Frische Brise im Tank: Windkraft-Tankstellen für den Hausgebrauch

Sie sind der Alptraum jedes Mineralölkonzerns: Selbstversorger, die mit Kleinwindanlagen Strom produzieren und Elektrofahrzeuge aufladen. Die ersten großen Windkrafttankstellen sind bereits in Planung.

Allround-unabhängig

Wenn Marten Jensen in die Zukunft blickt, gerät der Friese ins Schwärmen. „Wir sind allround-unabhängig. Strom, Wärme, Mobilität – all das holt man sich aus dem eigenen Garten“, so die Vision des Geschäftsführers der Easy Wind GmbH. Denn in seiner Vision der Zukunft hat jeder ein eigenes Windrad auf dem Grundstück, kann den Energiekonzernen eine lange Nase zeigen und mit seinem selbst aufgeladenen Elektroauto jede Tankstelle links liegen lassen. In Nordfriesland, wo in den 80er Jahren die ersten Windparks entstanden, soll das zuerst Realität werden.

Schon jetzt hat Jensen vier Kunden, die ihre Windräder mit einer Stromtankstelle aufgerüstet haben. Einer davon lädt sein Elektro-Dreirad Twike per Windenergie auf dem eigenen Grundstück auf. Die laut Easy Wind weltweit einzige zertifizierte Kleinwindanlage für den Hausgebrauch kostet inklusive Fundament und Genehmigungsplanung 22 500 Euro ohne Mehrwertsteuer. Die Stromtankstelle gibt es für 290 Euro dazu. Die Anlagen ragen je nach Ausführung sieben, 13 oder gar 19 Meter über den Erdboden auf. Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig: in der Landwirtschaft, als Stromgenerator für abgelegene Forschungsstationen oder auf Segelbooten, und eben auch als kleines Kraftwerk für Selbstversorger.

Einspeisevergütung

Die Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ist für Besitzer von Kleinwindanlagen allerdings nicht gerade attraktiv: Neun Cent pro Kilowattstunde ist die magere Ausbeute, deutlich weniger etwa als bei Solarenergie. Die Genehmigungspraxis für Windräder ist zudem von Bundesland zu Bundesland sehr unterschiedlich, oft gelten die gleichen komplizierten baurechtlichen Voraussetzungen wie für große Windkraftanlagen. Im Gegensatz zu Solarzellen liefern die Windräder zwar auch nachts Strom, doch bei Windstille ist natürlich nichts zu machen. Der Energieertrag schwankt daher stark. In Nürnberg zum Beispiel liegt er laut Berechnungen von Easy Wind bei weniger als 10 000 kWh pro Jahr, in Hamburg dafür bei knapp unter 15 000 kWh und in Husum an der Nordsee bei rund 16 000 kWh. Ein Durchschnittshaushalt verbraucht rund 3 500 kWh Strom pro Jahr.

Nicht der einzige Wind-Visionär

Der Selbstversorger Jensen aus Friesland ist nicht der einzige Wind-Visionär. Der Ingenieur und Unternehmer Klaus-Dieter Balke plant haushohe Windkraftwerke mit vertikal angeordneten Turbinen, die ein bisschen aussehen wie eine Weihnachtspyramide. Die Turbinen lassen sich modulartig übereinander anbringen, und darunter bleibt ein nutzbarer Gewerberaum, zum Beispiel für eine Stromtankstelle. Balke nennt seine Idee die „Ööl-Quelle – ökonomisch-ökologische Leistungsquelle“. Eine 35 Meter hohe Anlage mit vier Turbinen habe eine Leistungsabgabe von 20 kW bei einer Windgeschwindigkeit von 10 Metern pro Sekunde und sei unter normalen Bedingungen in der Lage, im Jahresverlauf 85 000 Kilowattstunden Strom zu produzieren. „Durch die vertikale Anordnung der Propeller wird der Wind sozusagen optimal entnommen“, so der Ingenieur. Im April wollen Balke und seine Partner aus Baden-Württemberg und Norddeutschland die erste Windmaschine präsentieren. Balke will die durch die Wind-Pyramiden erzeugte elektrische Energie in Batterien speichern, die als Antriebsquelle für Elektroautos dienen – man liefert sein leeres austauschbares Batteriepaket in der Tankstelle ab und nimmt ein frisches wieder mit.

Betankung von Fahrzeugen

Um genügend Autos betanken zu können, müssen die Windmaschinen natürlich eine entsprechende Leistung erbringen. Das Elektroauto Opel Ampera zum Beispiel nimmt zum Laden seiner Batterie 8 kWh Strom auf. Die Gesamtkapazität der Batterie liegt bei 16 kWh. Man nutze davon aber nur die Hälfte, heißt es bei Opel, um die Lebensdauer der Batterie zu verlängern. Nach zwei Stunden seien an einer 220-Volt-Steckdose 7 kWh geladen und nach 2,5 Stunden rund 8,5 kWh.

Bei Toyota hat man eine andere alternative Zukunftsvision der Selbstversorgung ohne Öl: Solarzellen auf dem Dach einer Garage oder eines Parkplatzes erzeugen Strom, den man zum Aufladen des Akkus im Plug-In Prius nutzen kann. Die Plug-In-Version des Hybridautos, das bereits in kleinen Testflotten unterwegs ist, hat eine rein elektrische Reichweite von 20 Kilometern. Erst dann muss der Benzinmotor wieder mithelfen – und wer sein Auto hauptsächlich im Stadtverkehr nutzt, kann bei jeder Spritaufnahme wahrscheinlich die Spinnweben vom Tankdeckel wischen.

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