Italienische Momente: Die Neuheiten von Aprilia und Moto Guzzi


So langsam kehrt bei den Motorradherstellern in Italien wieder Ruhe ein. Wo noch vor wenigen Jahren ein ruinöser Konkurrenzkampf tobte, der beinahe alle traditionellen Marken ins Verderben gerissen hat, wird nun an einer gemeinsamen Zukunft gebaut. Seit zwei Jahren darf der knapp dem Untergang entronnene Hersteller Aprilia neben den Marken Vespa, Gilera und Derbi bei Piaggio weiterleben. Das Unternehmen ist inzwischen zu Europas größtem Zweiradkonzern gewachsen. Das gibt auch dem fliegenden Adler von Moto Guzzi, der im Jahr 2000 von Aprilia übernommen worden war, eine Zukunft: Die Traditionsmarke gehört ebenfalls zur großen italienischen Familie.
Nachdem nun die wirtschaftliche Zukunft von Aprilia und Moto Guzzi vorerst gesichert ist, geht es mit frischem Schwung und vielen neuen Modellen in die Saison 2006. Im Piaggio-Konzern soll Aprilia nicht zuletzt wegen 26 Weltmeistertiteln im Straßenrennsport vor allem mit sportlichen Modellen Marktanteile gewinnen, während Moto Guzzi die traditionellere und tourende Kundschaft befriedigen darf.
Die kleine Aprilia RS 125 erinnert mit ihrer sportlichen Optik stark an die RSV 1000. Das ist gewollt und berechtigt, denn der 137 Kilogramm leichte Achtelliter-Sportler legt in der ungedrosselten Version ordentlich los, sofern die Drehzahl nicht unter 5 000 U/min fällt und die sechs Gänge fleißig durchgeschaltet werden. Die Maximalleistung von 21 kW/29 PS wird bei 10 500 U/min erreicht. Bis zu 155 km/h schnell rennt der kleine Flitzer, für den stattliche 5 000 Euro fällig werden. Wer Lust auf die kleine Spaßmaschine hat, muss sich aber beeilen, denn aufgrund der EU-Abgasvorschriften darf sie nur noch bis Ende 2007 mit Euro-2-Homologation als Neufahrzeug beim Händler stehen, und eine Version, die den strengeren Normen entspricht, ist derzeit nicht in Sicht.
Die Pegaso 650 Trail folgt als Enduro dem im vergangenen Jahr präsentierten Funbike 650 Strada. Der kernige Einzylindermotor von Yamaha bringt die 195 Kilogramm schwere Pegaso zügig auf Trab, die fünf Gänge lassen sich sauber und exakt schalten, dank des breiten Lenkers hat man das Bike jederzeit im Griff und notfalls packen die gut dosierbaren Bremsen sicher zu. Vor allem bei der entspannten oder auch der sportlich-ambitionierten Fahrt auf der Landstraße zeigen sich die Qualitäten des drehfreudigen, 35 kW/48 PS starken Aggregats und des tadellosen Fahrwerks. Einzig das Cockpit mit dem etwas überladenen und darum schlecht ablesbaren Kombiinstrument trübt das Gesamtbild der 6 750 Euro teuren Pegaso Trail.
Die Aufbau der Aprilia Tuono 1000 R ist ungewöhnlich, der Kern supersportlich. Basis des unverkleideten Spaßbikes ist die RSV 1000, deren V2-Motor hier 98 kW/133 PS leistet: mehr als genug für jede Lebenslage. Das bevorzugte Revier der Tuono ist die Landstraße, und hier ist viel Selbstdisziplin gefordert, denn die legale Grenze von Tempo 100 könnte die fast nackte Italienerin bereits im ersten Gang überschreiten, die angegebene Höchstgeschwindigkeit von 253 km/h ist dagegen wegen des fehlenden Windschutzes nur theoretischer Natur. Zu den wenigen Minuspunkten der 11 400 Euro teuren Italienerin gehören die eingeschränkte Sicht in den Spiegeln sowie die auf Dauer etwas unbequeme Sitzposition.
