Nur ein Chinese auf der IAA

Das Reich der Mitte als automobiler Absatzmarkt ist der deutschen Automobilindustrie höchst willkommen. Als Anbieter spielt China auf der diesjährigen IAA (bis 25. September) in Frankfurt nur eine Statistenrolle. Wer auf der rund 33 Fußballfelder großen Mobilitäts-Show Personenwagen aus dem Land des Lächelns sucht, wird sie zufällig wohl kaum finden.

Das liegt daran, dass Chongqing Chagan Automobile (CCA) seine Produkte ein bisschen weit ab vom großen Ausstellungsbetrieb aufgestellt hat. Im Obergeschoss der Halle 6, dort, wo die Themenausstellung „125 Jahre Automobil“ ein bescheidenes Dasein fristet, sind auch die vier Autos der Marke zu sehen. Erstmals und als einziger chinesischer Aussteller repräsentiert die Firma das Land, das deutschen Automobilmanagern als Heilsversprechen ewigen Wachstums gilt.

CCA ist nicht irgendein Autohersteller aus China.

Sitz des Unternehmens ist der Verwaltungsbezirk Chongqing, wo mehr als 23 Millionen Einwohner auf einer Fläche fast so groß wie Österreich leben. Seit 1988 ist der Staatsbetrieb verschiedene Joint-Ventures eingegangen, darunter mit Suzuki und Ford, zuletzt auch mit dem französischen PSA-Konzern. Von den 4,6 Millionen Automobilen, die chinesische Marken 2010 für ihren Heimatmarkt produzierten, gingen rund zwei Millionen auf das Konto von Changan.

Von grundsätzlicher Geringschätzung des bevölkerungsreichsten Landes und seiner Branchenrepräsentanten zur IAA kann man sicherlich nicht sprechen, zumal der Präsident des chinesischen Automobilverbandes auf dem VW-Konzernabend zu Gast war. Der Terminkalender der IAA weist außerdem für den 20. September einen „China-Day“ aus. Dort soll es laut Mitteilung des Verbandes des Automobilindustrie (VDA) „Marktberichte und Diskussionen aus erster Hand geben.“

Die gab es, mit einigen Hindernissen, auch anlässlich der Pressekonferenz auf dem zurückhaltend beleuchteten Messestand von CCA. Laut Zhu Huarong, Vizepräsident von Chagan Automotive, ist das Unternehmen nach Frankfurt gekommen, um „die wissenschaftlichen und technologischen Leistungen chinesischer Automarken der Welt zu präsentieren“ und sich als „wichtiges Mitglied der globalen Innovationskraft der Autoindustrie“ darzustellen. Wo dieser Anspruch und die Messe-Wirklichkeit auseinander klaffen, zeigte sich nicht nur in der bruchstückhaften Simultan-Übersetzung seines Statements, sondern auch in technischen Informationen zu den ausgestellten Fahrzeugen, die jedes Klischee holpriger fernöstlicher Bedienungsanleitungen erfüllten.

Zumindest optisch sind die Produkte aus der Changan-Fertigung auf der Höhe der Zeit. Die 4,60 Meter lange Mittelklasselimousine Eado sieht elegant aus und vermittelt einen soliden Eindruck. Sie verfügt über einen 1,6-Liter-Vierzylinder-Motor und ein Start-Stopp-System. Geschaltet werden muss jedoch mit einem manuellen Fünfganggetriebe. Dem nur 4,04 Meter langen „Changan SUV“ fehlt es ebenso wenig an stilistischer Klarheit, jedoch wohnen dem Vielzweckmobil wohl noch einige Geheimnisse inne: Den Blick ins Innere verwehren komplett abgedunkelte Scheiben. Der Versuch eines französischen Journalisten, die Fahrertür zu öffnen, endete mit der unfreiwilligen Entfernung des Griffes. Da tröstet es nur wenig, wenn der Hersteller für das Auto fünf Sterne im Euro-NCAP-Crashtest verspricht.

Ganz und gar nicht verstecken muss sich die mehr als fünf Meter lange, coupéhafte Limousinen-Studie Sense. Mit ihrem geduckten Aufbau, großen turbinenartigen Rädern und Kameraaugen an filigranen Stegen, die gewöhnliche Außenspiegel überflüssig machen, könnte sie aus jedem italienischen oder kalifornischen Desginstudio entstammen. Unter der Rubrik „Leistungsdaten“ finden sich im offiziellen Messefaltblatt jedoch nur Länge, Breite und Höhe der schicken Karosse. Auch hier sind aber Blicke ins Interieur offenkundig unerwünscht, denn Türgriffe hat man vorsichtshalber weggelassen.

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