Mike Rockenfeller: Keine überheblichen Ziele

(adrivo.com) Die Konflikte zwischen Audi und Mercedes in der vergangenen Saison sind unvergessen. Glaubst du, dass die Aufregung nun im Winter schwindet?

Mike Rockenfeller: Ich glaube schon. Über den Winter kommt jeder mental runter, 2008 fangen wir bei Null an. Klar ist aber auch, dass die Rivalität zwischen Audi und Mercedes immer vorhanden sein wird. Nach meiner Einschätzung hat sich die Lage aber beruhigt.

Reglementarische Eingriffe sind also nicht mehr nötig?

Mike Rockenfeller: Es ist immer gut, genaue Richtlinien im Reglement zu haben. Aber man sollte die Vorfälle aus dem letzten Jahr nicht überbewerten – es war schließlich nicht so, dass sich die Leute in jedem Rennen von der Strecke gekegelt haben. Bei einem oder zwei Rennen wurde die Grenze überschritten, aber insgesamt will man doch harten und fairen Sport sehen.

Wie sieht deine persönliche Ruhepause aus?

Mike Rockenfeller: Es war nicht so viel zu fahren. Ich hatte viel Zeit, Sport zu treiben. Weihnachten, Silvester und Neujahr habe ich mit der Familie verbracht. Ich war nicht erkältet, so wie man es sonst im Winter gewohnt ist – ich bin zufrieden.

Unterscheidet sich dein jetziges Fitnessprogramm von dem, das während der Saison ansteht?

Mike Rockenfeller: Prinzipiell ist es das gleiche wie während der Saison – der Schwerpunkt liegt auf dem Ausdauertraining. Allerdings kann man nun im Winter intensiver trainieren; statt drei Mal in der Woche findet man vier bis fünf Mal Zeit dafür. Zurzeit bin ich häufiger im Fitnessstudio und mache etwas mehr Krafttraining als in den Sommermonaten, wo ich mein Kraftlevel nur halten möchte und beim Laufen oder Fahrradfahren die Ausdauer trainiere.

Wie wichtig war für dich die Fahrpraxis im Sportwagen?

Mike Rockenfeller: Direkt nach dem Ende der DTM-Saison bin ich mit dem R10 TDI in der ALMS ein Rennen in Laguna Seca gefahren, hatte anschließend einen Test mit dem R10 in Paul Ricard. Im Januar bin ich mit Lucas Luhr und Allan McNish in Daytona gefahren – dieses Rennen war leider nicht so erfolgreich. Dann stand Ende Januar mit dem R10 ein weiterer Test in Sebring an. Es macht schon Spaß, zumindest im Sportwagen auch im Winter fahren zu können. Es ist zwar immer schön, ein paar Wochen Abstand vom Rennfahren zu gewinnen, aber dann juckt es doch im Gasfuß – ich bin schon heiß auf die ersten DTM-Runden im neuen Jahr. Seit dem letzten Rennen im Oktober saß ich nicht mehr im DTM-Auto.

Wie wirst du in der kommenden Saison DTM- und Sportwagen-Aktivitäten für dich gewichten?

Mike Rockenfeller: Neben der DTM werde ich in der europäischen Le-Mans-Serie starten. Für mich ist beides wichtig – für mich gibt es in diesem Jahr keine unterschiedlichen Gewichtungen. Ich versuche, beide Serien so gut wie möglich zu meistern, wobei ich in der Sportwagenserie anders als in der DTM ein Auto habe, mit dem ich in der Lage sein werde, um den Gesamtsieg zu kämpfen. Das muss für Alexandre Prémat und mich das Ziel sein, auch wenn wir noch Erfahrung sammeln müssen. In der DTM hingegen kann ich nicht mit dem Ziel in die Saison einsteigen, die Meisterschaft zu gewinnen. Hier muss ich mit derselben Motivation Punkte sammeln und um Einzelerfolge kämpfen.

Inwieweit bist du zurzeit in die DTM-Saisonvorbereitungen eingebunden?

Mike Rockenfeller: An Testfahrten wird es für mich diesmal nur die beiden ITR-Tests in Mugello und Oschersleben geben. Dort werde ich zum ersten Mal den 2007er-Audi fahren. Im letzten Jahr hatte ich noch den einen oder anderen Test mehr zur Vorbereitung, weil ich schließlich noch kompletter Neueinsteiger war. Diesmal muss ich die wenige Testzeit, die ich habe, bestmöglich nutzen. Das sollte zu schaffen sein, denn der 2007er-A4 ist zwar besser, aber nicht völlig anders als sein Vorgänger. Ansonsten hält sich die Arbeit, die sich speziell in Sachen DTM aufwenden muss, anders als für die Neuwagenfahrer in Grenzen. Was nicht heißt, dass ich für einen Neuwagen nicht auch mehr Arbeit in Kauf nehmen werde…

Was hast du aus deiner ersten DTM-Saison für dich mitgenommen?

