Experten sehen Wandel der Automobilindustrie

Den Individualverkehr und damit auch die Automobilindustrie sehen Experten aus Wissenschaft und Automobilwirtschaft vor einem gravierenden Strukturwandel.

„Die Bedeutung des Autos als Identifikationsobjekt bei jungen Menschen sinkt“, sagte Dr. Frank Ruff, verantwortlich für Konzernforschung und Vorentwicklung bei der Daimler AG, anlässlich der „Stuttgarter Tage der Unternehmens- und Automobilgeschichte“ im Mercedes-Benz-Museum. Dr. Thomas Meyer, Geschäftsführer Mobilitätssysteme am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) meint dazu: „Unsere Studenten sind zwar alle bestens mit Laptops und Smartphones ausgestattet, eine Affinität zum Automobil stelle ich jedoch nur bei einer Minderheit fest.“

Zu diesem Thema fehle zwar noch belastbares Zahlenmaterial, bemerkte Professor Willi Dietz vom Institut für Automobilwirtschaft in Nürtingen, dennoch stelle er eine zunehmende Polarisierung des Marktes fest. Nur noch ein Teil der Menschen betrachte das Auto als Liebhaberobjekt, für einen wachsenden Anteil der Bevölkerung sei das Auto reines Transportmittel. Daran hat man mittlerweile auch im Hause Daimler kaum mehr Zweifel. „Die Menschen wollen zwar nach wie vor Autos nutzen, aber nicht mehr zwingend besitzen“, stellt Daimler-Forscher Ruff fest, weshalb man sich in seinem Haus auch Gedanken über Car-Sharing-Systeme und intermodale Verkehrskonzepte mache.

Dabei spielt das Elektrofahrzeug in naher Zukunft wohl noch nicht die Hauptrolle, wie Professor Dietz konstatiert: „Bei der Schöpfungsgeschichte des Elektroautos sind wir noch am ersten Tag, nicht am siebten.“ Thomas Meyer beurteilt die Situation ähnlich, weil sich seiner Meinung nach die kritische Frage der Stromspeicherung nicht schnell verbessern lasse, und weil hier die Entwicklung linear und nicht exponentiell verlaufe, was ihn zu dem Schluss führt: „Wir müssen mit der Elektromobilität noch viel Geduld haben.“ Auch wenn der Verbrennungsmotor noch lange nicht wegzudenken sei, empfiehlt Dietz der Industrie, das Thema Elektromobilität weiter voranzutreiben: „Eine Volkswirtschaft wie die deutsche muss den Weg der Innovation gehen.“