzzi oder jetzt eben de la Rosa gesehen hat. Und Pedro ist zehn Jahre älter als ich. Noch ein Jahr als Ersatzmann wäre nicht die ultimative Katastrophe. Obwohl der Job durch das Testverbot seinen Reiz etwas eingebüßt hat.

Gibt es Kontakte außerhalb der Formel 1?
Christian Klien: Es gab natürlich Anfragen seit meinen Renneinsätzen bei den Le Mans-Prototypen. Die zwei Jahre Rennsport im Prototyp-Sportwagen, parallel zur F1-Testfahrerposition bei BMW-Sauber haben meine Rennerfahrung klar erweitert und in Schuss gehalten. Diese Autos mit ihren 700 PS und über 350 km/h Spitze sind heute sehr nahe an der Formel 1 dran. Es hat von Beginn an alles gepasst und es war fantastisch, im vergangenen Jahr mit dem Peugeot 908 das legendäre 1000 km Rennen von Spa zu gewinnen. Mein Focus ist im Moment ganz klar auf die Formel 1 ausgerichtet. Le Mans kollidiert zudem vom Termin her dieses Jahr mit der Formel 1. Also konnte ich keine Zusage für einen Le Mans-Einsatz machen.

Wann wird eine Entscheidung fallen?
Christian Klien: Wenn es nach mir geht, lieber heute als morgen. Der Fahrer in so einer Situation nur einer von vielen Beteiligten und kann daher den Zeitpunkt der Entscheidung nicht beeinflussen. Ich danke auf jeden Fall allen für die Geduld. Mir wären Nägel mit Köpfen auch lieber. Die Formel 1-Spielregeln bedingen aber auch, dass über ungelegte Eier nicht geredet wird – aus Rücksicht auf die Teaminteressen, sowie deren Sponsoren und Partner.

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