Husqvarna Nuda 900/Nuda 900R: Freche Nichte

Husqvarna zählt zu den ältesten Motorradherstellern der Welt – das Unternehmen begann 1903 in Schweden mit der Motorradproduktion und ist damit sogar älter als Harley-Davidson. Doch anders als der amerikanische Riese hat die Firma eine extrem wechselvolle Geschichte hinter sich: 1987 wurde die kränkelnde Motorradsparte an die Italiener von Cagiva verkauft, dem Imperium von Claudio Castiglioni. Dieser trennte sich aus finanziellen Gründen von Husqvarna zum 1. Oktober 2007. Seitdem gehört die Marke zur BMW Group. Bekannt ist Husqvarna vor allem für seine erfolgreichen Enduros, Crosser und Supermotos, doch das genügt den Verantwortlichen am Stammsitz im norditalienischen Varese nicht mehr: Mit der neuen Nuda 900 kehren sie in den Straßensektor zurück und wollen damit neues Terrain erobern.

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Auf den ersten Blick

Dennoch wahrt die Neue auf den ersten Blick die bekannte langbeinige Offroad-Silhouette, auch die markentypisch schmale Tank-Sitzbankkombination sowie typische Husqvarna-Designmerkmale wie die durchgehend eckige Formensprache bleiben gewahrt. Gleichsam geländig wirkt die zu erklimmende Sitzhöhe von 870 Millimeter der Standardversion, die R ist mit 875 bis 890 Millimeter sogar noch luftiger. Die [foto id=“386889″ size=“small“ position=“left“]schmale Kontur der Sitzbank erlaubt dennoch einen akzeptablen Stand, und in Fahrt wird’s für Durchschnittsmenschen sogar richtig bequem: Im Dreieck aus Rasten, Sitzbank und Lenker sitzt es sich entspannt und aufrecht, fast tourentauglich – wäre da nicht das arg schmale Polster und der nur minimale Windschutz. Offroad-Gene verraten auch die langen Federwege, die auf ebenem Untergrund bei flotter Gangart üblicherweise ein Rührstück einleiten. Nicht so bei der Nuda: Ihr Fahrwerk stammt von der bekannten BMW F800 ab, mit einem gekürzten Gitterrohrrahmen, stabilerem Steuerkopf und angepasster Lenkgeometrie. Damit gibt sich die Nuda sehr schluckfreudig, ohne weich zu sein, und gleichzeitig stabil, ohne unkomfortabel zu wirken. Fahrstabilität, Fahrkomfort und Manövrierfähigkeit zeigen ein sehr hohes Niveau und über die breite Lenkstange lassen sich Lenkbefehle exakt umsetzen. Die Nuda gehorcht folgsam aufs Wort. Ihr Schräglagenverhalten ist jederzeit berechenbar. Anders als die nervös kippelnden Supermotos schafft sie auf Anhieb ein Vertrauen erweckendes Handling, ohne überhandlich zu agieren. Wozu die aufgezogenen Metzeler Sportec M5-Interact ihren Teil beitragen dürften.

Kurventanz

Die Agilität rührt jedoch auch vom niedrigen Leergewicht von 195 Kilogramm her, die den Kurventanz erleichtern. Wer’s wilder treiben möchte, sollte auf die Nuda 900R mit voll einstellbarer Sachs-Gabel vorn und ebensolchem Öhlins-Dämpfer hinten umsatteln: Neben dem höheren Sitz ändert sich die Geometrie in Richtung handlich, die „R“ fällt leichter in die Kurve und verzögert mit den Brembo-Monoblock-Festsattelzangen richtig bissig, wie von einer Sportskanone nicht anders zu erwarten. Das Fahrwerk der [foto id=“386890″ size=“small“ position=“left“]Standard-Nuda ist nur hinten in Federvorspannung und Zugstufendämpfung einstellbar, ihre ebenfalls per Radialpumpe betätigten herkömmlichen Vierkolben-Bremssättel liefern eine effektive, glasklar dosierbare Verzögerungsleistung ohne die Giftigkeit der „R“-Stopper.

Das Herzstück

Das Herzstück, den Antrieb, haben die Nudas ebenfalls von der BMW F800 geerbt. Doch Vorsicht: Wer diesen Motor kennt, wird ihn in der Husqvarna nicht mehr wieder erkennen: Nur das Reihenzweizylinder-Konzept blieb bestehen, Hubraum, Leistung, Sound und Charakter, alles wurde für den Einsatz in der F800-Nichte Nuda modifiziert. Eine größere Bohrung und mehr Hub bescheren 898 ccm Hubraum, 105 PS und 100 Nm lauten die neuen Höchstwerte. Eine neue Kurbelwelle mit 315 Grad Versatz und eine Auslassklappe vor dem schmal geratenen Schalldämpfer sind die konstruktiven Änderungen, die aus der Nuda ein sportlich-freches Kurvengerät machen.

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Kribbelnde Akustik

Ein kehliger, deutlich kräftiger Sound mit herrlicher V-Motor-Note dominiert die kribbelnde Akustik. Mit wenig Schwungmasse werden Gasbefehle unglaublich spontan umgesetzt und stets ist mehr als genug [foto id=“386892″ size=“small“ position=“left“]Dampf vorhanden, um auch aus niedrigen Drehzahlen freudig los zu sprinten und das Vorderrad lustig zu lupfen. Dabei entwickelt der Zweizylinder den Druck von unten heraus sehr gleichmäßig und exakt beherrschbar, um bei rund 5 000 Touren noch ein kleines Sahnehäubchen drauf zu packen. Die Verbrennungsarbeit bleibt mit spürbaren Vibrationen stets präsent, doch gibt es im Gegensatz zur BMW keinen Bereich, in dem sie unangenehm auffallen. Noch knackiger geht’s bei der identisch motorisierten Nuda R zur Sache, deren um einen Zahn kleineres Ritzel noch freudvolleres Beschleunigen beschert. Sollte das Umfeld ausnahmsweise das Angasen einmal nicht erlauben, kann der Pilot auf Knopfdruck ein zweites Motormapping aktivieren, das beispielsweise bei Feuchtigkeit Sinn macht und den Leistungseinsatz zurück nimmt.

Alltagstauglichkeit

Trotz der insgesamt puristischen Auslegung braucht der Nuda-Treiber auf Alltagstauglichkeit nicht zu verzichten. Das beginnt beim vergleichsweise kleinen 13-Liter-Tank, der dank des sparsamen Antriebs für weit mehr als 220 Kilometer reichen sollte und hört nicht auf beim vollständigen und ausgezeichnet ablesbaren Cockpit mit Schaltblitz, in dem eine ABS-Warnleuchte auf den erst ab Herbst 2013 eintreffenden [foto id=“386893″ size=“small“ position=“left“]Blockierverhinderer hinweist. Das Zubehör zeigt BMW-Vollständigkeit inklusive der variablen Koffer der F800 und einem Windschild.

Fazit

Mit der Nuda 900 ist den weiß-blauen Italienern tatsächlich ein fahraktiver Zwitter aus Supermoto und Naked Bike gelungen, eine Gattung Motorrad, die es bislang nicht gab. Schade nur, dass die ab November erhältliche 9 990 Euro teure Basisversion nur in schwarzem Outfit daher kommt, während die Nuda 900 R für 11 590 Euro exklusiv in den traditionellen Motorsportfarben Rot und Weiß des Unternehmens zu haben ist.

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