Mike Rockenfeller: Ich habe mir mit Sicherheit mehr Punkte erhofft. Andererseits konnte ich früh zeigen, dass ich in der Lage bin, Podestplätze einzufahren, wenn alles passt. Das hätte ich gerne noch öfter gezeigt. Hinzu kam, dass man als Jahreswagenpilot im vergangenen Jahr nicht immer eine optimale Strategie fahren konnte, weil man selbst gelegentlich zurücksteckt, um die Markenkollegen zu unterstützen. Insgesamt bin ich in dem Sinne zufrieden, als dass ich mich schnell eingewöhnt habe und recht schnell auf einem guten Level war. Im meinem Debütjahr habe ich auch Fehler gemacht, die mir nun nicht mehr passieren würden – so kann ich ganz anders in mein zweites Jahr gehen. Ich werde ein besseres Auto als im letzten Jahr haben.

Die Diskussionen um reglementarische Eingriffe in die Rennstrategie sind weiterhin in vollem Gange…

Mike Rockenfeller: Ich bin nach wie vor dafür, verbindliche Zeitfenster für die beiden Boxenstopps einzuführen – und hoffe, dass sich die Verantwortlichen tatsächlich zu diesem Schritt entscheiden. So können die Rennen transparenter gemacht werden.

Plädierst du auch für aerodynamische Beschneidungen?

Mike Rockenfeller: Es wird immer wieder gefordert, die Aerodynamik zu beschränken, damit mehr überholt werden kann. Ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich nötig ist. Die Autos machen Spaß, so wie sie zurzeit sind. Klar ist aber auch, dass bei den engen Kräfteverhältnissen aus 2007 das Überholen noch wesentlich schwieriger ist, als es mit der jetzigen Aerodynamik sowieso ist. Je unterschiedlicher die Performance der Autos, desto leichter wird auch das Überholen – aber gerade die engen Zeiten machen ja den Reiz aus. Deshalb sehe ich die Strategie als den einzigen Punkt im Reglement, der neu justiert werden muss, um spannendere Rennen zu schaffen.

Sollte das Gewichtsreglement in der jetzigen Form beibehalten werden?

Mike Rockenfeller: Die DTM ist reglementarisch insgesamt auf einem guten Weg, auch das Gewichtsreglement hat sich bewährt Die Änderung von 7- auf 5-Kilogramm-Schritte bei den Zusatzgewichten zur zweiten Saisonhälfte hat nicht den Ausschlag gegeben und war kein großer Nachteil für uns. Insgesamt reden wir dann von vier Kilogramm Unterschied, der für mich nicht wirklich spürbar war.

Wo siehst du bei dir persönlich noch Verbesserungspotenzial?

Mike Rockenfeller: Verbessern kann man sich vor allem mit noch mehr Erfahrung, und jeder Kilometer nach der Winterpause wird mir helfen. Ich glaube, dass viele Verbesserungen nach der langen Pause automatisch kommen, denn man hatte viel Zeit, alles zu reflektieren. Ich habe im letzten Jahr Fehler gemacht, die ich nicht mehr machen möchte, wie zum Beispiel beim Start in Brands Hatch, wo ich den Motor abgewürgt habe und schon in der ersten Kurve im Kiesbett stand. Ich versuche, in jedem Bereich noch ans Optimum zu kommen, denn einen speziellen Punkt, wo ich mich noch deutlich verbessern muss, sehe ich nicht.

Was ist nach deinem ersten Podestplatz 2007 nun das Ziel für die kommende Saison?

Mike Rockenfeller: Das wird man sehr präzise nach dem ersten oder zweiten Rennen sagen können, wenn man gesehen hat, wie gut der neue Mercedes oder wie gut der neue Audi ist. Zurzeit ist es schwer, sich einzustufen. Wenn die Kräfteverhältnisse so wie im letzten Jahr wären, hätte ich den Sieg vielleicht als Ziel. Jetzt nehme ich mir erst einmal vor, wieder aufs Podest zu kommen – vielleicht auch öfter als letztes Jahr – und am Ende in der Meisterschaft weiter vorne zu landen als auf Platz zwölf wie 2007. Andere haben jahrelang auf ihren ersten Podestplatz oder ihren ersten Sieg warten müssen. Alexandre und mir ist das erste Podium schon im ersten Jahr gelungen – aber deshalb möchte ich mir jetzt keine überheblichen Ziele stecken.

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