Mercedes-Benz

Fahrbericht Mercedes Viano Marco Polo: Kompakt, bequem und vielseitig

Einen gehörigen Anteil an diesem Aufschwung hat die kleinste Gattung der Wohnmobile, die allerdings auch die längste Tradition hat: Die auf der Basis von Großraumfahrzeugen bzw. Transportern ausgebauten kompakten Freizeit- und Reisemobile, die auch im Alltag durch ihre Abmessungen, ihren Pkw-Fahrkomfort und "normalem" Verbrauch jederzeit einsatzbereit sind und nichts mehr mit ihrem legendären Urahn VW-Bully zu tun haben. Ein Vertreter dieser Spezies ist der Mercedes Viano Marco Polo, der seit 2004 auf dem Markt ist und sich ebenfalls steigender Beliebtheit erfreut.
Mercedes Viano Marco Polo. Foto: Auto-Reporter/DaimlerChrysler
Mit einer Länge von 4,99 Metern ist der Marco Polo trotz seiner vier Schlafplätze natürlich nicht unbedingt das geeignete Gefährt für den mehrwöchigen Familien-Urlaub auf dem Campingplatz. Dafür ist das Raumangebot denn doch etwas zu knapp bemessen. Aber ideal für Reisen mit vielen Zwischenstationen und "Auch-Übernachtungen" an besonders schönen Flecken der Natur. Denn im Gegensatz zu seinen größeren Brüdern sind enge Straßen oder niedrige Torfahrten in einem toskanischen Örtchen oder schmale Überlandwege in Irland kein Problem. Und bei einer Höhe von 1,98 Meter passt er auch in jede Garage, bleibt ihm kein Parkhaus versperrt.
Außer der Tatsache, dass man bei den kompakten Abmessungen natürlich auf Toilette und Nasszelle verzichten muss, fehlt zum autarken Reisen nichts. Die 1,45 Meter breite Küche besteht aus einem Zweiflammenherd mit Piezozündung, einem Spül- und Wachbecken aus Edelstahl, einer 40- Liter-Kompressor-Kühlbox, je zwei Schubladen und Rollschränken sowie einem Frisch- und Abwassertank. Zum Essen holt man sich den Tisch aus der Schiebetür und hängt ihn ebenso mühelos am Küchenblock ein wie man die vorderen Sitze zum Fond hin blitzschnell dreht. Mittelpunkt des Ausbaus ist die auf einem Schienensystem bei einer jeweiligen Rasterweite von nur 2,5 Zentimetern bequem und ohne Kraftaufwand verschiebbare Rücksitzbank, die auch einen Großteil der unteren Schlafstätte ausmacht. Ein umständlicher Bettenbau ist aber nicht angesagt. Die Lehnen sind elektrisch umlegbar und aus den während der Fahrt Seitenhalt gebenden Polstern lässt man die Luft entweichen, so dass eine 1,10 Meter breite, ebene Liegefläche entsteht. Selbstverständlich per Knopfdruck. Mittels diese Pneumatic werden am nächsten Morgen die Lehnen dann wieder in die richtige Fasson gebracht.
Ebenso durchdacht sind die zahlreichen Ablagen, Becherhalter und zahlreichen Lampen sowie die Abdunklungen, wo sich zweifelsohne die Erfahrung des Ausbauers Westfalia bemerkbar macht, der seit einigen Jahren ja zum DaimlerChrysler-Konzern gehört. Das gilt auch für das Faltdach, das leicht zu öffnen ist. Um es bis zum Einsetzen der Hebehilfe nach oben zu drücken ist zwar ein gewisser Kraftaufwand notwendig. Das ist jedoch keineswegs so anstrengend, dass man sich nach der immerhin 1283 Euro teuren Elektrohydraulik sehnt. Das Absenken des Dachbettes geht noch einfacher, da sich der Faltenbelag automatisch einzieht. Auch wenn einem in der oberen Etage eine Bettlänge von 2,05 Meter zur Verfügung steht, dürfte diese Schlafstatt allerdings mehr bei mitfahrenden Kindern richtige Begeisterung erwecken.
Trotz des Gewichts von über zwei Tonnen sorgt der 2,2-Liter-Selbstzünder für genügend Vortrieb, wobei dank des maximalen Drehmoments von 330 Newtonmeter zwischen 1800 und 2400 Umdrehungen vor allem die Durchzugskraft auch in den unteren und mittleren Drehzahlbereichen beeindruckt. In Verbindung mit dem gut abgestuften Sechsgang-Getriebe und einer leichtgängigen Lenkung lässt sich der Marco Polo wie ein normaler Viano fahren und auch der Verbrauch hält sich mit realistischen 12 bis 13 Liter in Grenzen. Ebenso Pkw-like ist die Sicherheitsausstattung mit ABS, EBV, ESP und Airbags für Fahrer und Beifahrer, so dass der Marco Polo sich wirklich als Vielzweck-Gefährt entpuppt. Das ganze hat natürlich auch seinen Preis. In der gefahrenen Motorisierung kostet der Spaß ab 39 857 Euro, der sich durch ein Navigationsgerät, Standheizung, zusätzliche Klimaanlage hinten, Sitzheizung, Luftfederung und einiges mehr durchaus auf über 50 000 Euro erhöhen lässt. Dann kann man, muss es ja aber nicht. Denn auch in der Basisversion bietet der Marco Polo schon jede Menge Auto. (ar/hhg)
Von Hans H. Grassmann
21. Oktober 2005. Quelle: Auto-Reporter

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