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“Leichtbau heißt bei uns Ultra“: Audi-Leichtbau-Chef Lutz-Eike Elend im auto.de-Gespräch

Neckarsulm – 2011 feiert die Branche das Jubiläum „125 Jahre Automobil“. Ein elementarer Bestandteil, der jedes Auto entscheidend prägt, ist aus Sicht von Lutz-Eike Elend allerdings schon wesentlich älter. „Und damit meine ich den Karosseriebau“, betont der Leiter des Leichtbau-Zentrums von Audi in Neckarsulm gegenüber auto.de.

Ist Karosseriebau automatisch gleichbedeutend mit Leichtbau?

Lutz-Eike Elend: Für uns ja. Wir sind heute das weltweit führende Unternehmen, wenn es um Serienfertigung von Leichtbau-Technologien und das Wissen um die weitere Optimierung geht. Unserer Ingenieure optimieren jedes Bauteil, jede Komponente immer auch im Blick auf das Gewicht. Leichtbau ist für uns eine Geisteshaltung: Jedes Gramm zählt. Wir haben Leichtbau zum strategischen Projekt erklärt und richten seither die Entwicklung neuer Fahrzeuge konsequent daran aus.

Was war der Durchbruch?

Lutz-Eike Elend: Wir haben mit dem Werkstoff Aluminium Dinge möglich gemacht, die lange als nicht realisierbar galten. Der mutige unternehmerische Schritt, Aluminium für die Großserie fit zu machen, war ein sehr guter Anfang. Unser Audi-Space-Frame war sicher der Durchbruch. In vielen Leichtbau-Technologien, wo unsere Wettbewerber heute anfangen, Kompetenzen aufzubauen, sind wir deutlich voraus.

Was ist den maßgeblich für den Erfolg einer solchen Strategie?

Lutz-Eike Elend: Die weitere Verringerung des Fahrzeuggewichts – und das unabhängig vom Antriebskonzept. Wir haben schon heute mit dem TT, dem A6 und auch dem A8 die leichtesten Automobile im Premiumsegment. Und wir werden zukünftig unsere neuen Modelle deutlich leichter bauen als die Vorgängermodelle.

Konkret?

Lutz-Eike Elend: Der Nachfolger des A4 wird signifikant leichter. Und für den Nachfolger des Q7 haben wir uns bis zu 400 Kilo Gewichtseinsparung vorgenommen.[foto id=“349220″ size=“small“ position=“left“] Über Leichtbau reden ist das eine, ihn auf der Waage messbar umzusetzen, das andere.

Steht die Branche vor einem Technologiewechsel?

Lutz-Eike Elend: Eindeutig ja. Die Herausforderungen sind klar: Entwicklung und Integration alternativer Antriebe, immer geringerer Kraftstoffverbrauch und weniger Schadausstöße bei gleichzeitig mehr Effizienz, Sicherheit und Komfort. Die Gesetze der Physik gelten universal. Und das bedeutet, je höher das Gewicht eines Autos, desto höher der Verbrauch. Damit ist der konsequente Fahrzeug-Leichtbau eine wesentliche Voraussetzung zur Schonung von Ressourcen.

Neben Verbrauchs- und Schadstoff-Reduzierung: Wie sieht es beim Leichtbau in Sachen Fahrdynamik und Fahrsicherheit aus?

Lutz-Eike Elend: Objektiv und subjektiv ist die Fahrdynamik besser und die Fahrsicherheit höher. Eine kleinere Masse lässt sich eben leichter beschleunigen und mit einem kürzeren Bremsweg abbremsen. Auch das Fahrzeughandling in Kurven ist sicherer und dynamischer.

Neuartige Karosseriekonzepte stellen hohe Ansprüche an den optimalen Einsatz aller potenziellen Leichtbau-Werkstoffe. Ist Leichtbau Werkstoffkunde?

Lutz-Eike Elend: Nicht nur. Leichtbau ist die Beherrschung der Prozesstechnik, die Entwicklung neuer Verbindungstechnologien und die Absicherung von Service- und Reparaturmöglichkeiten. Hochwertige Leichtbau-Konzepte können sehr unterschiedlicher Art und Ausprägung sein. Entscheidend ist jedoch ein gesamthafter Ansatz. Nur über den Gesamtbewertungsansatz ist Materialeffizienz erreichbar.

Das heißt?

Lutz-Eike Elend: Das heißt ganz einfach: Der richtige Werkstoff am richtigen Platz mit bester Funktionsintegration.

