Land Rover

Panorama: Land Rover Discovery als Amphibien-Auto – Der Sea-Rover

Auf Wegen wie diesen fährt Robert Mumford besonders gern. Denn über ein Sackgassenschild am Ufer eines Sees kann der Brite nur lachen. Wo alle anderen Autofahrer mühsam rangieren und wenden müssen, weil für sie die Fahrt hier endgültig vorbei ist, gibt er noch einmal richtig Gas. Schließlich fährt Mumford nicht irgendein Auto, sondern einen Land Rover. Und zwar keinen von der Stange. Er sitzt am Steuer des wohl einzigen Discovery, der sogar übers Wasser fahren kann. Deshalb rollt Mumford unvermindert auf die Uferböschung zu und wird nur etwas langsamer, bevor es platsch macht und sein Discovery zur vielleicht schrägsten Motoryacht der Welt wird.

Dass der Wagen nicht absäuft und zum U-Boot mit Rädern wird, verdankt er einem gigantischen Schwimmreif, den die Briten mit einem Korsett aus Profilrohren und riesigen Luftkissen um das Auto geschneidert haben. Dazu gibt es eine mit der am Motor angeflanschten Hydraulik angetriebene Schiffsschraube am Heck und eine Karosserie, die rundherum mit Glasfaserpaste abgedichtet wurde. Weil deshalb die Türen nicht mehr zu öffnen sind, haben die Mechaniker in der Prototypen-Werkstatt das Dach des Discovery herausgeschnitten und eine Leiter an die Flanken geschweißt, so dass man jetzt eben von oben auf die Sitze klettert. Dann noch schnell ein paar Positionsleuchten angebracht, einen Anker in den Kofferraum gelegt und die Notfallausrüstung eingepackt – schon wird aus dem Land Rover ein Sea Rover.

Dieser Umbau ist jetzt allerdings schon mehr als 20 Jahre her. Denn der weiße Riese mit der gewaltigen Bauchbinde wurde bereits zur Premiere des Discovery im Jahr 1989 zu Wasser gelassen. „Wir wollten die neue Baureihe als ideales Fahrzeug für Yachthäfen und Bootsbesitzer positionieren“, berichtet Roger Crathorne, der als wandelndes Archiv des Geländewagenherstellers gilt. Natürlich hätte man dafür auch einfach ein paar Autos auf eine Roadshow entlang der Küsten schicken können. „Doch wo kann man diese Zielgruppe besser erreichen als auf dem Wasser“, fragt der Archivar. Deshalb haben die Briten eines der ersten Serienautos aus der Produktion [foto id=“412125″ size=“small“ position=“right“]genommen und von ihrem sogenannten Special Vehicles Operations-Team zum Schwimmwagen umbauen lassen. „Viel mehr als acht Wochen hatten wir damals nicht „, erinnert sich Crathorne an den extrem knappen Zeitplan. Deshalb war es ganz hilfreich, dass die Spezialisten mit Amphibienfahrzeugen schon ein wenig Erfahrung hatten. „Denn zehn Jahre vorher hatten wir schon einmal ein Dutzend Defender für die britische Army umgebaut“, sagt Crathorne. „Den hatten sich die Ingenieure damals zum Vorbild genommen und so auch den Discovery rechtzeitig fertig bekommen.“

Für den Stapellauf ihres Schwimmwagens hatte sich Land Rover kein geringeres Ereignis ausgesucht als die Cowes Week. Diese Regatta zwischen der Isle of Wight und der englischen Südküste gilt den Seglern so viel wie Ascot den Reitern oder Wimbledon den Tennisspielern. Eine Woche lang schipperte der Discovery mitten zwischen den Yachten über den Solent und erlangte damit jede Menge Publicity.

Von der Nordsee aus ging das Amphibien-Auto auf eine kleine Europatournee, erinnert sich Crathorne. „Der Wagen kreuzte durch die Grachten von Amsterdam und kurvte durch die Kanäle von Venedig. Sogar den Rhein sind wir damit hinaufgefahren.“ Dann allerdings verlor sich die Spur und der Wagen mit dem Kennzeichen G459-WAC galt lange Jahre als verschollen.

Dass er mit seinem Land Rover jetzt trotzdem wieder über die Seen schippert, verdankt Mumford einem glücklichen Zufall. In diesem Frühjahr feiern die Briten den einmillionsten Discovery. Zu diesem Produktionsjubiläum intensivierten sie die Suche nach dem Exoten. Und ausgerechnet am Nürburgring – meilenweit entfernt von jedem größeren Gewässer – wurden sie fündig, berichtet Crathorne. Dort stand der Discovery seit mehr als zehn Jahren in einem kleinen Museum und hatte in dieser Zeit ziemlich gelitten, erzählt der Werkshistoriker: „In die Schwimmer hatten die Ratten zum Beispiel faustgroße Löcher gefressen, und der Lack war auch nicht mehr taufrisch.“ Doch die Technik war noch bestens in Schuss: „Wir mussten nur eine neue Batterie einbauen und das Öl wechseln, schon lief der 2,5 Liter Diesel wie am ersten Tag“, sagt Crathorne [foto id=“412126″ size=“small“ position=“left“]zufrieden. Das war auch sein Glück, denn für viel mehr als eine gründliche Durchsicht hätte die Zeit auch kaum gereicht. Erst kurz vor Weihnachten war der Wagen wieder in England und pünktlich zum Genfer Salon vor ein paar Wochen sollte der Lake Rover in der Schweiz zum zweiten Mal in seiner Karriere vom Stapel laufen.

Seitdem sitzt Mumford wieder am Steuer und kreuzt so stolz über die Seen wie der Kapitän des Traumschiffs über die Weltmeere. Klar, ganz so majestätisch wie die MS Deutschland oder die Queen Elizabeth II ist sein weißer Kreuzer nicht. Und weil der 115 PS starker Vierzylinder auf dem Wasser kaum mehr als sechs Knoten schafft, würde er die Ozeandampfer schnell aus den Augen verlieren. Doch dafür ist für ihn die Reise im Hafen nicht zu Ende. Sondern genau, wie er anderen Autos am Seeufer ganz unbekümmert in Richtung Wasser davon fährt, so lässt er bei seiner Rückkehr im Hafen auch die Schiffe hinter sich und rollt mit eigener Kraft an Land.

Kein Wunder also, dass sich Mumford in seiner Rolle als Skipper gefällt und am liebsten den ganzen Tag auf dem Wasser bleiben würde. Dass sein Oldtimer das durchsteht, daran hat Mumford keine Zweifel. Auch wenn nach ein paar Stunden doch irgendwo ein wenig Wasser hereindrückt und er am Ende das Tages in einer kleinen Pfütze steht, nimmt er dies mit britischem Humor und stoischer Gelassenheit: „Wenn’s hart auf hart kommt, habe ich ja nicht umsonst eine Schwimmweste dabei.“

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