Porsche

Panorama: Porsche Driving Experience – Holiday on Ice

Eis ist gemeinhin nicht die bevorzugte Unterlage des Autofahrers. Wer kommt schon gerne ins Rutschen? Aber man nehme einen zugefrorenen See 300 Kilometer nördlich des Polarkreises, anspruchsvolle Rundkurse, die vom Büro des Formel-Eins-Architekten Hermann Tilke ausgeheckt wurden und eine Reihe von leistungshungrigen Porsche-Modellen, und Eis wandelt sich vom Feind zum Freund.

Dazu noch eine Handvoll geduldiger Instruktoren und natürlich Reifen, die mit vier oder fünf Millimeter langen Spikes die erforderliche Eispanzerung mitbringen (wobei ein kleiner Millimeter einen erstaunlich großen Unterschied machen kann). Wie jeder Hersteller bietet man zwar auch in Zuffenhausen ein ganz normales Wintertraining für Kunden an. Aber es gehört zum eigenen Anspruch des Sportwagenbauers nach der Pflicht zur Kür zu bitten: mit speziellen Trainingscamps, bei denen man nicht nur gezielt ins Rutschen kommen soll, sondern für angehende Eismeister der gekonnte Drift auf dem Lehrplan steht.

[foto id=“452047″ size=“small“ position=“right“]Ehe man seinen inneren Walter Röhrl zum Leben erweckt hat, dreht man auf dem Eiskurs gerne Pirouetten wie einst Kati Witt. Instruktoren wie Jan Kalmar und Andre Duve kennen diesen Überschuss an Selbstbewusstsein bei ihren Zöglingen. Der Weg zur idealen, weil zeitsparenden Kurvenfahrt erfordert nicht nur viel Training, sondern die geglückte Vermählung von technischer Einsicht und viel Gefühl – das, was Rennfahrer den Popometer nennen. Deswegen gibt es zur Einführung auch eine Erinnerung an zwei Phänomene, die für die Fahrphysik bestimmend sind: Untersteuern, also das, was passiert, wenn beim Bremsen die Vorderräder Haftung verlieren, und Übersteuern, wenn die hinteren Räder ihren Grip einbüßen. Wie fängt man ein Fahrzeug ein, das auszubrechen droht? Wann bleibt man auf der Bremse, wann auf dem Gaspedal? Wie wirkt sich der Allradantrieb, wie der Heckantrieb aus? Wie die Position des Motors? Man sollte auch an die Lastverteilung beim Bremsen und Gas geben denken. Und überhaupt: Was tun, wenn sich trotz allem Kurbeln am Lenkrad die Schneewehen am Pistenrand drohend aufbauen?

[foto id=“452048″ size=“small“ position=“right“]Das sind die Lerneinheiten, welche Kunden der beiden anspruchsvollsten Winter-Workshops absolvieren müssen. Viele buchen diesen arktischen Vergnügungspark immer wieder. Die Porsche-Fans kommen aus den USA, aus Russland und zunehmend auch aus China. Sie sind bereit, auch für das Vergnügen, von einem wackeren Cayenne nach einem missglückten Manöver immer wieder aus einem Schneeberg gezogen zu werden, gut 5.600 Euro zu bezahlen. Camp 4S und die Meisterklasse Ice-Force finden auf dem präparierten Pasasjärvi- See nördlich von Ivalo statt. In der landschaftlichen Schönheit und Einsamkeit Nordlapplands (Murmansk liegt gerade einmal 305 Kilometer östlich) schluckt die wattige Stille das Röhren hochdrehender Motoren. Wer sich hier den letzten Schliff dieser motorisierten Polarforschung aneignen möchte, muss den Grundkurs, der im weiter südlich gelegenen Rovaniemi stattfindet, bestanden haben.

Für Porsche ist dieser heiße Tanz auf dem Eis natürlich eine willkommene Gelegenheit, um zu zeigen, was die Sportwagen auch jenseits trockenen Asphalts drauf haben. Im Gepäck aus Zuffenhausen dabei: der 911 Turbo, der Carrera 4S, der Boxster S und der Panamera GTS. Nachdem sich die Ingenieure zuhause alle Mühe gegeben hatten, das Porsche Stability Management (PSM) zu entwickeln, schaltet man auf Befehl der Instruktoren genau dieses hochkomplexe Sensorensystem aus – keine rettenden Einflüsterungen von der Elektronik. Allenfalls das ABS gibt noch Lebenszeichen von sich. So kommt für die Ice Age-Schüler die ungezügelte Eigendynamik des Fahrzeugs voll zur Geltung. Das bedeutet natürlich auch, dass der gefühlte Grenzbereich genau dann beginnt, wenn der Porsche vor den Schikanen richtig Fahrt aufnimmt.