Lesen Sie weiter auf Seite 2: Audi-Leichtbau-Chef Lutz-Eike Elend im auto.de-Gespräch – Teil II

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Was ist aktuell möglich?

Lutz-Eike Elend: Aktuelle Entwicklungen im Bereich höher- und höchstfester, sogenannter warmumgeformter Stahlwerkstoffe ermöglichen eine weitere Gewichtsreduzierung um bis zu zehn Prozent. Unser Aluminium-Space-Frame erlaubt Gewichtseinsparungen von bis zu 40 Prozent im Vergleich zu einer Stahlkarosserie des Wettbewerbs. Das bionische Leichtbau-Prinzip nach dem Vorbild der Natur, Material nur dort einzusetzen, wo es lastbedingt benötigt wird, kann hier fast optimal umgesetzt werden. Und die gestalterische Freiheit bei der Konstruktion sowie der Möglichkeit zu einer auf die Anforderungen abgestimmten Werkstoffauswahl führt zu einer Steigerung der Materialeffizienz.

Was werden die Merkmale neuer Leichtbau-Konzepte der Zukunft sein?

Lutz-Eike Elend: Die Beherrschung von Materialhybriden und deren Integration in Produktionsprozesse. Einen großen Schritt in diese Richtung gehen wir mit der Weiterentwicklung unseres modularen Längsbaukastens, der neue Maßstäbe für die Großserie setzen wird.

Entscheidend für den Weg in die Großserie ist aber doch, dass Fertigungstechnologien entwickelt werden, die sich durch vertretbare Kosten sowie im Grunde auch robuste Prozesse auszeichnen.

Lutz-Eike Elend: In der Tat. Und das gilt insbesondere für den Leichtbau mit Kohlefaser-Werkstoffen, …

Die in letzter Zeit als „Wunderwaffe des Leichtbaus“ gepriesen werden.

Lutz-Eike Elend: … wo wir ebenfalls einen reichen Erfahrungsschatz haben und die Leistungsfähigkeit sehr gut beurteilen können. [foto id=“349222″ size=“small“ position=“left“]

Bei Ihren aktuellen Fahrzeugen setzen Sie bereits auf das Leichtbau-Potenzial von Faserverbundwerkstoffe, etwa am Sideblade in Strukturgewebeoptik Ihres R8 Coupé.

Lutz-Eike Elend: Beim R8 Spyder haben wir den Anteil der mit Kohlenstofffasern verstärkten Bauteile sogar nochmals deutlich erhöht. Die Seitenteile und die komplexe Motorraum- und Verdeckkasten-Abdeckung beispielsweise bestehen aus diesem leichten Material.

Wird eine nur aus Kohlefaser bestehende Karosserie die Zukunft sein?

Lutz-Eike Elend: Für uns nicht. Wir sind zwar von den funktionalen Eigenschaften des Werkstoffs überzeugt, verfolgen aber einen ganzheitlich-nachhaltigen Ansatz beim Leichtbau statt vordergründig einen Werkstoff zu exponieren und zu positionieren. Zudem wird man diesen Verbundkunststoffen nicht gerecht, wenn man sich ausschließlich auf die aufwändig herzustellende Kohlefaser beschränkt.

Und welche Mission verfolgen Sie dann an dieser Stelle?

Lutz-Eike Elend: Eine ganz klare: Wir entwickeln hochautomatisierte wirtschaftliche Herstellungsprozesse für faserverstärkte Kunststoffe, ohne dass wir uns auf eine spezifische Faser festlegen. Dies wollen wir in Zukunft verstärkt mit der Voith GmbH als unserem Entwicklungspartner vorantreiben und zudem die seriennahe Entwicklung neuer innovativer Hightech-Materialien in den Mittelpunkt stellen. Unsere Kernkompetenz ist die intelligente Mischbauweise, die im Hinblick auf Ökonomie und Ökologie ein großes Zukunftspotenzial bietet. Strategisch ist es für uns darüber hinaus von entscheidender Bedeutung, eine größtmögliche Flexibilität bei den Leichtbau- und Fertigungskonzepten zu ermöglichen, um auf sich ändernde Werkstoff- und Rohstoffpreise oder Fortschritte konkurrierender Technologien reagieren zu können.

Hat die Zukunft des Leichtbaus bei Ihnen schon einen Namen?

Lutz-Eike Elend: Hat sie: Leichtbau heißt bei uns Ultra – und Ultra steht für den Audi-Weg als Speerspitze des Leichtbaus.

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