Kommentar: Keine Alternativen angedacht

Nach dem Einspruch der EU zur offensichtlich nicht bedingungslos gemachten Milliardenkredit-Zusage der Bundesregierung ist der GM-GAU eingetreten. Die amerikanische Mutter will ihr Kind nicht zur Adoption freigeben. Wer wollte es ihr verdenken, betrachtet man es ganz sachlich ökonomisch.

Wir wollen nicht von Redlichkeit sprechen, von der unanständigen Verzögerungstaktik, vom mühsam mit Magna ausgehandelten und unterschriftsreifen Übernahmevertrag, von den blamierten Bundespolitikern, die auch nach den Einwänden der EU noch Überzeugung heuchelten, dass Opel an Magna/Sberbank gehen würde. Dennoch ist nicht zu vermuten, dass die Bundestagswahl anders ausgegangen wäre, hätte GM noch vor dem 27. September diese jetzt heftig kritisierte Entscheidung getroffen.

Der Eifer der Politiker, die sich im Arbeitsplatzrettungs-Populismus gegenseitig überboten hatten, ist nach der Wahl sichtbar schwächer geworden. Und jetzt zeigt sich, dass sie keinen Plan B auch nur in Erwägung gezogen haben. Die Festlegung auf einen Käufer Magna, so scheint sich herauszukristallisieren, war eher politisch als ökonomisch begründet. Auch die Kanzlerin hätte wissen müssen, dass die Amerikaner immer noch ein bisschen Kalten Krieg im Hinterkopf haben und industrielle Innovationen ungern nach Russland abfließen sehen.

Die GM-Manager, überwiegend eine Garde konservativer Köpfe, sahen durch die EU-Bedenken ihre Chance gekommen, den Deal platzen zu lassen. Die Bundesregierung hätte zumindest Alternativen erwägen müssen. Jetzt ist der Schock groß. Und die Hoffnung von Frau Merkel, dass der amerikanische Präsident die Entscheidung rückgängig machen könnte, ist vollends Illusion. Auch er sieht allein amerikanische Interessen. Und aus Management-Entscheidungen bei GM hält er sich raus.

Wie geht es weiter? – Für die Mitarbeiter ist es furchtbar, dass sie einfach nicht zur Ruhe kommen. Und GM hat den Zorn der Mitarbeiter unterschätzt. Die Drohung von GM, Opel in die Insolvenz gehen zu lassen, ist dumm. GM kann nicht erwarten, dass die Zugeständnisse der Mitarbeiter in Millionenhöhe auch dann bestehen, wenn Opel bei GM bleibt. Wer, wenn nicht die Opel-Mitarbeiter und Führungskräfte, wüsste denn besser, wie das GM-Management in den letzten 20 Jahren bei Opel versagt hat. Dass sich das in Zukunft ändern würde und GM nun zum Beispiel modellpolitisch auf Europalinie einschwenken würde, ist nicht zu erwarten. Deshalb ist es jetzt notwendig, nicht die Nerven zu verlieren. Es soll ja weitergehen mit Opel, und nicht nur die nächsten zwei Jahre.

GM wird die jetzt getroffene Entscheidung nicht revidieren. Deshalb ist es notwendig, sich darauf einzustellen und das Beste daraus zu machen. Die Politik ist in der Zwickmühle, hatte sie doch auf Anforderung der EU die Aussage nachgeschoben, die Vergabe von Krediten nicht vom Käufer abhängig zu machen. Es wird schwer sein, sich aus dieser Zusage zurückzuziehen. GM pokert weiter. Die Manager dürften damit kalkulieren, dass von ihren Forderungen vielleicht die Hälfte erfüllt wird. Damit sind die Probleme aber noch nicht gelöst. Opel Europa darf nicht lockerlassen und sich nie wieder darauf einlassen, dass z.B. Modell-Entscheidungen allein in Detroit fallen.

Es wird sicher noch ein harter Kampf, aber auch GM muss und wird einsehen, dass die Bevormundung Opels zu Ende gehen muss. Das ist auch eine Chance für Opel: Das neue Selbstbewusstsein Opels kann, soll, nein, muss zu einem Gleichgewicht der transatlantischen Kräfte führen. Opel hat nur dann eine Chance, wenn das Unternehmen auch unter einem GM-Dach selbstständig handeln kann. Immer erst in Detroit um Erlaubnis fragen zu müssen, kann es nicht sein.

Statt sich gegen den Verbleib bei GM aufzubäumen, sollte sich der Betriebsrat damit vertraut machen, wie man dem GM-Management die nötigen Zugeständnisse abtrotzen kann. Wenn die Politik schon keine Alternativen zu Magna angedacht hat, sollte der Betriebsrat darangehen, die Interessen der Opel-Belegschaft und der Marke Opel knallhart zu vertreten. Die Realität, dass die Entscheidung bestehen bleibt, wie sie gefallen ist, sollte so schnell wie möglich von allen Beteiligten angenommen werden. Auch wenn es schwerfällt, sie zu akzeptieren.

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