[foto id=“452049″ size=“small“ position=“left“]Der Drift ist ein Stück Fahrkunst aus der Rennhistorie, als der Untergrund oft noch locker war. Im Idealfall schiebt man quasi das Auto in die Kurve hinein, wischt hindurch und steht mit der Nase nach dem Kurvenausgang direkt zur nächsten Geraden. Es kostet weniger Zeit, als umständlich um den Knick herumzufahren. So weit so gut. Man muss dann nur noch am richtigen Punkt einlenken, anbremsen und gefühlvoll mit Gas und Bremse abwechselnd das Auto auf Kurs halten und heraus beschleunigen.

Was man nicht tut, so das Instruktorenduo streng, ist aus der Kurve heraus zu driften. Dabei sollte man zusätzlich bedenken, wohin das meiste Gewicht des Fahrzeugs gerade verlagert wird. Um den Anforderungskatalog noch sportlicher zu machen, darf man ebenfalls nicht übersehen, dass ein Allrad sich in dieser extremen Situation anders verhält als ein heckbetriebener Porsche. Wie gut, dass Cayennes im Dauerabschleppdienst stets zur Stelle waren. Dass man diese neu erworbenen Fertigkeiten übrigens nicht zuhause auf der vereisten Landstraße ausprobiert, versteht sich wohl von selbst.

Um es vorweg zu nehmen: Im immer noch unterschätzten Boxster S erlebt man – mit etwas beherzter Einübung – Driften in Reinkultur. Der vergleichsweise leichte Mittelmotor-Sportwagen giert trotz Spikes danach, kontrolliert auszubrechen und durch enge Kurven quer hindurch zu segeln. An der richtigen Stelle kurz bremsen, den Gasfluss erhöhen, das tänzelnde Heck einfangen und schon rast man auf die nächste Rechts-Links-Kombination zu. So sieht der Alltag eines Winterrallyefahrers aus. Ein Tipp des Lehrers: Wenn man dann auch noch vor dem Einlenken in die Kurve einen kurzen Gegenschwung – anpendeln – wie beim Skilaufen ansetzt, kommt die Dynamik wie von selbst.

[foto id=“452050″ size=“small“ position=“left“]Schwieriger wird die Kurvenkunst auf dieser eisigen Nordschleife bei einem Allrad-Porsche, wenn auch die Kraftübertragung bei diesen Modellen hecklastiger ausgelegt ist. Wo der Boxster beim Bremsen bereitwillig zu gleiten beginnt, verhalten sich die Turbo- und 4S-Modelle träger. Erst wenn sich der Instruktorenbefehl „Gas, Gas, Gas!“ über Bordfunk eingeprägt hat, verlässt man die Komfortzone und beschleunigt mitten in der Kurve. Dann halten Turbo und Carrera 4S auch die ideale Driftlinie, weil die Traktion da ist. Man kann bei diesen Eiskapaden auch eine weitere Erfahrung machen, die zunächst kontraintuitiv scheint. Hektisches Weglenken von einem Hindernis wie einer Schneewehe führt dazu, dass man unweigerlich in sie hineinfährt. Überwindet man sich und lenkt in das Hindernis hinein, bringt man das Fahrzeug wieder auf die Spur. Zauberei? Nein, die Räder stehen einfach wieder richtig. Selbst der Panamera mit seinen vorne verbauten acht Zylindern und zwei Tonnen Gewicht reagiert dann auf wohldosierte Befehle mit einem majestätischen Hang zum Drift. Denn auch in diesem großen Viertürer kann man den Paarlauf von Mensch und Maschine erleben.

Fast könnte man nach zwei Tagen meinen, schon ein richtiger Eismeister zu sein. Aber ein paar Runden im Eistaxi mit Jan und Andre, die hauptberuflich Rennfahrer sind, und man erkennt, wie virtuos das Spiel mit gefrorenem Wasser tatsächlich noch sein kann.

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