Oberlandesgericht: Entscheid zum Kauf von im Ausland zugelassenen Fahrzeugen

Kauft ein Kraftfahrzeughändler ein gebrauchtes, in Belgien zugelassenes Kraftfahrzeug und ist der Verkäufer nicht Eigentümer des Fahrzeugs, dann kann der Käufer in der Regel nicht gutgläubig Eigentum an dem Fahrzeug erwerben, wenn er es unterlässt, sich eine Original-Ankaufsrechnung des Verkäufers vorlegen zu lassen und er auch keine anderen Erkenntnisse über das Eigentum des Verkäufers hat. Das hat das Oberlandesgericht Koblenz entschieden (Az.: 6 U 473/10).

Der Streitfall

Die Klägerin des zugrunde liegenden Falls ist eine in Belgien ansässige Leasingbank. Diese erwarb 2008 zwei Mercedes-Benz C 220 CDI Elegance und überließ sie einer belgischen Firma (hier: Firma D.) auf Grundlage der Leasingverträge. Eigentümer der Fahrzeuge blieb die Leasingbank. Später kündigte die Klägerin (hier: Leasingbank) die Leasingverträge wegen Zahlungsrückständen und erwirkte ein Urteil auf Herausgabe der Fahrzeuge. Doch die belgische Firma D. veräußerte bereits die Fahrzeuge an eine Autohändlerin in Deutschland. Lediglich die Fahrzeugpapiere und die Fahrzeugschlüssel wurden an die neue „Eigentümerin” übergeben. Die Polizei beschlagnahmte später die Fahrzeuge und nahm sie in Verwahrung.

LG Koblenz wies Klage in erster Instanz ab

Die Parteien stritten sich vor dem Landgericht (LG) Koblenz, ob die deutsche Autohändlerin von der belgischen Firma D., die unstreitig nicht Eigentümerin der Fahrzeuge war, gutgläubig Eigentum erworben hat. Das LG wies die Klage ab, doch die Berufung der Klägerin vor dem Oberlandesgericht (OLG) hatte überwiegend Erfolg. Das OLG verurteilte die deutsche Autohändlerin zur Herausgabe der Fahrzeuge Zug um Zug gegen Erstattung der während ihrer Besitzzeit entstandenen Kosten. Ferner stellte das OLG fest, dass die Beklagte nicht Eigentümerin der beiden Fahrzeuge geworden ist. Denn die Bank hat ihre ursprüngliche Stellung als Eigentümerin infolge der Veräußerung der Fahrzeuge durch den belgischen Leasingnehmer nicht verloren.[foto id=“337266″ size=“small“ position=“right“]

OLG hat deutsches Recht angewendet

Das OLG Koblenz hat deutsches Recht auf den Anspruch der Klägerin und die Eigentumsverhältnisse angewandt und einen Herausgabeanspruch aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung bejaht, siehe Paragraph 812 BGB. Die Klägerin habe ihre ursprüngliche Stellung als Eigentümerin nicht infolge der Veräußerung der beiden Fahrzeuge von der Leasingnehmerin (hier: Firma D.) an die Beklagte verloren. Da die Firma D. nicht zur Veräußerung der Fahrzeuge berechtigt gewesen sei, könne die deutsche Autohändlerin das Eigentum nur erlangt haben, wenn sie bei der Übergabe in gutem Glauben gewesen wäre (Paragraph 932 BGB). Dies sei nicht der Fall, weil die Beklagte es in grob fahrlässiger Weise unterlassen habe, sich Kenntnis über das Eigentum an den von ihr gekauften Fahrzeugen zu verschaffen.