Noch stärker als die Tuono ist die RSV 1000 R: Wohl dem, der in der Nähe einer Rennstrecke wohnt, denn der Supersportler reizt nach den Verbesserungsarbeiten am Zweizylindermotor, am Fahrwerk und an der Verkleidung noch mehr zu einer ambitionierten Runde außerhalb des Geltungsbereichs der Straßenverkehrsordnung. Der 105 kW/143 PS starke Twin mit 998 ccm Hubraum katapultiert die 210 Kilogramm schwere Aprilia in wenig mehr als drei Sekunden auf Tempo 100, auf der Autobahn zeigt der Digitaltachometer bei optimalen Bedingungen atemberaubende 287 km/h. Und doch ist die RSV durchaus alltagstauglich: Butterweich lassen sich die sechs Gänge schalten, die Bremsen verzögern souverän und gut dosierbar, das Fahrwerk schluckt locker Unebenheiten der Straßenoberfläche, die Lenkung reagiert sensibel. Auch der Preis von 13 500 Euro scheint angesichts des ziemlich perfekten Sportbikes angemessen. Für 2 100 Euro mehr erhalten Hobby-Racer mit der RSV 1000 R Factory ein feines Sportgerät mit edlen Fahrwerkskomponenten, Lenkungsdämpfer und Karbonteilen, so dass man sich den teuren Gang zum Zubehörhändler sparen kann.
Moto Guzzi sieht seine Rolle neben der sportlichen Schwester Aprilia als Tourer-Marke. In der Breva-Familie der kardangetriebenen Allrounder stehen drei Modelle mit 750, 850 und 1 100 ccm zur Auswahl. Die kleinste Version für 7 790 Euro mit 36 kW/49 PS ist wegen ihres handlichen Fahrverhaltens und ihrer homogenen Leistungsentfaltung eine gute Wahl für Ein- und Aufsteiger, die es eher gemächlich angehen wollen. Neu bei der 750 ist in diesem Jahr die 8 190 Euro teure Touring-Variante mit serienmäßigen Koffern und Topcase. Wer mehr Leistung bei der Breva will, sollte gleich zur 1 100 greifen, denn die hat 63 kW/86 PS, ein maximales Drehmoment von 89 Nm und kostet 11 990 Euro, während die 850 zu einem Preis von 10 590 Euro 54 kW/74 PS und ein maximales Drehmoment von nur 70 Nm aufweist. Der deutsche Importeur bietet die letzte Variante, die vor allem für südeuropäische Märkte gebaut wird, zwar an, aber rechnet deshalb auch nicht mit großen Absatzzahlen.
Mit der Moto Guzzi Griso haben die Designer einen echten Hingucker kreiert, eine Mischung aus Cruiser und Muscle Bike. Mit dem breiten Lenker hat man das 240 Kilogramm schwere Zweirad gut im Griff, der 65 kW/88 PS starke Twin mit 1 064 ccm Hubraum schiebt ordentlich vorwärts. Nicht zuletzt, weil die Knie am breiten Tank anstoßen und der Fahrer weit nach vorne gebeugt sitzt, taugt die 1 100er eher für die kurze Fahrt zur Eisdiele als zur großen Tour. Dort schindet die knapp 12 000 Euro teure Guzzi aber dann auch mächtig Eindruck.
Mit der 14 890 Euro teuren Vintage steht nach den Modellen Classic und Touring bereits der dritte Ableger der California-Baureihe beim Händler. Das Cruiser-Trio wird vom 55 kW/75 PS starken V2 mit 1 064 ccm Hubraum angetrieben. Neben dem zum Charakter des Bikes passenden Motor gefallen vor allem die große Schräglagenfreiheit, die bequeme Sitzposition und der scheinbar endlos lange Seitenständer. Weniger überzeugend sind der trotz Schaltwippe etwas hakelige Gangwechsel, die große Handkraft erfordernden Bremsen sowie die unscheinbaren Kontrollleuchten.
Ab Juni soll außerdem die Norge 1200 beim Händler stehen. Um dem großen Tourer ausreichend Durchzug zu verleihen, wurde der bekannte 90-Grad-Zweizylinder modifiziert, leistet nun aus 1 151 ccm Hubraum rund 70 kW/95 PS und verfügt über ein maximales Drehmoment von knapp 100 Nm. Serienmäßig hat der kardangetriebene, 261 Kilogramm schwere Tourer ABS, eine Vollverkleidung mit elektrisch verstellbarer Scheibe sowie zwei Koffer. Der Preis beträgt 13 790 Euro. Werner Wagner/mid
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