Omnibus: Sicherheit ist relativ

Erst kürzlich haben sich folgenschwere Omnibusunfälle ereignet. Und jetzt wird der Fernlinienverkehr in Deutschland mit Omnibussen liberalisiert. Ab 2013 gehen weitere Städte-Verbindungen an den Start. Da stellt sich die Frage nach der Sicherheit der Omnibusse? Zum Symposium „Sicherheit in Omnibussen“ hatte deshalb das Deutsche Institut für Qualitätssicherung geladen.

Die Eingangsstatements klangen so einfach wie berechenbar: „Der Omnibus ist das sicherste Verkehrsmittel“. Der Vertreter des Bundesverbands der deutschen Omnibusunternehmer, der die vielen privaten Busbetriebe vertritt, zitierte wohlmeinende Statistiken, die dem Bus in puncto Sicherheit an die Spitze aller Verkehrsmittel stellt. Thema waren die hohen Investitionen für neue Fahrzeuge, die oft länger laufen müssen, als es der Sicherheit zuträglich ist. Omnibusse werden über acht Jahre abgeschrieben und durchschnittlich zehn Jahre genutzt. Dass heute noch Fahrzeuge ohne Sicherheitsgurte – seit 1999 Pflicht – zum Einsatz kommen, ist keine Seltenheit. Diese Seelenverkäufer finden dann im Schulbusverkehr ihre „Resteverwertung“. Oft ist das ein Resultat der unzureichenden regionalen Förderung. Die Sicherheit der Kinder reduziert sich damit, trotz aller Lippenbekenntnisse.

Die Polizei als Kontrollbehörde[foto id=“438281″ size=“small“ position=“right“] legte hier noch eins drauf: Der Berliner Polizeibeamte und Nutzfahrzeugexperte Burkhard Köhler vermittelte einen Einblick in die alltägliche Untersuchungspraxis auf Deutschlands Straßen und Autobahnen. Technisch mangelhafte Omnibusse seien gar nicht so selten, berichtete Köhler. Ausgeschlagene Lenkungsteile, verschlissene Bremskomponenten, defekte Luftfederungen und Mängel an Fahrwerken blieben dem nichtversierten Polizisten aber oft verborgen. Nur ausgesprochene Spezialisten wüssten genau, wo sie hinsehen müssten. Gerade bei älteren Fahrzeugen seien Öl-Leckagen am Antrieb eklatant und keineswegs zu vernachlässigen. Öl, das über Auspuffteile tropft, oder korrodierte Abschirmbleche seien sehr gefährlich. Der Polizeibeamte rügte die Sorglosigkeit, mit der deutsche Unternehmer ihre Busse auf die Straße bringen.

Licht ins Dunkel der Unfallstatistiken brachte der Unfallforscher Alexander Berg (Dekra). Weil die Anzahl der betriebenen rund 76 000 Omnibusse weit hinter denen der zugelassenen Pkw und Lkw zurückbleibt, spielen die Opfer von Omnibusunfällen in der Gesamtstatistik eine untergeordnete Rolle. Sein Credo ist die Anschnallpflicht in Omnibussen: Wenn jeder Fahrgast angeschnallt mitführe, hielten sich die Unfallfolgen in Grenzen. Auch die Fahrzeughersteller kamen zu Wort – sie sprachen von der Aufbaufestigkeit und der Schwachstelle „Fahrerbereich“. Ein besonderes Augenmerk galt den elektronischen Assistenzsystemen. Aber noch immer wird die geringe Ausstattungsquote mit Abstandstempomaten oder Spurassistenten moniert ? viele Busunternehmer scheuen noch immer den Aufpreis, den sie lieber in Komfortfeatures investieren.

Mit Evobus/Daimler und seinen Marken Mercedes-Benz und Setra hat nur ein einziger europäischer Hersteller heute einen Notbremsassistenten im Programm. Der könnte so manche Kollision vermeiden oder deren Folgen mindern – 2015 wird er per EU-Dekret ohnehin verpflichtend. Es gibt reichlich Handlungsbedarf zum Thema Omnibussicherheit, wie auch Peter König von der Fachhochschule Trier bestätigte. So sei der Gesetzgeber gefordert, was die Überarbeitung veralteter Vorschriften angeht. Und angesichts eklatanter Fahrzeugmängel wäre die Forderung nach einer sofortigen Nachrüstung von Brandmeldern durchaus gerechtfertigt. Auch die Politik ist gefordert, und zwar mit neuen Anreizen und Vorschriften für Omnibusunternehmen und die Busindustrie. Dann könnte der aktuelle Sicherheitsstandard mittelfristig deutlich gehoben werden, damit der Omnibus endlich das wird, was er sein könnte: das sicherste und effizienteste Personenverkehrsmittel.

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