 

Weiter auf Seite2: Mindestvoraussetzung des gutgläubigen Erwerbs; Urteil

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Mindestvoraussetzung des gutgläubigen Erwerbs

Zu den Mindestvoraussetzungen des gutgläubigen Erwerbs eines gebrauchten in Deutschland zugelassenen Kraftfahrzeugs gehöre, dass sich der Käufer die Zulassungsbescheinigung Teil II vorlegen lasse, um die Berechtigung des Veräußerers überprüfen zu können. Beim Erwerb eines im Ausland angemeldeten Wagens dürfe der Käufer keinesfalls weniger Vorsicht walten lassen, als wenn er ein in Deutschland zugelassenes Fahrzeug erwerbe. Im Gegenteil seien beim Kauf eines Auslandsfahrzeugs im Inland im Hinblick auf mögliche Besonderheiten ausländischer Kfz-Papiere gesteigerte Anforderungen zu stellen.[foto id=“337373″ size=“small“ position=“right“]

Notfalls müsse der Käufer die Hilfe eines sprachkundigen Fachmanns in Anspruch zu nehmen, um die Eigentumslage zu klären. Dies habe die Beklagte jedoch unterlassen. Hätte vorsichtig gehandelt und sich informiert, dann wüsste sie, dass für in Belgien zugelassene Kraftfahrzeuge ein der Zulassungsbescheinigung Teil II vergleichbares Papier nicht ausgestellt wird und der belgische Kennzeichennachweis („Kentekenbewijs”), welcher von der Firma D. anlässlich der Veräußerung der Kraftfahrzeuge der Beklagten vorgelegt worden war, zum Nachweis ihrer Verfügungsberechtigung nicht geeignet sei.

In Belgien Vorlage der Rechnung

In Belgien wird der Nachweis des Eigentums an einem Gebrauchtwagen üblicherweise durch die Vorlage der Rechnung geführt, die dem späteren Verkäufer (hier: Firma D.) beim Erwerb des Fahrzeugs ausgestellt wird. Damit bestehe eine Möglichkeit, das Eigentum an Fahrzeugen mit belgischer Zulassung in ähnlich zuverlässiger Weise zu belegen wie durch eine deutsche Zulassungsbescheinigung Teil II. Die Vorlage eines solchen Beleges sei daher beim Erwerb eines Fahrzeugs auch nach deutschem Recht als Mindestvoraussetzung des guten Glaubens zu verlangen, wenn andere Mittel zur Klärung der Eigentumslage nicht zur Verfügung stünden. Entsprechende Rechnungen über den vorangegangenen Erwerb der Fahrzeuge hatte die Firma D. der Beklagten jedoch nicht vorgelegt.

Zu weitergehenden Nachforschungen habe insbesondere auch deshalb Anlass bestanden, weil in dem von der Firma D. beim Verkauf vorgelegten „Kentekenbewijs” nicht diese, sondern die Klägerin (hier: Leasingbank) als Halterin ausgewiesen gewesen sei.

Beklagte muss Zustimmung zur Herausgabe der verwahrten Fahrzeuge erteilen

Die Beklagte, die nicht Eigentümerin der Fahrzeuge geworden ist, hat deshalb die Zustimmung zur Herausgabe der von der Polizei verwahrten Fahrzeuge zu erteilen und die Fahrzeugschlüssel und Fahrzeugpapiere herauszugeben, aber nur gegen gleichzeitige Erstattung der so genannten notwendigen Verwendungen. Hierunter fallen alle erforderlichen Reparatur- und Wartungsarbeiten, die die Beklagte erbracht hat, um die Verkehrssicherheit der Fahrzeuge zu erhalten und die der Werterhaltung dienen.

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Markus Müller

Januar 6, 2011 um 11:17 am Uhr

Für mich ist auch unverständlich wie eine Firma auf die Idee kommen kann geleaste Autos zu verkaufen…..

Gast auto.de

Januar 4, 2011 um 12:34 pm Uhr

Absolut korrekte Entscheidung des OLG! Aber ist es nicht auch selbstverständlich, gerade beim Kauf von Fahrzeugen im Ausland, die Papiere des Verkäufers gründlichst zu prüfen. Wäre interessant zu erfahren, wieviel Entschädigung die deutsche Autohändlerin zu geschrieben bekommen hat.

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